Für LCR-Honda und Stefan Bradl war die Saison 2013 eine Achterbahnfahrt mit zahlreichen Höhen und Tiefen. "Der beste, eigentlich sogar ein ganz fantastischer Moment, war Stefans zweiter Platz in Laguna Seca. Das war ein großartiges Gefühl. Der Tiefpunkt war Sepang, als er sich verletzt hat, operiert werden musste und im Rennen nicht starten konnte. Auch, weil wir dadurch keine Chance mehr hatten, Cal Crutchlow in der Weltmeisterschaft abzufangen", zieht Teamchef Lucio Cecchinello ein gemischtes Resümee.

Zu Beginn der Saison fiel Bradl vor allem durch zahlreiche Crashes auf, ein Problem, das man aber bald in Griff bekommen konnte, wie Cecchinello erklärt: "Wir haben bald erkannt, dass er bei seinen Stürzen immer über das Vorderrad weggerutscht ist und das vor allem am Kurvenausgang, wo er die Bremse bereits wieder gelöst hat. Uns wurde also klar, dass wir ein Problem mit der Dämpfung an der Front hatten und wir haben intensiv mit Öhlins und HRC gearbeitet um das zu verbessern. Ich würde also sagen, dass die vielen Stürze nicht nur Stefans Schuld waren sondern auch technische Gründe hatten, da die Abstimmung nicht perfekt für seinen Fahrstil war."

Obwohl diese Schwäche nun ausgemerzt ist, sieht der Italiener sein Team nach wie vor nicht am Zenit. "Es gibt einige Dinge, die wir verbessern können. In manchen Bereichen müssen wir noch intensiver arbeiten. Das beginnt bei der Vorbereitung im Winter, wo wir Stefan mehr Unterstützung geben müssen, reicht über Hilfe wenn er testen möchte oder Dinge analysieren will bis hin zu seiner körperlichen Verfassung und seiner Fähigkeit schnell zu sein, vor allem mit abgefahrenen Reifen", fordert der siebenfache Grand-Prix-Sieger. Cecchinello kann noch weiteren Verbesserungsbedarf bei seinem Piloten feststellen: "Eine kleine Schwäche ist seine Schräglage in den Linkskurven. Da werden wir noch einige Übungen mit ihm machen, um seine Balance in der linken Körperhälfte zu verbessern. Das ist aber wirklich nur eine Kleinigkeit."

Das sei aber normal, weil Bradl kein Jahrhunderttalent wie der neue MotoGP-Weltmeister sei. "Wenn man einen unglaublich talentierten Fahrer wie Marc Marquez hat, muss man sich keine Sorgen machen. Stefan ist auch sehr talentiert, aber um die paar Zehntel auf Marquez gutzumachen muss er noch an sich arbeiten, arbeiten und nochmal arbeiten", so Cecchinello.

Sehr positiv verlief jedenfalls Bradls erster Kontakt mit der neuen Honda, wie sein Teamchef bestätigt: "Das neue Bike zu testen war eine tolle Erfahrung für uns. Es ist dem bisherigen Modell sehr ähnlich, aber Honda hat etwas am Chassis geändert und Stefan meinte, dass er viel mehr Feedback vom Vorderrad erhält und das Motorrad steifer und stabiler ist. Das ist faszinierend, denn Honda hat es geschafft ein fast perfektes Bike noch einmal zu verbessern. Darüber hinaus haben wir noch ein paar Abstimmungsarbeiten an der Dämpfung am Heck vorgenommen und so viel Traktion gewonnen, wodurch wir unsere Zeit deutlich verbessern konnten."

Dennoch erwartet der 44-Jährige eine schwierige Saison, auch aufgrund des neuen Reglements. "Wir mussten den Abstand zwischen Prototypen und den bisherigen CRTs verkleinern und ich glaube, dass das neue Reglement hier ein guter Kompromiss ist. Die Open-Bikes haben einen gewissen Vorteil, weil sie vier Liter mehr Sprit verbrauchen können. Möglicherweise dürfen sie auch einen weicheren Hinterreifen nutzen, es wird also ein hartes, forderndes Jahr für uns. Dafür sind wir aber schließlich hier und ich kann es wirklich kaum erwarten, bis diese aufregende Saison beginnt", zeigt sich Cecchinello hochmotiviert.

So arbeitet er bereits daran, sein Team für 2014 bestmöglich aufzustellen: "Die Meisterschaft ist vorbei, aber für mich beginnt jetzt schon eine neue. Zuerst geht es darum, Punkte zu sammeln und jetzt muss ich Geld sammeln. Ich brauche nicht viel Urlaub, denn ich liebe meinen Job und sehe mich als sehr glücklichen Menschen."

Sollte Cecchinello bei der Sponsorenjagd in Zukunft erfolgreich sein, könnte ein zweiter Pilot zu seinem Team stoßen. Schon für die kommende Saison wollte man Nicky Hayden neben Stefan Bradl verpflichten, es scheiterte aber am Geld. 2015 soll sich das ändern: "Das ist natürlich das Ziel, aber dafür müssen wir Sponsoren finden und die Wirtschaft steckt immer noch in einer schwierigen Phase. Wir werden weiterhin daran arbeiten einen zweiten Fahrer verpflichten zu können, aber es ist für uns kein Drama wenn es nicht gelingt. Wir müssen auch damit zufrieden sein, einen Fahrer zu haben, der in der Königsklasse um Podiumsplatzierungen fahren kann."