Mehr als zwei Saisons und 29 Rennen musste Porsche auf den ersten Sieg in der Formel E warten. Dann war es soweit: Pascal Wehrlein 'erlöste' den Autobauer aus Zuffenhausen beim Mexiko-City ePrix 2022 mit einem dominanten Triumph, den Teamkollege Andre Lotterer mit Platz zwei noch versüßte.
Zum erst vierten Mal in der achtjährigen Geschichte der Formel E gelang einem Team ein Doppelsieg. Porsche folgt in dieser Statistik auf DS Techeetah (Santiago 2018 mit Vergne und Lotterer), Audi (Berlin 2018 mit Abt und di Grassi sowie Puebla 2021 mit di Grassi und Rast) und das amtierende Weltmeister-Team Mercedes (2020 in Berlin und 2022 in Saudi-Arabien mit De Vries und Vandoorne).
Wehrlein war der 22. unterschiedliche Sieger in der Elektro-Rennserie, womit nun 15 Piloten aus dem aktuellen Starterfeld mindestens ein Rennen gewinnen konnten. Lotterer, der in Mexiko-City nach einer Teamorder trotz etwas größerer Rest-Energie auf einen Angriff verzichtete, wartet nach seinem insgesamt achten Podestplatz - davon siebenmal P2 - weiter auf den ersten Sieg in der Formel E.
Laudenbach: "Druck war da, keine Frage"
Die Statistiken belegen, wie abwechslungsreich und teilweise chaotisch es in der Formel E zugeht. Porsche konnte als 13. Team in der Historie der Meisterschaft ein Rennen gewinnen - und dafür war es auch dringend an der Zeit, wie der neue Motorsport-Chef Thomas Laudenbach im Anschluss einräumte.
"Dieser Sieg ist zweifellos sehr wichtig", wurde der Nachfolger von Fritz Enzinger in einer Porsche-Pressemitteilung zitiert. "Der Druck war da, keine Frage. Es hat länger gedauert bis zu diesem ersten Erfolg, als wir uns das erhofft hatten. Insofern ist die Erleichterung groß, dass wir es jetzt geschafft haben."
Porsche ohne Vorerfahrung in die Formel E
Dem Mercedes-Werksteam gelang der Gewinn der Fahrer- und Team-Weltmeisterschaft bereits in der zweiten Saison. Aber: Die Silberpfeile schickten 2018/19 den langjährigen Partner HWA mit einem Privatteam als Vorhut ins Rennen, um sich mit den ungewöhnlichen und stressigen Abläufen in der Formel E vertraut machen zu können. Und Audi übernahm erst zur Saison 2018 werksseitig von Gründungsmitglied Abt Sportsline, der sofortige Gewinn des Team-Titels war die Folge.
Porsche verzichtete auf diese Möglichkeit und stieg zur Saison 2019/20 direkt als vollwertiges Werksteam ein, das zu Teilen aus Mitarbeitern des höchst erfolgreichen LMP1-Programmes hervorging. Lotterer bescherte Porsche beim Debüt zwei Podestplätze und eine Pole Position, Teamkollege Wehrlein folgte zur Saison 2020/21 als spektakulärer Neuzugang von Mahindra auf den Schweizer Neel Jani.
Porsche: "Mosaikstückchen" machen den Unterschied
"Wir haben in Mexiko nichts komplett anders gemacht als in den bisherigen Rennen, haben aber ein paar Mosaiksteinchen hinzugefügt, die den Unterschied ausmachten", sagte Laudenbach. "Für uns geht es jetzt darum, das in dieser Saison immer wieder zu schaffen." Damit spielte er sicherlich auch auf den neuen Projektleiter Florian Modlinger an, der seit Mexiko neben seinen weiteren Tätigkeiten auch die Einsatzleitung an der Strecke übernommen hat.
Nach den ersten drei Saisonrennen in Saudi-Arabien und Mexiko-City hat Porsche mit 60 Punkten den dritten Platz in der Team-Wertung übernommen. Spitzreiter bleibt Mercedes-Kundenteam Venturi (Edo Mortara/Lucas di Grassi) mit 68 Zählern vor dem Silberpfeil-Werksteam (Nyck de Vries/Stoffel Vandoorne), das bislang 66 Meisterschaftspunkte sammeln konnte.
Porsche-Plan: Rennen gewinnen und um WM mitfahren
Laudenbachs 'Fahrplan' für den weiteren Verlauf der Saison 2022, der letzten mit dem aktuellen Gen2-Rennwagen: "Ich hoffe natürlich, dass wir uns jetzt in der Spitze etablieren können, was für mich bedeutet, dass wir in dieser Saison schon noch weitere Rennen gewinnen. Doch das ist nicht so leicht in diesem extrem engen Feld. Für mich ist wichtig, dass wir regelmäßig Punkte holen und um den Weltmeistertitel mitfahren. Eine Dominanz wird es jedoch nicht geben, von keinem Team. Nicht in dieser Serie."
Unter Experten zählt Porsche seit geraumer Zeit zu den Titelkandidaten, nun scheint der Knoten auch endlich geplatzt zu sein. Von einem größeren Druck angesichts der aussichtsreichen Ausgangslage wollte Laudenbach allerdings nicht sprechen: "Für uns geht es jetzt darum, konsequent fortzusetzen, was wir auf den Weg gebracht haben. Wenn wir das schaffen, bin ich schon sehr zufrieden."
Das sagt Laudenbach zur Porsche-Teamorder
Das schließt auch eine weitere Zusammenarbeit von Wehrlein und Lotterer auf der Rennstrecke ein. Seit Jahren gilt Energie-sparendes Teamwork als Erfolgsschlüssel in der Formel E, bei Testfahrten übten die Teams sogar das Windschatten-Fahren. Und wer konnte es Porsche verdenken, in Mexiko durch einen offenen Kampf der eigenen Piloten den sicheren und ersten Sieg zu riskieren?
Laudenbach: "Obwohl er noch ein bisschen mehr Energie hatte als Pascal, hat Andre in dieser Situation zurückgesteckt. Er ist ein Teamplayer, das war für ihn selbstverständlich. Ich rechne ihm das sehr hoch an und habe mich auch persönlich bei ihm bedankt. Sollte die Situation irgendwann in dieser Saison mal andersherum sein, werden sich die beiden genauso verhalten. Sie sind Teamkollegen, diese Haltung erwarten wir von ihnen. Das ist die Art und Weise, wie wir bei Porsche miteinander umgehen."
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