Die viertägigen Vorsaison-Testfahrten der Formel E haben am heutigen Freitag ihren Abschluss gefunden. Die Teams der Elektro-Weltmeisterschaft trugen den offiziellen Test zum ersten Mal auf dem Circuito del Jarama nahe Madrid aus. Der Umzug auf den früheren Formel-1-Kurs erfolgte wegen des verheerenden Unwetters in Valencia, der mindestens 215 Menschen das Leben kostete. Zuvor war die Formel E über viele Jahre zu Gast auf dem Circuito Ricardo Tormo nahe der spanischen Küstenstadt gewesen.
Nach einem logistischen Kraftakt gelang es der Formel E, die Testfahrten wie einst geplant am Dienstag dieser Woche in Jarama, 350 Kilometer westlich von Valencia gelegen, aufzunehmen. Die Fahrer und Teams trafen erstmals mit ihren neuen Gen3-Evo-Rennwagen auf die versammelte Konkurrenz. Beim neuen Fahrzeug kann erstmals der vordere Elektro-Motor auch zur Leistungsabgabe statt nur zur Energierückgewinnung genutzt werden. Zudem gibt es performantere Allwetter-Reifen von Hankook.
Formel E testet Schnelllade-System mit Boxenstopps
Am Donnerstag probierten die Teams im Rahmen eines Test-Rennens erstmals das neue Fast-Charging-System aus, das schon vor zwei Jahren zum Einsatz hätte kommen sollen. Es bleibt weiter unklar, ob die Schnelllade-Systeme in Verbindung mit Pflicht-Boxenstopps ihren Einzug in die Saison 2024/25 finden, die bereits am 07. Dezember im brasilianischen Sao Paulo beginnt. Einsätze bei ausgewählten Rennen sind denkbar, wenn denn die Technik endlich sauber funktionieren sollte.
Die Performance der neuen Gen3-Evo-Autos lässt sich nur schwer einschätzen, weil es in Jarama keine Vergleichsrundenzeiten zu den Vorjahren gibt. Einige Fahrer sprachen von einer deutlichen Verbesserung in Folge des temporären Allradantriebes, während die meisten glaubten, dass das bekannte und höchst diskutable 'Peloton-Racing' in den Rennen weiter Bestand haben werde.
Um die verbliebenen Stadtkurs im Rennkalender besser simulieren zu können, wurde auf dem 3,915 Kilometer langen Jarama-Kurs eine temporäre Schikane auf der Start/Ziel-Geraden errichtet. Diese Maßnahme hatte die Formel E in der Vergangenheit bereits in Valencia ergriffen.
Gesamtbestzeit für Mitch Evans - Kiro Race mit Beckmann überrascht
Mitch Evans (Jaguar) erzielte die Gesamtbestzeit an den vier Tagen. In der kombinierten Zeitenliste übernahm der amtierende Vize-Weltmeister die Spitze mit einer 1:27.461. Evans fuhr die schnellste aller Rundenzeiten am Freitag in der Vormittags-Session, die sechs Minuten vor dem Ende mit roten Flaggen abgebrochen werden musste.
Der Jaguar-Werksfahrer hatte kurz zuvor Dan Ticktum (Kiro Race Co) vom ersten Platz verdrängt. Der Brite fuhr seine persönliche Bestzeit in 1:27.602 Minuten und hatte 0,141 Sekunden Rückstand zu Spitzenreiter Evans. Ticktum startete in Jarama ebenso für das neuformierte Team Kiro Race Co - ehemals NIO und zuletzt als ERT bekannt - wie David Beckmann. Der 24-Jährige sicherte sich am Donnerstag die Bestzeit (1:27.755) und kann sich Hoffnungen auf sein erstes Stammcockpit in der Formel E machen.
Beckmann war zuletzt als Ersatzfahrer des Porsche-Werksteams engagiert. 2023 in Jakarta sprang er bereits bei zwei Rennen für den verhinderten Andre Lotterer im Andretti-Porsche ein. Kiro Race Co zählt inzwischen ebenfalls zu den Kundenteams der Zuffenhausener, nutzt aus Kostengründen aber die Vorjahres-Technik aus dem Gen3-Fahrzeug. Mit dem neuen Status eines Kundenteams hat sich auch für Beckmann, P4 in der kombinierten Zeitenliste, eine Tür geöffnet.
Weltmeister Pascal Wehrlein und Porsche mischen vorne mit
Porsche und seine Kundenteams hinterließen in Jarama einen starken Eindruck. Der amtierende Weltmeister Pascal Wehrlein sortierte sich am Freitag hinter Evans und Ticktum an dritter Stelle im Klassement ein. Der Porsche-Werksfahrer benötigte 1:27.658 Minuten für seinen besten Umlauf, was ihm auch in der kombinierten Zeitenliste Platz drei vor Markenkollege Beckmann bescherte.
