Ihr seid immer glücklich. Wie geht das?
Aleix Espargaro: Ich versuche es. Wenn ich die Tür zum Motorhome hinter mir schließe, bin ich sauer. Aber den Leuten muss man ein Lächeln schenken, das ist wirklich wichtig. Das Leben ist nicht leicht und ich muss mich so bedanken. Ich fahre Motorradrennen, das ist meine Leidenschaft und ich werde dafür bezahlt, Motorräder zu fahren. Also muss ich jeden Tag glücklich sein.

Pol Espargaro: Ich tue, was ich will. Ich arbeite mit meiner Leidenschaft. Ich bin glücklich und ich kann das tun, was ich liebe. Ich fahre Motorräder und kann mich nicht beschweren. Das ist perfekt.

Hast du Pol zum Start in der MotoGP-Tipps gegeben? Hat Aleix dir geholfen?
Aleix: Am Anfang habe ich ihm ein bisschen über die Motorbremse, die Elektronik und so erklärt. Er hatte zu Beginn ein paar Probleme mit den Bremsen, weil es jetzt Karbon-Bremsen sind, aber er war direkt schnell. Schon beim ersten Test in Valencia war er schneller als ich. Also habe ich ihm nach dem Test in Valencia nichts mehr verraten, denn er schafft das schon alleine.

Pol: Ja, ein bisschen. Nicht allzu sehr, aber ein bisschen. Besonders zu Beginn der Saison war er für mich da. Jetzt etwas weniger, aber er unterstützt mich dennoch sehr.

Sprecht ihr an den Rennwochenenden über das Motorrad, Linien oder andere Besonderheiten?
Aleix: Nicht wirklich, weil die Bikes ziemlich verschieden sind. Nach dem Qualifying und vor dem Rennen reden wir oft über die Reifen, also welchen Reifen er für das Rennen wählt, welchen ich wählte. Das ist das Einzige, was wir gemeinsam haben. Der Rest ist sehr unterschiedlich.

Pol: Wir sprechen ein bisschen darüber, aber wir können nicht allzu viele Informationen teilen. Schließlich sind wir in verschiedenen Teams und müssen das respektieren. Wir versuchen aber, unsere Gefühle nach dem Training und allem zu teilen, um zu wissen, wie wir uns verbessern oder ob wir etwas anders machen können. Aleix hilft mir sehr, manchmal helfe ich ihm aber auch ein bisschen.

Tipps für den kleinen Bruder gab es nur am Beginn, Foto: Milagro
Tipps für den kleinen Bruder gab es nur am Beginn, Foto: Milagro

Bist du glücklich, dass ihr gegeneinander in einer Kategorie antretet?
Aleix: Ja, sehr! Das Wochenende ist damit viel leichter für mich. Ich bin entspannter. Letztes Jahr sah ich mir immer ganz aufgeregt seine Moto2-Rennen an. Dieses Jahr kann ich mich da entspannen. Wenn ich ihn auf der Strecke treffe, ist es toll, gegen ihn zu kämpfen. Ihn vor mir fahren zu sehen, ist etwas Besonderes.

Pol: Ich mag es nicht wirklich, denn es ist einfach ein anderes Rennen, wenn dein Bruder mitfährt. Das ist ziemlich schwierig. Aber das ist unser Job, wir müssen das für unsere Teams und Sponsoren machen.

Aleix, ist es für dich auch manchmal schwierig, gegen ihn zu kämpfen?
Aleix: Das ist schwierig. Er ist Weltmeister und extrem stark. Er hat die Satelliten-Yamaha und ist verdammt schnell. Es ist schwierig, aber schön. Obwohl er wirklich schnell ist, muss ich ihn ab und an natürlich auch überholen und ich kann nicht an ihm vorbeifahren wie an einem anderen Fahrer. Er ist mein kleiner Bruder, also muss ich vorsichtiger sein und darf nicht aggressiv herangehen. Das ist nicht leicht.

