Hier kommt die Zukunft der Formel E - und sie wird deutlich schneller als bisher. Die Elektro-WM hat am heutigen Mittwoch die ersten Bilder des brandneuen Gen4-Autos veröffentlicht, das ab der übernächsten Saison 2026/27 zum Einsatz kommen wird. Die technischen Daten des Fahrzeugs waren im Vorfeld größtenteils bekannt, aber um das Design machte die Formel E bis zuletzt ein größeres Geheimnis.

Die Bilder des Gen4-Boliden, mit denen die Teams ab der kommenden Woche ihre ersten Testfahrten in Monteblanco durchführen werden, zeigen einen Formel-Boliden im eher klassischen Sinne. Einen - für Formel-E-Verhältnisse - solch filigran gestalteten Frontflügel mit unterschiedlichen Luftleit-Elementen sowie einen derart ausladenden Heckflügel hatte keine der vorherigen Generationen.

Die unterschiedlichen Luftleit-Elemente des Gen4 im Detail
Der Gen4 besitzt unterschiedliche Luftleit-Elemente, Foto: Formel E
Studiobild vom Gen4
Gen4-Auto mit ausladenden Heckflügel, Foto: Formel E
Frontpartie des Gen4
Filigran gestalteter Frontflügel am neuen Formle-E-Boliden, Foto: Formel E

Formel-E-Boss über Gen4-Auto: "Es sieht großartig und böse aus"

Das zweite Blatt am Heckflügel deutet auf Verstellmöglichkeiten hin, die den Teams bisher nicht zur Verfügung standen. Auch die Flanken des Autos samt Luftleitblechen und großen Öffnungen lassen auf ein aerodynamisch deutlich ausgeprägteres Design schließen - im direkten Vergleich wirkt das aktuelle Gen3-Evo-Auto weitaus simpler.

"Ich persönlich mochte das Gen3-Design nicht besonders", verriet Formel-E-Geschäftsführer Jeff Dodds im Vorfeld der Gen4-Präsentation in einer Online-Runde mit ausgewählten Medienvertretern, darunter Motorsport-Magazin.com. "Was ich mochte, war, dass es völlig anders aussah als alles andere. Aber ich glaube, für viele Motorsport-Fans war es derart anders, dass der Sprung vielleicht zu groß war. Das hat man beim Gen4-Auto definitiv nicht. Es sieht großartig und böse aus, aber bleibt im Rahmen dessen, wie man ein Rennauto erwartet."

Neues Gen4-Rennauto auf der Strecke
So sieht das neue Gen4-Auto der Formel E aus, Foto: Formel E

Neues Formel-E-Auto mit über 800 PS und Allrad

Die deutlich erhöhte Aerodynamik ist notwendig, um die Power des Elektro-Rennwagens auf den Asphalt zu bringen. Die angestrebten 600 kW bzw. 816 PS Leistung, permanenter Allradantrieb und bis zu 700 kW Energierückgewinnung sind schließlich eine Ansage. Bisher hatten die Autos nicht unbedingt mit Abtrieb geglänzt - das soll sich jetzt radikal ändern. Das Gewicht soll bei etwas über 1.000 Kilo liegen und wäre wegen der größeren Batterie schwerer als das aktuelle Gen3-Auto (854 kg).

"Wenn ich sage, dass die Erhöhung der Downforce fast das Doppelte gegenüber der aktuellen Generation beträgt, liege ich nicht weit entfernt von der Realität", sagte FIA-Sportdirektor Marek Nawarecki.

Studiobild Gen4
So sieht das neue Gen4-Auto der Formel E von oben aus, Foto: Formel E

Weltklasse-Rennsport, ohne hunderte Millionen zu investieren"

Dabei bleibt die Formel E bei ihrem kostenbewussten Konzept, einheitliche Chassis und Einheits-Batterien an die Hersteller auszuliefern. Nur die Antriebsstränge und die Software dürfen frei entwickelt werden. "Wir sind glücklicherweise nicht in einer Welt, in der man riesige Windkanäle bauen und hunderte Millionen pro Jahr ausgeben muss, um winzigste Aero-Vorteile herauszukratzen", meinte Dodds. "Für uns ist sehr wichtig, dass wir Weltklasse-Rennsport liefern, ohne hunderte Millionen investieren zu müssen, um dieses Produkt zu erzeugen."

