Sebastien Buemi ist am Freitag bei den offiziellen Testfahrten der Formel E in Valencia am Vormittag verunfallt. Der Envision-Pilot verlor in der Kurve 4 des Circuit Ricardo Tormo die Kontrolle über sein Gen3-Auto und schlug offenbar frontal in die Mauern ein. Buemi ist okay, wie er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com kurz nach dem Vorfall bestätigte. Der Schweizer konnte sein Fahrzeug aus eigener Kraft verlassen. Zum Unfallhergang wollte sich Buemi zunächst nicht äußern.

Envision-Teamchef Sylvain Filippi sagte zu Motorsport-Magazin.com in einer ersten Reaktion nur: "Kein Kommentar." In der Box von Envision herrschte reges Treiben, neben den Teammitarbeitern waren auch Mitglieder und Fahrer von Jaguar in der Garage zugegen. Jaguar stattet das frühere Audi-Kundenteam Envision inzwischen mit Kundenfahrzeugen aus.

Foto: LAT Images
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Buemis Auto erlitt beim Crash an der eher unüblichen Stelle in Turn 4 auf den ersten Blick an der Front einen beträchtlichen Schaden. Offenbar waren die Radaufhängungen beider Vorderräder abgeknickt. Der Wagen wurde von einem Abschleppwagen in den gesicherten Bereich transportiert und abgeschirmt. Envision musste zunächst auf die Daten aus dem Auto warten, um die Gründe für den Unfall analysieren zu können.

Als das Training nach einer 18-minütigen Unterbrechung fortsetzt werden konnte, blieben neben Buemi auch sein Envision-Teamkollege Nick Cassidy sowie die beiden Jaguar-Piloten Sam Bird und Mitch Evans zunächst in der Garage. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, bis weitere Informationen zum Buemi-Vorfall verfügbar seien, teilte ein Jaguar-Sprecher auf unsere Anfrage hin mit. Rund zwei Stunden nach dem Vorfall setzten die Jaguar ihre Testarbeit auf der Strecke fort.

Foto: Motorsport-Magazin.com
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Es war der erste größere Unfall bei den Testfahrten der Formel E in dieser Woche, die am heutigen Freitag ihren Abschluss finden. Bislang konnten die elf Teams deutlich mehr Runden drehen als im Vorfeld erwartet worden war. Vor dem einzigen Kollektiv-Test mit dem brandneuen Auto waren bei privaten Hersteller-Testfahrten mehrfach Probleme mit der Technik der Gen3-Autos aufgetreten.

Schwierigkeiten mit der einheitlichen Batterie zählten ebenso dazu wie Probleme mit dem neuen Elektro-Motor an der Vorderachse, der ausschließlich zur Energierückgewinnung genutzt werden darf. Dieser neue Motor mit 250 kW sorgt zusammen mit den 350 kW an der Hinterachse für eine Rekuperation von 600 kW - damit können 40 Prozent der im Rennen eingesetzten Energie über die Systeme zurückgewonnen werden. Mit der Hinzunahme des Frontmotors fällt gleichzeitig die hydraulische Bremse an der Hinterachse weg. In Kombination mit dem Brake-by-Wire-System steht den Ingenieuren nun noch mehr Software-Arbeit ins Haus, um alle Komponenten zu optimieren.

Foto: Motorsport-Magazin.com
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Bis zum Saisonstart bleibt nicht mehr viel Zeit: Die neunte Saison der Formel E beginnt schon am 14. Januar 2023 in Mexiko-City. Im Fahrerlager sind nicht wenige der Ansicht, dass der Start auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hätte werden sollen. Einige Teams sagen hinter vorgehaltener Hand, dass die neue und höchst komplexe Technologie noch nicht ausgereift genug ist.

Formel-E-Geschäftsführer Jamie Reigle sagte in Valencia zu Motorsport-Magazin.com: "Man kann nicht leugnen, dass wir uns alle gewünscht hätten, mehr Zeit zum Testen zu haben. Aber eine Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt? Nein. Wenn du einen Rennkalender veröffentlichst, ist das auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wenn Leute Angst vor einem Ausfall ihrer Autos in Mexiko haben, dann verstehe ich, dass das ein Risiko bedeutet. Aber ist das ein angemessenes Risiko im Vergleich dazu, überhaupt kein Rennen in Mexiko zu haben? Das war für mich kein Thema."