2013 standen sich die Brüder bei den Rennen des anderen noch zur Seite, Foto: Milagro
2013 standen sich die Brüder bei den Rennen des anderen noch zur Seite, Foto: Milagro

Wie würde euer Leben an der Strecke aussehen, wenn ihr im gleichen Team fahren würdet?
Aleix: Das wäre toll. Eine großartige Idee! Das würde mir sehr gefallen. Denn abgesehen davon, dass er mein Bruder ist, sind wir auch beste Freunde. Wir haben die gleichen Freunde und verbringen viel Zeit miteinander. Ich denke aber auch, dass das Team richtig stark wäre, weil jeder von uns immer besser sein will als der andere. Das wäre fantastisch.

Pol: Ich denke, das wäre nicht wirklich gut und vor allem nicht ernst. Das wäre ein starker Konkurrenzkampf. Meinen Bruder als Teamkollegen zu haben, wäre für mich sehr schwierig. Das ist nicht die beste Idee, aber vielleicht ist es eine Option für die Zukunft.

Hat sich euer Verhältnis verändert, seit Pol in der MotoGP fährt, also seitdem ihr direkte Gegner seid?
Pol: Nein, nie! Ich hoffe, dass sich das nie verändert. Unser Verhältnis ist momentan wirklich wundervoll. Wir sind immer zusammen und nicht nur an den Rennwochenenden. Wenn sich das verändern würde, wäre ich nicht glücklich. Aktuell ist es toll.

Aleix: Vielleicht waren wir im letzten Jahr etwas enger zusammen, weil ich während seiner Trainings immer in seiner Box war und er während meiner Trainings in meiner. Wir sprachen etwas mehr. Ich versuchte, ihm im letzten Jahr ein bisschen mehr zu helfen, weil er um den Titel gekämpft hat. Sicherlich sind wir nun Saison eher Rivalen. Aber wenn wir Zeit miteinander verbringen, ist nichts anders.

Angenommen ihr beide hättet die Chance auf den WM-Titel und die Meisterschaft würde sich erst im letzten Rennen in Valencia entscheiden: Wie würde dieses Rennen aussehen?
Aleix: Puh... Auf jeden Fall unglaublich! Das wären sicherlich ein paar schlaflose Nächte. Natürlich ist es das oberste Ziel, Weltmeister zu werden, aber dafür deinen Bruder besiegen? Das wäre etwas Besonderes, aber ich kann es mir nicht vorstellen. Ich will es mir gar nicht vorstellen. [lacht]

Pol: Ja, das wäre auf jeden Fall schwierig. Ich hoffe einfach, dass das nie passieren wird. Sollte es passieren, weiß ich wirklich nicht, wie es aussehen soll.

Habt ihr euch schon als Kinder gegenseitig herausgefordert?
Aleix: Ja, immer! In den Rennen nicht allzu sehr, weil ich zwei Jahre älter bin als Pol und ich meistens in einer höheren Klasse gefahren bin. Aber wir sind zusammen in der 125er gefahren, in der Moto2 und es war schön, dass wir uns gegenseitig herausfordern konnten, aber MotoGP ist da natürlich das Beste.

Pol: Wir begannen mit dem Fahren als wir noch Kinder waren. Er hatte immer ein größeres Bike als ich und schlug mich damit immer. Als ich dann aber auf das größere Bike kam, war ich immer schneller als er, weil ich seine und meine Erfahrungen hatte. Wir sind immer in verschiedenen Kategorien gefahren, zusammen anzutreten war schwer, aber wir haben immer gegeneinander gekämpft.

Fühlst du dich verantwortlicher, weil du der Ältere bist?
Aleix: Ja, ein bisschen. Ich meine, wenn du der Große bist, dann musst du dem Kleinen immer etwas beibringen und ihm helfen. Letztes Jahr habe ich das die ganze Zeit gemacht, aber dieses Jahr will ich das nicht mehr machen, weil er von ganz allein so schnell ist.