Was ebenfalls bleibt, immer wieder auf Kritik stößt und eigentlich nicht zum neuen Performance-Konzept passt: Allwetter-Reifen anstelle von echten Slicks, die deutlich schnellere Rundenzeiten ermöglichen würden.

Der Reifenhersteller Bridgestone löst den bisherigen Lieferanten Hankook mit dem Beginn der Gen4-Ära ab. Ein Wechsel auf 'echte' Rennreifen ist für die Zukunft allerdings ein Thema. "Ich wäre überrascht, wenn man nicht irgendwann ein reines Formel-E-Auto auf Slicks sieht", sagte Formel-E-CEO Dodds in der Interview-Runde. "Die Frage ist nicht ob, sondern eher wann."

Studiobild vom neuen Formel-E-Boliden
Formel E geht mit Gen4-Auto neue Wege, Foto: Formel E

Neues Formel-E-Auto bis zu 5 Sekunden schneller?

Die FIA hat bereits Simulationen mit dem Gen4-Auto auf Strecken wie Monaco durchgeführt, will sich bei der Frage nach konkreten Rundenzeiten aber noch nicht in die Karten schauen lassen. Grund: Das Gen4-Auto befinde sich noch mitten in der Entwicklung und sei bei den bisherigen Testfahrten nicht mit einem optimierten Antriebsstrang ausgestattet gewesen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Hersteller mit ihren eigenen E-Motoren noch deutlich mehr Performance herauskitzeln können.

FIA-Mann Nawarecki sagte: "Wir wissen, dass die simulierte Rundenzeit gegenüber der aktuellen Generation massiv verbessert sein wird - nicht nur wegen der Leistung, sondern auch wegen der Traktion."

Bislang legte ein Testträger rund 8.000 Kilometer auf Rennstrecken zurück, die Entwicklungsarbeit übernahm der frühere Rennfahrer und Teamchef James Rossiter. Dodds hatte sich hingegen bereits etwas weiter aus dem Fenster gelehnt und uns zur Jahresmitte verraten, dass die Formel E in den Qualifyings um bis zu fünf Sekunden verbesserte Rundenzeiten erwartet. Das entspräche dem Niveau eines aktuellen Formel-2-Autos.

Gen4 auf der Rennstrecke
Testträger legte rund 8.000 Kilometer auf Rennstrecken zurück, Foto: Formel E

Formel E vor letzter Saison mit Gen3-Fahrzeug

Bei allem Fokus auf die Performance soll das Renngeschehen dennoch nicht leiden. Die Formel E ist traditionell bekannt für eine Vielzahl an Überholmanövern, zum Teil getrieben durch die unterschiedlichen Energie-Strategien der Autos. Dodds dazu: "Ziel Nummer eins ist das spannendste Racing, das wir liefern können. Wir denken, dass wir ein Auto haben, das ein viel höheres Performance-Potenzial hat, aber trotzdem großartiges Racing liefert. Das ist ein ziemlich schwieriges Gleichgewicht."

Bevor die Formel E übernächstes Jahr mit dem Gen4-Auto an den Start geht, wartet die letzte Saison der aktuellen Gen3-Ära. Der Auftakt steigt bereits am 06. Dezember 2025 in Sao Paulo. Das Porsche-Werksteam mit Pascal Wehrlein und Neuzugang Nico Müller will versuchen, den amtierenden Weltmeister Oliver Rowland (Nissan) wieder vom Thron zu stoßen.

Inzwischen ist der komplette Rennkalender für die Formel E 2025/26 bestätigt worden. In diesem Artikel findet ihr alle Austragungsorte und Termine auf einen Blick: