Vorhang auf zur Generalprobe: Während es bei der Formel 1 Down Under bereits ans Eingemachte geht, steht für die Cracks der MotoGP in Losail (Katar) ab Samstag der dritte und letzte Test vor dem offiziellen Saisonstart 2015 (26. - 29. März) auf dem Programm. Besonders brisant: Auch der Saisonauftakt wird auf dem Losail International Circuit abgehalten. Die drei Testtage gewinnen somit noch deutlich an Wichtigkeit.

Wie auch bei den beiden bisherigen viertägigen Probeläufen in Sepang wird der vierte Tag einzig und alleine zur Evaluation der neuen Michelin-Reifen aufgewandt, die ab der Saison 2016 in der MotoGP zum Einsatz kommen werden. Anders als bei Sepang II dürfen anstelle der Stammpiloten jedoch wie auch beim ersten Test des Jahres nur Testpiloten die schwarzen Walzen für die kommende Saison testen. Wie auch der Saisonauftakt werden die Tests unter Flutlicht bei Dunkelheit abgehalten, um die Gegebenheiten bestmöglich zu simulieren.

Marc Marquez jagt einsam durch die Nacht von Katar, Foto: Repsol Honda
Marc Marquez jagt einsam durch die Nacht von Katar, Foto: Repsol Honda

Die jeweils siebenstündigen Sessions starten stets um 14 Uhr Deutscher Zeit (16 Uhr Ortszeit). Somit haben die Piloten die Chance, sowohl bei wärmeren Temperaturen am Tag als auch in der kühleren Dunkelheit an Setups und Einstellungen zu feilen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Verfolgern von Klassenprimus Honda. Können Yamaha, Ducati und Co. die Lücke schließen?

Yamaha gefordert - Feinschliff für Honda

Vor allem für Yamaha sind die letzten drei Testtage vor Saisonbeginn essentiell. Nach Bekanntgabe, das neue komplett stufenlose Getriebe 2015 vollständig nutzen zu wollen, steht den Honda-Jägern Nummer 1 einiges an Optimierungsarbeit bevor. Um das volle Potential des Getriebes nutzen zu können, müssen auch hinsichtlich des Chassis und der Elektronik noch Modifizierungen vorgenommen werden. Jorge Lorenzo und Valentino Rossi haben alle Hände voll zu tun, wollen sie dem Weltmeisterpaket Marc Marquez und Honda RC213V 2015 von Beginn an die Stirn bieten.

Während bei Yamaha noch ernsthafte Testarbeiten anstehen, befindet sich Klassenprimus Repsol Honda bereits in der Feinschliff-Phase. Schon beim ersten Test in Sepang demonstrierte das Weltmeister-Team erstaunliche (oder auch weniger erstaunliche) Frühform, die vor allem Marquez bei Sepang II noch zementierte. Ob auf eine Runde oder im Longrun - die Wundermaschine des Weltmeisters ist bereits jetzt bestens für Renneinsätze gewappnet. Für Marquez und Dani Pedrosa wird es in Losail nur darum gehen, ihre Bikes und Setups für den Saisonauftakt auf die Spezifika der Rennstrecke einzustimmen.

Die Testfahrten finden in Vorbereitung auf den Grand Prix ebenfalls zeitweise unter Flutlicht statt, Foto: Honda
Die Testfahrten finden in Vorbereitung auf den Grand Prix ebenfalls zeitweise unter Flutlicht statt, Foto: Honda

Ducati sucht Rennsetup, weitere Updates für Suzuki

Wie auch Honda ist Ducati hinsichtlich der Entwicklung der Desmosedici GP15 für den Saisonstart bereits im Bereich der letzten Adaptionen angelangt. Das Debüt der neuen 'Wunderwaffe' bei Sepang II verlief durch die Bank hinweg positiv. Untersteuern - jahrelang das hartnäckige und größte Problem Ducatis - scheint durch die exzellente Arbeit der Crew um Mastermind Gigi Dall'Igna endgültig ausgemerzt. Zur Hauptwaffe Speed und Beschleunigung kommt für Andrea Iannone und Andrea Dovizioso somit ebenfalls stark verbessertes Fahrverhalten in den Kurven hinzu. Beide sind noch auf der Suche nach dem perfekten Rennsetup.

