Eines der am schlechtesten gehüteten Geheimnisse der Formel E ist nun offiziell gelüftet worden: Abt Sportsline setzt bei seiner Rückkehr zur Saison 2023 auf Kundenautos von Mahindra. Die neue Partnerschaft gaben der Rennstall aus Kempten und der indische Automobilgigant am Rande des vorletzten Rennwochenendes in London (30./31. Juli 2022) bekannt.
Mahindra, das früher unter anderem mit Nick Heidfeld, Pascal Wehrlein (Mahindra-CEO Dilbagh Gill: "In Deutschland gibt es einfach viel Motorsport-Talent, da steckt aber keine Absicht dahinter") oder Felix Rosenqvist am Steuer zu den Top-Teams der Formel E zählte, tat sich in den vergangenen Jahren schwer und konnte nicht an einstige Erfolge anknüpfen. Aktuell belegt das Team den achten Platz in der Meisterschaft. Den letzten von insgesamt fünf Siegen für die Mannschaft von Teamchef Dilbagh Gill erzielte Alex Lynn vor einem Jahr ausgerechnet in der britischen Hauptstadt.
Abt-CEO: "An unserer Arbeitsweise ändert sich nichts"
Mahindra stattet als Gründungsmitglied der Formel E erstmals ein anderes Team mit Kundenautos aus. Abt Sportsline, das bis zum Werksausstieg Ende 2021 von Beginn an auf Audi/Schaeffler-Power setzte, geht erstmals als Kunden- und nicht als Werksteam an den Start. Dadurch stehen per Reglement weniger Testtage zur Verfügung. "Bis jetzt merken wir keinen großen Unterschied", sagte Abt-CEO Thomas Biermaier in London zu Motorsport-Magazin.com. "Mit der Homologation der Autos haben wir nichts mehr zu tun, aber an unserer Arbeitsweise ändert sich nichts."
Im Oktober dieses Jahres sollen zwei der neuen Gen3-Rennwagen nach Kempten geliefert werden. Ingenieure von Abt Sportsline unterstützen das im britischen Banbury ansässige Mahindra-Team bei der Entwicklung der Software, der Setups und bei der Arbeit im Simulator. Die offiziellen Formel-E-Testfahrten mit allen Teams steigen im Dezember in Valencia. "Es wird ein langer, harter Sommer", sagte Mahindra-CEO Dilbagh Gill zu Motorsport-Magazin.com. "Viel Zeit ist nicht, aber viele einheitliche Bauteile in den Autos erleichtern die Arbeit."
2022 engagiert sich Abt weiter als Audi-Team in der DTM (Rene Rast, Kelvin van der Linde, Ricardo Feller) sowie in der Elektro-Offroad-Serie Extreme E (Jutta Kleinschmidt, Nasser Al-Attiyah) in einer Partnerschaft mit Autobauer Cupra.
Abt Sportsline: Welche Fahrer für Formel-E-Comeback?
Mit welchen Fahrern Abt Sportsline 2023 sein Comeback in der Formel E gibt, ist offiziell noch nicht bekannt. Das Lineup soll laut Angaben des Teams noch vor dem diesjährigen Saisonfinale im südkoreanischen Seoul (13./14. August 2022) verraten werden.
Die besten Chancen werden Nico Müller und Robin Frijns ausgerechnet, die bereits in der DTM zu Class-1-Zeiten das Fahrerduo der Äbte bildeten. Der zweifache DTM-Vizemeister Müller fuhr in der Formel E bereits für das unterlegene Team Dragon/Penske, Frijns startet aktuell für Envision Racing.
Bei Mahindra ist die Fahrerbesetzung zumindest offiziell ebenfalls ungeklärt. Alexander Sims hat bereits seinen Abschied aus der Formel E zum Saisonende angekündigt. Der Brite könnte nach Informationen von Motorsport-Magazin.com durch den früheren Audi-Werksfahrer Lucas di Grassi - sieben Jahre bei den Äbten und diese Saison bei Venturi - ersetzt werden und an der Seite von Oliver Rowland starten.
Allgäu-Indien-Connection in der Formel E 2023
Die Gen3-Antriebsstränge von Mahindra entstehen weiterhin in einer Zusammenarbeit mit dem deutschen Zulieferer ZF. "Auch wir wollen als Kundenteam unsere Erfahrung aus sieben Jahren Formel E mit über 80 Rennen und über einem Jahrzehnt Elektromobilität bei ABT Sportsline in die Partnerschaft einbringen", sagt Abt-Geschäftsführer Thomas Biermaier. "Wir freuen uns auf diese neue Allgäu-Indien-Verbindung und sind dankbar, dass Mahindra Racing und seine Partner uns bei unserem Comeback in der Formel E unterstützen."
Die neuen Gen3-Wagen befinden sich bereits in der Entwicklung und sollen ab Saison 9 eine neue technologische Ära in der Formel E einläuten. Die Leistung steigt von aktuell 335 auf bis zu 470 PS (350 kW) an - und das bei einem Kampfgewicht von rund 840 Kilogramm. Ein zweiter, einheitlicher Motor zieht an der Vorderachse ein, darf aber nur zur Energierückgewinnung genutzt werden. Bei einer Rekuperation von insgesamt 600 kW fallen erstmals die hydraulischen Bremsen an der Hinterachse weg. Der Saisonstart erfolgt am 14. Januar 2023 in Mexiko-City.
Dilbagh Gill, CEO und Teamchef von Mahindra Racing: "ABT Sportsline ist eines der besten Rennteams der Welt und wir haben seit Langem Freude daran, gegen sie Rennen zu fahren. Es ist eine Ehre, unseren gemeinsam mit ZF entwickelten Antriebsstrang nehmen zu können und das Team bei seiner Rückkehr in die Formel E zu unterstützen. Wir freuen uns darauf, das Team ab 2023 wieder Rennen gewinnen zu sehen, und wir verpflichten uns, sie mit allem zu unterstützen, was sie für ihren Erfolg brauchen."
Hersteller und Kundenteams in der Formel E 2023
Neben Mahindra statten auch Porsche (Andretti, aktuell BMW-Motoren), Nissan (McLaren, das die Startlizenz von Mercedes übernimmt) und Jaguar (Envision, aktuell Audi-Motoren) andere Teams mit Kundenautos aus.
Der französische Hersteller DS wird mit einer neuen Partnerschaft mit US-Team Dragon in Verbindung gebracht, das 2023 erstmals in der Formel E nicht als eigenständiger Hersteller eingeschrieben sein wird. Sicher ist, dass DS seine Motoren an Neueinsteiger Maserati liefern wird, das künftig mit Monaco-Rennstall Venturi zusammenspannt. Bleibt es dabei, geht nur NIO nächste Saison ohne ein Kundenteam an den Start. Biermaier: "Beim Gen3-Auto ist alles anders, jeder startet bei null. Das ist doch ein guter Startpunkt für uns!"
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