Erfolg lässt sich messen, doch die persönliche Leistung kann nur ein Athlet selbst einschätzen. Und Valentino Rossi ist außerordentlich zufrieden mit sich und seiner Saison, selbst wenn die Zahlen ihm mit zwei Saisonsiegen ein auf seine gesamte Karriere betrachtet eher schwächeres Jahr bescheinigen. Doch Rossi weiß, dass die Spielwiese MotoGP sich seit seinen größten Zeiten verändert hat, in technischer wie auch kompetitiver Hinsicht.

Für die Saison 2014 tüftelte der neunfache Weltmeister an jedem noch so kleinen Detail, tauschte seinen Crew Chief und stellte seinen Fahrstil um. Sehen wir nun den besten Rossi aller Zeiten? "Für mich, ja", sagt der Doktor selbstbewusst. "Es ist schwer zu sagen, aber ich habe an vielen kleinen Dingen hart gearbeitet." Trotz seines eher fortgeschrittenen Alters von 35 Jahren fühle er sich absolut zu 100 Prozent fit. "Ich habe dieses Jahr sehr genossen. Es gab viele gute Rennen und sehr schöne Kämpfe."

Warum hat dann ein weniger guter Rossi dann solche Glanzleistungen in der Vergangenheit vollbracht, während der beste Rossi aller Zeiten nicht gut genug für Marc Marquez zu sein scheint? Hier fällt ihm die Antwort leicht: "Alles hat sich verändert. Die Motorräder haben sich verändert, die Reifen und elektronischen Systeme haben gewaltige Veränderungen erfahren, und vor allem hat sich die Art, das Bike zu bewegen, über die letzten zehn Jahre komplett gewandelt. Aber ich mag es, mich zu verbessern, das ist Teil des Spiels." Noch viel wichtiger allerdings: Die menschliche Komponente. "Meine Rivalen haben sich auch geändert. Sie sind jünger und viel stärker als in der Vergangenheit." Dabei meint er in erster Linie Marc Marquez und Jorge Lorenzo.

Trennung von Burgess wegen veralteter Methoden

Für den Erfolg musste Rossi Burgess opfern, Foto: Yamaha Factory Racing
Für den Erfolg musste Rossi Burgess opfern, Foto: Yamaha Factory Racing

Man müsse die Resultate auch in Relation zu den letzten Jahren sehen, rechtfertigt sich Rossi weiter. Nach den zwei hoffnungslosen Jahren bei Ducati konnte Rossi auch bei der Rückkehr zu Yamaha nicht mehr an alte Leistungen anknüpfen und galt Ende 2013 als Auslaufmodell. Er selbst setzte sich eine Deadline bis Mugello, zu entscheiden, ob er aufhören wolle oder nicht. Die Wiederauferstehung vom ersten Test an hinterließ bei ihm ein Gefühl von Freude und Stolz, so der Italiener. "Es war speziell deshalb eine gute Saison, weil ich meinen Speed und die Resultate verglichen mit dem letzten Jahr verbessern konnte. Das war ein sehr wichtiges Ziel für mich, da ich ja entscheiden musste, ob ich aufhöre."

Eine seiner Maßnahmen, um an die Spitze der Welt zurückzukehren, war die Trennung von seinem langjährigen Crew Chief Jeremy Burgess. Zwar sei ihm die Trennung menschlich schwer gefallen, sportlich sei es aber die richtige Entscheidung gewesen, denn Burgess‘ Methoden waren veraltet: "Ich musste für diese Entscheidung wirklich Mut aufbringen, aber ich war mir sehr sicher, weil die Art zu arbeiten sich in der MotoGP im Vergleich zu früher ebenfalls verändert hat."

So sei es nicht mehr nur der Crew Chief, der in Kontakt mit dem Fahrer stehe, sondern es erkundige sich jeder Ingenieur nun beim Fahrer persönlich und widme anschließend der Datenanalyse am Computer in Kombination mit jenen Aussagen, die der Fahrer gemacht hat. Mit Silvano Galbusera an seiner Seite fühlt er sich nun deutlich wohler: "Mit ihm ist es für mich ein großer Unterschied", so Rossi, der noch mindestens zwei weitere Jahre MotoGP fahren wird.