Suzuki - zweifelsohne die positive Überraschung des Winters- will durch weitere Updates beim Testfinale die Lücke auf die Spitze weiter schließen. Der japanische MotoGP-Rückkehrer legte über den Winter ein halsbrecherisches Entwicklungs-Tempo vor. Bereits bei Sepang I gelangen Aleix Espargaro und Maverick Vinales auf der GSX-RR so wahre Quantensprünge. Durch ständig verbesserte Motorleistung, Adaptionen am Chassis, Verfeinerung der Elektronik und Verbesserung der Fahrbarkeit des Reihen-Vierzylinders ist Suzuki bereits auf einem guten Weg, zu den stärksten Satelliten-Maschinen aufzuschließen.

Super-Rookie Maverick Vinales will mitsamt seiner GSX-RR weitere große Schritte nach vorne machen, Foto: Suzuki
Super-Rookie Maverick Vinales will mitsamt seiner GSX-RR weitere große Schritte nach vorne machen, Foto: Suzuki

Aprilia: Hoffen auf ein Wunder

Das Aprilia Racing Team Gresini liegt momentan im Kampf der Werks-Teams gnadenlos zurück, hofft durch eine Flut an neuen Teilen und Setup-Modifikationen jedoch, die klaffende Lücke zur Spitze zumindest auf ein erträgliches Maß schließen zu können. Obwohl das Projekt erst auf ernsthafte Angriffe in der Saison 2016 ausgerichtet ist, muss Aprilia weitere Demütigungen wie in Sepang tunlichst vermeiden, um nicht Ansehen und Moral zu gefährden. Während Marco Melandri bereits Zeichen der Resignation aussendete, gibt sich Alvaro Bautista zumindest noch kämpferisch.

Satelliten-Fraktion: Wettstreit im Feld der Verfolger

Nach seinem Wechsel zu LCR Honda scheint Cal Crutchlow an seine Bestform früherer Tage anknüpfen zu können. Für den Engländer wird es darum gehen, seinen Fahrstil weiter an die Honda-Rennmaschine anzupassen. Nachdem massive Bremsprobleme in der Hitze Sepangs Crutchlow der Möglichkeit einer Rennsimulation beraubten, will er in Katar verstärkt an Longrun-Setups arbeiten. Teamkollege Jack Miller wird nach seinem Aufstieg aus der Moto3 weiter an seiner Adaption an die MotoGP-Open-Maschine feilen.

Cal Crutchlow ist eine der positiven Überraschungen der bisherigen Testsaison, Foto: Milagro
Cal Crutchlow ist eine der positiven Überraschungen der bisherigen Testsaison, Foto: Milagro

Auch Das Tech-3-Duo Pol Espargaro und Bradley Smith hat vor dem Saisonstart eine lange To-Do-Liste abzuarbeiten. Vor allem Espargaro klagte in Sepang über reihenweise Probleme, die zu einigen Stürzen beitrugen. Smith hat nach der Rückkehr von einer hartnäckigen Knöchelverletzung noch in vielen Bereichen Aufholbedarf, wird die Tage in Katar somit intensiv nutzen wollen. Scott Redding und seinem Marc-VDS-Rennstall stehen ebenfalls arbeitsreiche Testfahrten in Losail bevor.

Pramac Ducati ist nach dem überraschend starken Abschneiden in Sepang bereits auf einem guten Weg und peilt in Katar einen weiteren Feinschliff der Desmosedici-Rennmanschinen Danilo Petruccis und Yonny Hernandez' an. Der Kolumbianer hatte in Sepang noch vermehrt mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die das Team neben weiteren Verbesserungen tunlichst ausmerzen will.

Open-Klasse: Bradl schielt auf die Spitze

Nachdem Avintia-Pilot Hector Barbera in Sepang bereits überzeugte, hofft Bradl durch weitere Updates und Modifikationen an seiner Forward Yamaha, wieder die Spitzenposition der 'zweiten Klasse' der MotoGP zu übernehmen. Dabei drängt Bradl auf eine positive Wirkung einiger Neuerungen, die ihn an der starken Ducati Barberas vorbeihieven sollen.

Auf der Jagd nach Hector Barbera: Stefan Bradl, Foto: Forward Racing
Auf der Jagd nach Hector Barbera: Stefan Bradl, Foto: Forward Racing

Für das Aspar-Duo Nicky Hayden und Eugene Laverty steht in Losail vor allem Arbeit an der Elektronik der Honda Production Racer auf dem Programm. Auch Karel Abraham hat noch einige Modifikationen an seiner Honda ins Auge gefasst. Bradls Teamkollege Loris Baz und Ioada-Ducati-Pilot Alex de Angelis wollen im Entwicklungsrennen der Hinterbänkler deutliche Schritte nach vorne machen.