Den fünften Rang im Gesamtklassement sicherte sich McLaren-Rookie Taylor Barnard, der bei den Briten auf Maserati-Neuzugang Jake Hughes gefolgt ist. Porsche-Power auch auf Platz sechs: Wehrleins Teamkollege, der Portugiese Antonio Felix da Costa, sortierte sich mit einer 1:27.813 an sechster Stelle ein. Oliver Rowland (Nissan), Maserati-Neuverpflichtung Stoffel Vandoorne, Nyck de Vries (Mahindra) und DS-Penske-Fahrer Maximilian Günther komplettierten die Top-10 der kombinierten Zeitenliste.
FIA-Strafen für Jaguar und Nissan wegen Cost-Cap-Überschreitung
Jaguar und Nissan verpassten die Vormittags-Session am Dienstag wegen einer von der FIA ausgesprochenen Strafe. Die beiden Werksteams hatten den Cost Cap (rund 13 Millionen Euro) um etwa 270.000 Euro (Jaguar) bzw. 90.000 Euro (Nissan) überschritten. Jaguar wurde mit einer Strafzahlung in Höhe von 300.000 Euro zur Kasse gebeten, während der japanische Autobauer 90.000 Euro blechen musste. Zudem wurden die Teams beim Test zu einer zwischenzeitlichen Zwangspause verdonnert.
Frauen-Test am Freitag mit Carrie Schreiner - Sophia Flörsch fehlt
Nach dem Ende der Testfahrten am Freitagmittag, stand in Jarama noch eine spezielle Session ausschließlich für Frauen auf dem Programm. Alle Teams wurden angehalten, Rennfahrerinnen für den dreistündigen Test zu verpflichten. Die deutsche Flagge im Feld der 18 Fahrerinnen hält Carrie Schreiner hoch, die für Maserati ihre Runden drehen kann. Formel-3-Pilotin Sophia Flörsch hätte eigentlich für das Nissan-Werksteam antreten sollen, musste den Test in Folge der Verschiebung (war eigentlich am Donnerstag in Valencia geplant) aber wegen anderer Verpflichtungen absagen.
Das Porsche-Werksteam entschied sich, der Tschechin Gabriela Jilkova eine weitere Einsatzmöglichkeit zu bieten, und nominierte zudem Marta Garcia. Abt-Lola setzt beim Frauen-Test auf die Japanerin Miki Koyama als einzige Fahrerin. Weitere bekannte Damen beim dreistündigen Test sind die frühere Formel-E-Pilotin Simona de Silvestro (Kiro Race Co), Jamie Chadwick (Jaguar), Lilou Wadoux (Jaguar) oder Tatiana Calderon (Maserati).
Formel-E-Testfahrten Jarama: Kombinierte Zeitenliste (Mo-Fr)
Pos. | Fahrer | Team | Rundenzeit |
---|---|---|---|
1 | Mitch Evans | Jaguar | 1:27.461 |
2 | Dan Ticktum | Kiro Race-Porsche | 1:27.602 |
3 | Pascal Wehrlein | Porsche | 1:27.658 |
4 | David Beckmann | Kiro Race-Porsche | 1:27.755 |
5 | Taylor Barnard | McLaren-Nissan | 1:27.780 |
6 | Antonio Felix da Costa | Porsche | 1:27.813 |
7 | Oliver Rowland | Nissan | 1:27.973 |
8 | Stoffel Vandoorne | Maserati-DS | 1:28.005 |
9 | Nyck de Vries | Mahindra | 1:28.010 |
10 | Maximilian Günther | DS Penske | 1:28.070 |
11 | Jake Hughes | Maserati-DS | 1:28.142 |
12 | Norman Nato | Nissan | 1:28.228 |
13 | Zane Maloney | Abt-Lola | 1:28.276 |
14 | Nick Cassidy | Jaguar | 1:28.382 |
15 | Edoardo Mortara | Mahindra | 1:28.461 |
16 | Jake Dennis | Andretti-Porsche | 1:28.486 |
17 | Jean-Eric Vergne | DS Penske | 1:28.492 |
18 | Sam Bird | McLaren-Nissan | 1:28.529 |
19 | Sebastien Buemi | Envision-Jaguar | 1:28.616 |
20 | Lucas di Grassi | Abt-Lola | 1:28.627 |
21 | Robin Frijns | Envision-Jaguar | 1:28.818 |
22 | Nico Müller | Andretti-Porsche | 1:28.856 |
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