Eine hinter den Kulissen heftig diskutierte Regelneuerung zur Formel-E-Saison 2023 ist am Rande des Auftakts in Mexiko-City an diesem Samstag (21:00 Uhr live im TV auf ProSieben) nachträglich geändert worden. Die Vorschrift, dass alle elf Teams in diesem Jahr bei zwei 1. Freien Trainings an einem Rennwochenende einen Rookie-Fahrer anstelle des Stamm-Piloten ins Cockpit setzen müssen, wurde gekippt.

Wie aus einem Schreiben der FIA hervorgeht, müssen die Teams einen Rookie stattdessen nur noch bei einem speziellen Rookie-Training an einem Rennwochenende einsetzen. Bei welchem Lauf diese Session abgehalten werden soll, kommunizierte der Motorsport-Weltverband zunächst nicht. In der Vergangenheit gab es jährliche Rookie-Testfahrten im direkten Anschluss an ein Rennwochenende. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 verzichtete die Formel E jedoch auf diese Gelegenheit.

Mit der ursprünglichen Regeleinführung wollte die Formel E vor allem Piloten fördern, die eine Karriere in der Rennserie anstreben, die sich in zahlreichen Parametern von traditionellen Kategorien des Motorsports unterscheidet. Das höchst komplexe Energie-Management stellt selbst erfahrene Rennfahrer immer wieder auf die Probe. Nicht wenige Piloten meinten, dass ein Formel-E-Auto das komplizierteste sei, das sie jemals gefahren sind.

Die Rookie-Regel, die auch in der Formel 1 zum Einsatz kommt, sollte allerdings zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt eingeführt werden. Mit dem Debüt der brandneuen und technologisch komplizierten Gen3-Autos steht den Teams ohnehin eine riesengroße Herausforderung bevor.

Im Vorfeld der Saison 2023 hatten die Teams aufgrund zahlreicher Technik-Probleme kaum Zeit, sich ausreichend auf die Gen-3-Boliden einzuschießen. An den zeitlich streng durchtakteten Rennwochenenden mit zwei 30-minütigen Trainings, Qualifying und Rennen innerhalb nur eines Tages hätten einige Teams die Verpflichtung, einen Rookie ins Auto zu setzen, als unnötige Belastung empfunden. Auch die Stammpiloten dürften aufatmen, schließlich müssen sie nun doch nicht auf die wertvolle und knapp bemessene Trainingszeit verzichten.

Bei einem E-Voting am 05. Januar haben sich die Teams mit der FIA und der Formel E darauf geeinigt, die Rookie-Regel entsprechend anzupassen.

Teilnahmeberechtigt sind nur Fahrer, die nicht in der offiziellen Starterliste genannt sind und die noch nie an einem Formel-E-Rennen teilgenommen haben. So könnte etwa Porsches neuer Test- und Ersatzfahrer David Beckmann eine Gelegenheit bekommen, das Auto auf einer realen Rennstrecke zu testen.

Theoretisch könnte mit James Rossiter sogar ein Teamchef den Rookie-Test absolvieren! Der Brite und langjährige Rennfahrer leitet seit dieser Saison den Neueinsteiger Maserati am Kommandostand, hat aber noch nie ein Formel-E-Rennen bestritten. Der 39-jährige Rossiter fuhr schon in der Vergangenheit beim Rookie-Test für DS Techeetah, um dem Team mehr verlässliche Daten liefern zu können.

Stellvertretend für mehrere Teamchefs im Fahrerlager sagte Porsche-Gesamtprojektleiter Florian Modlinger bei den Testfahrten in Valencia Ende Dezember zu Motorsport-Magazin.com: "Wir müssen vorsichtig sein, welcher Druck auf einem Rookie lastet, der für 30 Minuten an einem Rennwochenende in ein Auto springt, das er nicht kennt. Und das auf einer Rennstrecke, die er ebenfalls nicht kennt. Wir sehen das skeptisch, weil das Fahrzeug hochkomplex ist, dem Einsatzfahrer 30 Minuten weggenommen werden und ein hoher Druck auf den Rookies lastet. Da gibt es andere Möglichkeiten."