Das Titel-Duell Honda vs. Yamaha geht 2015 wohl in die nächste Runde. Marc Marquez und Dani Pedrosa auf der orangen Seite und Jorge Lorenzo und Valentino Rossi auf der blauen, schossen sich bei den Testfahrten in Sepang nach der Winterpause endlich auf die kommende Saison ein. Motorsport-Magazin.com nimmt das Duell der Erzrivalen genau unter die Lupe und analysiert, ob ein Team mit leichten Vorteilen in das Jahr starten konnte.

Verlauf der Testfahrten

Als wäre Doppelweltmeister Marc Marquez nicht ohnehin schon der große Gejagte, war der Katalane in Sepang auch noch der eifrigste Tester unter den Titelanwärtern. 52, 67 und 63 Runden hieß es am Ende der einzelnen Tage, womit Marquez auf satte 182 Runden bzw. neuneinhalb GP-Distanzen (ein GP in Sepang umfasst 19 Runden) brachte. Eine halbe Saison hat Marquez damit nach dem Testauftakt schon in Beinen und Handgelenken. Alleine am ersten Tag fuhr Marquez drei verschiedene Motorräder, da HRC für die zwei Werksfahrer und die zwei Testpiloten insgesamt zehn Maschinen nach Malaysia gebracht hatte.

Teamkollege Dani Pedrosa, den ein Sturz am ersten Tag Streckenzeit kostete, kam insgesamt nur auf 138 Runden und damit mehr als zwei GP-Distanzen weniger als Marquez. Die Yamaha-Konkurrenz schafft immerhin 169 (Rossi) bzw. 166 (Lorenzo) Runden.

Bei einem Blick auf die Spitzenzeiten fällt der dramatische Sprung am Freitag auf. Marquez und Pedrosa verbesserten sich im Vergleich zum Vortag beide um etwa 1,2 Sekunden, auch Rossi kam auf diese Verbesserung. Jorge Lorenzo konnte nicht ganz so stark zulegen, war aber der einzige Fahrer außer Marquez, der ein Tagesklassement anführen durfte.

Die schnellsten Einzelrunden

Der Freitag war der schnellste der drei Testtage. Insgesamt sieben Piloten unterboten die Marke von zwei Minuten auf ihren schnellsten Runden. Außer den vier Titelanwärtern auch das Ducati-Duo Andrea Iannone und Andrea Dovizioso, sowie Yamaha-Satellitenfahrer Pol Espargaro. Ducati benutzte auf den schnellsten Umläufen allerdings die weiche Bridgestone-Mischung, die Honda und Yamaha nicht verwenden dürfen und die im Rennen auch kaum einsetzbar ist, wie die Erfahrung des vergangenen Jahres gezeigt hat.

Die schnellsten zehn Runden in Sepang (ohne Soft-Reifen):

FahrerZeit
1.Marc Marquez 1:58,867
2.Dani Pedrosa 1:59,006
3.Valentino Rossi 1:59,401
4.Jorge Lorenzo 1:59,624
5.Marc Marquez 1:59,646
6.Dani Pedrosa 1:59,672
7.Jorge Lorenzo 1:59,762
8.Pol Espargaro 1:59,851
9.Marc Marquez 1:59,881
10.Marc Marquez 1:59,904

Von den schnellsten zehn Runden auf normaler Medium-Reifenmischung fuhr Marquez vier, Pedrosa und Lorenzo je zwei und Rossi sowie Pol Espargaro je eine. Diese fünf Piloten waren auch die einzigen, die auf dem für die Renndistanzen relevanten Reifen die Marke von zwei Minuten unterbieten konnten.

Der Longrun-Check

Am Freitag fuhren Honda und Yamaha volle GP-Distanzen in einem Longrun. Pedrosa, Marquez und Lorenzo zeigten 19 fliegende Runden - und damit je einen kompletten Malaysia-GP. Rossi musste wegen Elektronikproblemen immer wieder langsame Runden zum Verstellen der Settings einlegen und seinen Longrun nach 16 Umläufen schließlich abbrechen.

Die schnellste Startphase legte Marquez hin, der in 2:00.507 und 2:00.452 auch die beiden schnellsten Einzelrunden aller Longruns zeigte. Allerdings baute sein Reifen auch am schnellsten ab, weshalb der Weltmeister in der Endphase der langsamste unter den vier Top-Piloten war. Marquez fuhr seinen Longrun allerdings etwas später als Pedrosa und Lorenzo und damit unter heißeren Temperaturen, was die schnelleren Auftaktrunden und das schnellere Abbauen der Reifen erklären könnte.

Lorenzo fuhr am konstantesten. Zwischen schnellster und langsamster der 19 Runden bestand nur eine Differenz von 0,636 Sekunden, zwischen erster und letzter Lap gar nur ein Unterschied von 0,371 Sekunden. Bei Marquez war diese Differenz rund eine Sekunde. Den schnellsten Longrun - gemessen auf die Gesamtzeit aller 19 Runden, fuhr allerdings Pedrosa.

Der Katalane benötigte auf seiner Honda für die volle GP-Distanz in Sepang 38:18,919 Minuten und damit knapp weniger als Lorenzo (38:21,201) und Marquez (38:22,422). Selbst wenn man den Start in ein Rennen hinzu addiert (in Sepang aus der ersten Reihe etwa fünf Sekunden Zeitaufschlag), liegen die Zeiten vom Freitag deutlich unter der Siegerzeit vom Rennen im Oktober, als Marquez die 19 GP-Runden in Sepang in 40:45 Minuten absolvierte. Bridgestone dürfte also nicht zu viel versprochen haben, als Entwicklungschef Shinji Aoki vor Test-Start meinte: "Ich glaube, das wird die schnellste MotoGP-Saison bislang."

Das Fazit

Ist Honda oder Yamaha im Vorteil? Nach den Testfahrten schwer zu sagen. Auf eine schnelle Runde ist Honda wohl im Vorteil, doch auf der Jagd nach der Pole Position waren Marquez und Pedrosa schon in den vergangenen beiden Jahren stärker. Auf die volle Renndistanz dürfte aber zumindest Lorenzo wieder zu alter Stärke zurück gefunden haben, aufgrund derer er sich schon 2013 bis zum Schluss im Titelrennen hielt. Wieder einmal eine Wundertüte war Rossi, der aber nach den Tests warnte: "Marc und Dani sind über eine Runde etwas schneller als wir, vor allem mit frischen Reifen. Doch auch ihre generelle Pace ist besser. Das bedeutet, dass wir weiterhin hart arbeiten müssen, wenn wir sie schlagen wollen."