Es war ein offenes Geheimnis im Fahrerlager der Formel E, jetzt steht es auch offiziell fest: Sam Bird muss das Jaguar-Werksteam nach drei Jahren zum Saisonende 2023 verlassen. Das gab der britische Autobauer und frischgebackene Team-Vizeweltmeister am Rande des Saisonfinales in London bekannt.

Zwar noch nicht offiziell, aber längst in trockenen Tüchern: Der neue Vize-Champion Nick Cassidy folgt auf den Briten und verlässt nach drei Saisons das Jaguar-Kundenteam Envision, dem er mit dem Sieg im Regenrennen am Sonntag die erste Team-Weltmeisterschaft beschert hat. Robin Frijns soll nach seinem Abt-Abschied zum früheren Virgin-Team zurückkehren.

Birds Zukunft könnte unterdessen bei McLaren liegen, wie unterschiedliche Medien spekulieren. Spruchreif ist das noch nicht, laut McLaren-Teamchef Ian James erfolge die Entscheidung über das Fahrer-Lineup für 2024 in den nächsten Wochen. Beim Formel-E-Debüt gingen Rene Rast und Jake Hughes für das Nissan-Kundenteam an den Start.

Bird: Bittersüßer Abschied von Jaguar

"Es ist bittersüß, das Team zu verlassen", wurde Bird in einer Jaguar-Pressemitteilung zitiert. "Die vergangenen Jahre hatten einige Höhen und Tiefen zu bieten, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Team für alles zu danken und freue mich auf die Zukunft." Während Jaguar-Ass Mitch Evans trotz eines schwierigen Auftakts bis zuletzt um den Titel kämpfte und die Saison als Dritter beendete, musste sich Bird mit Gesamtrang acht begnügen.

Mit 95 Punkten erzielte er 102 weniger als sein nun ehemaliger Teamkollege Evans (197 Punkte), der quasi jährlich zu den Titelanwärtern in der Formel E zählt. Bird und Jaguar, das war eine schwierige Ehe. In allen drei Saisons war er Evans in der Meisterschaft unterlegen. Mit Platz sechs und zwei Siegen in der Saison 2021 begann die Zusammenarbeit vielversprechend, doch dann ging es aufgrund unterschiedlicher Gründe rapide bergab.

Bird-Horror: Zwei Team-Kollisionen in einem Jahr

2022 gelang Bird kein einziger Podesterfolg und nur Gesamtrang 13, während Evans die Vize-Weltmeisterschaft hinter Stoffel Vandoorne gewann. Der negative Höhepunkt folgte in der abgelaufenen Saison 2023. Zwar fuhr Bird viermal aufs Podest, allerdings auch zweimal in Evans' Auto. Teaminterne Kollisionen in Hyderabad und Jakarta, ausgelöst durch Bird, hatten einen spürbaren Anteil daran, dass Evans und Jaguar auch im siebten Formel-E-Jahr auf einen Titelgewinn warten müssen.

Auch bei einer späten Kollision mit Nico Müller (Abt-Mahindra) in Monaco und dem Horror-Unfall in Rom nach einem Fahrfehler machte Bird keine allzu gute Figur. "Im Großen und Ganzen verlief diese Saison für mich ziemlich enttäuschend, mit vielen verpassten Gelegenheiten zu Beginn", räumte der 36-Jährige ein. "Aber ich muss das Positive mitnehmen. Die Pace war stark, ich hatte vier Podestplätze, habe fast 100 Punkte geholt und bin Achter geworden vor einigen großen Namen."

Am Tiefpunkt: Sam Birds schwerer Unfall in Rom, Foto: LAT Images
Am Tiefpunkt: Sam Birds schwerer Unfall in Rom, Foto: LAT Images

Bird: Einer der besten Formel-E-Fahrer

In die Liste dieser "großen Namen" kann sich Bird ebenso einreihen. Der Brite zählt zu den erfolgreichsten Fahrern in der Geschichte der Formel E und sorgte über Jahre hinweg mit dem vergleichsweise kleinen Kundenteam Virgin (heute Envision) immer wieder für Highlights. Die ersten vier Saisons beendete er stets in den Top-5 der Meisterschaft und mischte häufig bis zum Saisonende um den Titel mit.

Mit elf Siegen in 112 Rennen hat Bird die drittmeisten aller Piloten auf dem Konto. In der Podest-Statistik belegt er mit 26 Fahrten aufs Treppchen den vierten Allzeit-Rang. Zudem sammelte der frühere Formel-1-Testfahrer von Mercedes die viertmeisten Punkte aller Piloten in der neunjährigen Geschichte der Elektro-Serie.

Jaguar-Teamchef James Barclay verteilte in seiner typisch höflichen Art zum Abschied Komplimente: "Es waren fantastische drei gemeinsame Jahre und er hat zu dem Erfolg beigetragen, den wir als Team erlebt haben. Sam reiht sich in eine illustre Liste von Fahrern ein, die für ein Jaguar-Team gefahren sind, und ich weiß, dass er darauf stolz ist, genau wie wir. Sam ist ein äußerst talentierter Rennfahrer, mit dem es eine Ehre war, zusammenzuarbeiten, und ich weiß, dass er in Zukunft großen Erfolg haben wird."

Sam Birds Karriere in der Formel E

JahrTeamGesamtwertungErfolge
2014/15Virgin RacingP52 Siege, 3 Podien
2015/16DS Virgin RacingP41 Sieg, 2 Podien
2016/17DS Virgin RacingP42 Siege, 4 Podien
2017/18DS Virgin RacingP32 Siege, 6 Podien
2018/19Envision VirginP91 Sieg, 2 Podien
2019/20Envision VirginP101 Sieg, 2 Podien
2020/21JaguarP62 Siege, 3 Podien
2021/22JaguarP13-
2022/23JaguarP84 Podien