Wenn die Spanier eines wissen, dann wie man einen ordentlichen Grand Prix feiert. Die Stromversorgung in Jerez de la Frontera lässt zwar zu wünschen übrig und auch fünffache Passkontrollen im Ein-Meter-Abstand scheinen - besonders wenn man es am Morgen eilig hat zur Strecke zu kommen - überflüssig, aber ein Grand Prix im Land der Torreros und Tapas, der Heimat unzähliger Teams und Fahrer, ist immer wieder eine Reise wert.

Strahlender Sonnenschein, 111.259 jubelnde Zuschauer, von denen die Mehrheit sogar schon am Sonntagmorgen um 7:00 Uhr auf den Tribünen Platz genommen hatte, ein manchmal fast erschreckend motivierender Streckensprecher, laut durcheinanderredende spanische Medienvertreter und natürlich drei spanische Rennsieger inklusiver grandioser Duelle brachten die Euphorie auf dem Circuito de Velocidad am vergangenen Wochenende fast zum Überkochen.

Ob Freitag, Samstag oder Sonntag: Auch in Jerez 'Downtown' war immer etwas los. Die motorradverrückten Spanier hatten allesamt ihre zweirädrigen Gefährten für den Sommer fit gemacht und beherrschten die Straßen der andalusischen Stadt. Im Auto kam man sich unter diesen unglaublich begeisterten Motorradanhängern fast etwas verloren vor. Aber nicht einmal auf dem Sachsenring, an dem die Besucherzahlen über das ganze GP-Wochenende verteilt übrigens ähnlich hoch sind, herrscht eine solche Ausnahmestimmung.

Stark-Strom

Da macht es doch kaum etwas aus, dass am Freitag erst einmal der Strom an der gesamten Strecke ausfiel. Kein Problem für die Fans, doch im Media-Center war urplötzlich alles dunkel, kein Internet, keine Streckenbilder, keine Rundenzeiten. Ähnlich erging es auch den Teams in ihren Boxen. Sie konnten ihren Piloten keine Zeiten mehr aufs Pitboard schreiben und werkelten teilweise mit ihren Handys als Ersatztaschenlampen an den Bikes herum.

Mit gerupftem Hühnchen, Blumentopf und Tasse ist der Sport1-Roller nicht zu übersehen, Foto: Maria Pohlmann
Mit gerupftem Hühnchen, Blumentopf und Tasse ist der Sport1-Roller nicht zu übersehen, Foto: Maria Pohlmann

Sogar die TV-Übertragung war in Gefahr, die Sicherheit der Fahrer kaum mehr zu gewährleisten, denn auch die Rennleitung saß im Dunkeln. Doch die Spanier wissen sich schließlich zu helfen und aktivierten eine Notstromversorgung, die zumindest mehrere Minuten lang das 'Herzzentrum' der Freien Trainings am Leben erhielt. Die Geräuschkulisse im Paddock war allerdings unvorstellbar. Vielen brummte auch am Abend noch der Kopf und da eine Notversorgung nun einmal nur für Notsituationen gedacht ist, hielt auch diese nicht ewig. Das Training des Red Bull Rookies Cup musste abgesagt werden.

Unter den Berichterstattern gab es aber einige clevere Leute, die auf spanisches Chaos eingestellt sind. Alex Hofmann erzählte: "Wir hatten wirklich Glück, denn wir haben Batterien dabei." Also zumindest für die Sport1-Zuschauer stellte der Stromausfall eher ein kleineres Problem dar. Respekt an die Kollegen. Anerkennung haben sich die Damen und Herren an der Strecke auch in Sachen Design verdient. Wenn Eddi Mielke auf seinem Scooter im Fahrerlager unterwegs ist, weiß jeder schon von weitem, wer da kommt. Schließlich hat kein anderer Kaffeetasse, Blumen und ein Hähnchen dauernd parat.

Was uns noch auffiel: Anstatt Dani Pedrosa und Jorge Lorenzo wurden (höchstwahrscheinlich nach Anpassung der bisherigen Ergebnisse) eher Valentino Rossi und Marc Marquez beworben. Tja, die Motorradwelt ist eben im Wandel. Trotz Stromausfall und einiger anderer Kuriositäten war Jerez de la Frontera ein super Gastgeber, wir erlebten einen gelungenen Grand Prix und damit einhergehend einen fantastischen Europaauftakt. Hoffentlich begeistern sich auch später in diesem Jahr noch so viele Spanier für Motorräder, wenn die Superbike-WM auf den andalusischen Kurs zurückkehrt.