Aleix Espargaro verfügt über deutlich mehr Erfahrung in der Königsklasse, Foto: Milagro
Aleix Espargaro verfügt über deutlich mehr Erfahrung in der Königsklasse, Foto: Milagro

Glaubst du Aleix nimmt etwas mehr Rücksicht, weil du der jüngere Bruder bist?
Pol: Ja, das scheint so. Der große Bruder verteidigt immer den kleinen Bruder. Das ist normal und ich denke, das sollte in jeder Familie so sein. Manchmal kann ich ihm aber sogar etwas mehr helfen als er mir, das hängt aber immer von der jeweiligen Situation ab.

Was ist die lustigste Erinnerung aus eurer Kindheit?
Aleix: Da gab es viele Abenteuer! Als wir noch richtig klein waren, hatten wir einen Kaktus zu Hause. Ich habe zu ihm gesagt: 'Los, fass den an, das ist cool!' Er hat es natürlich gemacht und die ganzen Stacheln in den Händen gehabt. Meine Mum erzählt das immer all unseren Freunden. Ich war da sechs oder sieben Jahre alt, er zwei Jahre jünger.

Pol: Da gibt es viele Erinnerungen. Die Kaktus-Geschichte war schon etwas gemein. Er sagte mir: 'Du musst ihn anfassen! Du wirst sehen, das macht Spaß.' Ich war total jung und habe das natürlich gemacht. Ich habe den Kaktus sogar umarmt. Verdammt, das tat so sehr weh! Aber im Nachhinein war das wirklich lustig.

Könnt ihr erklären, warum euer Verhältnis so eng ist?
Aleix: Ich denke, das ist weil wir komplett verschieden sind: Ich bin gerne mit Freunden zusammen, er ist gerne mal allein, ich bin total pünktlich, er ist eine Katastrophe, er schläft viel, ich schlafe nicht viel, ich bin immer total aufgeregt und er ist die Ruhe selbst. Da gibt es tausend Dinge. Jeder macht sein Ding, aber weil der eine den anderen ergänzt sind wir total verbunden und wirklich gute Freunde.

Pol: Ich denke, wir sind mehr als Brüder. Wir fahren hier Rennen, unterstützen uns gegenseitig, wir fahren zu Hause Dirt-Bike, Supermoto, wir machen alles zusammen. Wir sind Freunde und mehr oder weniger im gleichen Alter. Dadurch haben wir die gleichen Freunde, gehen zusammen auf Partys, zum Essen und alles. Das macht unser Verhältnis noch ein bisschen besser. Wir sind mehr als Brüder, denn wir sind auch richtig gute Freunde.

Die Brüder treffen nicht nur auf der Strecke aufeinander, Foto: NGM Forward
Die Brüder treffen nicht nur auf der Strecke aufeinander, Foto: NGM Forward

Wie sieht euer Leben zu Hause aus?
Aleix: Wir trainieren fast jeden Tag zusammen. Er ist fast die ganze Zeit in meinem Haus. Wir fahren gemeinsam Fahrrad, seit wir in Andorra leben sind wir auch immer mit meinem Hund unterwegs - also alle Drei zusammen. Fast jeden Tag essen und trainieren wir gemeinsam.

Pol: Meistens trainieren wir zusammen. Er fährt lieber Dirt-Bike, ich lieber Supermoto und da ist es schwer, zusammenzukommen. Wir versuchen aber immer, zusammen zu fahren, denn wir lernen dabei einfach mehr, wenn wir uns gegenseitig haben, als wenn einer von uns allein trainiert. Das ist gut.

Was würdest du dir wünschen, wenn du einen Wunsch frei hättest?
Aleix: Natürlich MotoGP-Weltmeister zu sein!

Pol: In einem Werksteam zu sein. Ich denke, das ist das Beste, was mir passieren kann. Wir hoffen, eines Tages dort zu sein.

Dieses Interview stammt aus der Printausgabe des Motorsport-Magazins. Rund um Weihnachten veröffentlichen wir die besten, unterhaltsamsten und spannendsten Geschichten aus unserem Heft. Auf den Geschmack gekommen? Probiere das Motorsport-Magazin als Hochglanzmagazin aus! Unter folgendem Link kannst du unser Heft für 3 Ausgaben zum Sonderpreis bestellen:

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