Oliver Rowland (Mahindra) hat sich beim Formel-E-Rennen in Monaco eine Verletzung an der linken Hand zugezogen. Eine Röntgenuntersuchung im Princess Grace Hospital vor Ort ließ den Briten und sein Team aufatmen: Knochenbrüche konnten nicht diagnostiziert werden, Rowland kam mit Kratzern und Schwellungen davon. Das neunte Rennen der Saison hatte er wegen Schmerzen nach 18 von 29 Runden vorzeitig beenden müssen.
Handverletzungen sind leider keine Seltenheit mit den neuen, 350 kW (476 PS) starken Gen3-Autos: Beim Saisonauftakt in Mexiko zertrümmerte sich Robin Frijns (Abt-Cupra) mehrere Knochen und fiel wochenlang aus. Sebastien Buemi (Envision) brach sich in Sao Paulo die Hand, konnte aber schnell wieder ins Cockpit zurückkehren. Und auch Antonio Felix da Costa (Porsche) bekam bereits etwas ab.
Formel-E-Mitgründer Longo: "Autos sind sicher"
Mehrere Fahrer und Teamchefs haben sich bereits kritisch geäußert und von einer Gefahr für die Gesundheit gesprochen. Das Thema liegt seit geraumer Zeit auf dem Tisch. "Die FIA ist unser Partner in Sachen Sicherheit und wir sind zuversichtlich, dass sie genau das tun, was zu tun ist", sagte Formel-E-Mitgründer Alberto Longo in Berlin zu Motorsport-Magazin.com. "Ich würde nicht sagen, dass es zutrifft, wenn Fahrer so etwas sagen. Die Autos sind sicher zu fahren, sonst wären sie nicht von der FIA homologiert worden."
Allerdings wurde bei den bereits homologierten Gen3-Autos während der laufenden Saison nachgearbeitet, um die Sicherheit weiter zu verbessern: Beim zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien hielt eine 'Notfall-Bremse"' Einzug, in Brasilien wurden neue Außenspiegel mit besserer Sicht nach hinten eingeführt. Longo: "Sicherheit ist ein großes Thema für die FIA und auch die Formel E. Es war aber nie so, dass die Autos unsicher zu fahren waren."
Longo war sich der negativen Folgen für die in den Rennen verletzten Fahrer bewusst, schloss mögliche Anpassungen vor dem Ende des Gen3-Zyklus (2023-2026) jedoch nach aktuellem Stand aus.
Formel E testet neues Lenkrad - Sicherheit kein Thema
Motorsport-Magazin.com weiß: Beim Rookie-Test in Berlin testete die Formel E ein neues Lenkrad, weil in den aktuellen Autos noch die Lenkräder der Gen2-Fahrzeuge wegen Lieferschwierigkeiten verbaut sind. Bei den Upgrade-Lenkrädern für die Saison 2024 sollen mögliche Nachbesserungen bei der Sicherheit allerdings keine direkte Rolle spielen, es geht wohl eher um Display-Anzeigen.
Das Problem mit den Gen3-Autos: Wegen des zusätzlichen Gewichts durch den neuen Motor an der Vorderachse und der fehlenden Servolenkung, ist die Lenkung sehr schwergängig. Dadurch müssen die Fahrer ihre Lenkräder mit großer Anstrengung halten, weshalb noch höhere Kräfte wirken und es schwieriger wird, bei einem Kontakt rechtzeitig das Lenkrad loszulassen.
Vergne: Sicherheit gut - Servolenkung besser
Der zweifache Formel-E-Champion Jean-Eric Vergne (DS Penske) zeigte uns in Berlin die Schwielen an seinen Händen vom Fahren und betonte, dass er über den Winter "wie ein Biest" trainiert habe. Der Franzose weiter: "Motorsport ist gefährlich und das Risiko kann man nie ganz verbannen. Aber man kann es verringern. Die FIA hat hier in den letzten Jahrzehnten sehr gute Arbeit geleistet. Ich habe schon das Gefühl, dass wir in einem sicheren Auto fahren. Es wäre aber auf jeden Fall besser, in Zukunft eine Servolenkung zu haben."
Die Lösung des Problems könnte tatsächlich der nachträgliche Einbau einer Servolenkung sein, über die die meisten Autos in anderen Rennserien verfügen. Aus technischer Sicht sollte das nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Kreisen keine größere Herausforderung darstellen. Die Debatte wird sich fortsetzen, wenn sich weitere Fahrer bei den kommenden Rennen verletzen.
Vandoorne: "Kann deine Karriere bedrohen"
"Diese Vorfälle sind nicht schön, und was Robin und Sebastien passiert ist, war grauenhaft", sagte der amtierende Formel-E-Weltmeister Stoffel Vandoorne (DS Penske) in Berlin zu Motorsport-Magazin.com. "Ich selbst hatte eine kleine Berührung in Mexiko und habe mir an der Hand wehgetan. Nichts Schlimmes, aber ich dachte: 'Fuck, wenn das ein bisschen härter gewesen wäre, hätte ich mich verletzen können'. Es gibt keine schnelle Lösung, aber wir müssen das angehen, um weniger solcher Vorfälle zu haben. Es kann deine Karriere bedrohen, wenn du dir einen schweren Bruch zuziehst."
Rowland kam in Monaco mit dem Schrecken davon. Der Mahindra-Pilot war einer von vielen Fahrern, die auf dem engen Stadtkurs in Kollisionen verwickelt wurden. Mit dem aktuellen Windschatten-Fahren kein Wunder: Die Pace ist zu Beginn eines Rennens derart langsam, sodass das Feld der 22 Autos nah beisammen liegt. In den engen Kurven und Schikanen staucht es sich dann plötzlich derart, dass Kontakte praktisch unvermeidbar sind. Die Fahrer bezeichnen das als 'Ziehharmonika-Effekt'.
Rowland: "Glücklicherweise keine gebrochenen Knochen"
Rowland hatte sich vom 13. Startplatz schon in den ersten zwei Runden um sieben Plätze verbessert, bevor er wegen einer verpassten Attack-Mode-Aktivierungen wieder einige Positionen einbüßte. Später knallte Rowland ausgangs des Tunnels bei der Anfahrt zur Hafen-Schikane in das Heck von Edoardo Mortaras Maserati und verlor dabei sogar die Bodenhaftung. Durch den Kontakt mit einem weiteren Auto musste er neben seiner Frontpartie auch das linke Hinterrad tauschen lassen. Nach weiteren Runden im hinteren Feld entschieden Rowland und Mahindra, ihn aus dem Rennen zu nehmen.
Rowland: "Leider hatte ich Kontakt mit Mortara, was meine Hand verletzte, als das Lenkrad draufschlug. Dann wurde ich von Rast getroffen und hatte einen Platten, musste also an die Box, um ein Rad und die Front zu wechseln, was uns ans Ende des Feldes brachte. Als ich auf die Strecke zurückkehrte, versuchte ich weiterzumachen, aber ich musste das Auto schließlich wegen ziemlicher Schmerzen abstellen. Glücklicherweise habe ich keine gebrochenen Knochen."
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