Mit den offiziellen Testfahrten in Valencia hat die Formel E den Auftakt in ihre achte Saison eingeläutet. Rund einen Monat vor dem Saisonstart in Saudi-Arabien (28./29. Januar 2022) bereiten sich die elf Teams auf dem Circuit Ricardo Tormo erstmals gemeinsam vor und testen ihre Autos sowie teilweise Neuzugänge in den Cockpits.

Erstmals nutzt die Formel E bei ihren Testfahrten das 3,376 Kilometer lange Streckenlayout, das schon beim diesjährigen Valencia ePrix zum Einsatz kam. Am Montag hatten die Teams erstmals die Gelegenheit, ihre Boliden - wegen des Entwicklungsstopps die Fahrzeuge aus der Vor-Saison - auf Herz und Nieren zu überprüfen.

Die Aussagekraft der Rundenzeiten hält sich wie zumeist bei Testfahrten in Grenzen. Zum Auftakt des dreitägigen Tests am Montag waren die Piloten aber zumindest nicht weit entfernt von den besten Zeiten, die während des Valencia-Rennwochenendes erzielt worden waren. In der verkürzten Session am Nachmittag sicherte sich Robin Frijns die Tagesbestzeit. Der Envision (ehemals Virgin)-Pilot benötigte 1:26.968 Minuten für seine schnellste Runde.

Damit war der Niederländer rund eine halbe Sekunde langsamer als die Pole-Zeit am Rennwochenende, die Antonio Felix da Costa (1:26.522 Minuten) seinerzeit aufgestellt hatte. Die beiden DS Techeetah legten auch beim Test wieder ordentlich vor: Der zweifache Champion Jean-Eric Vergne und Teamkollege Felix da Costa belegten die Plätze zwei und drei in der Zeitenliste. Dabei war der Portugiese in 1:27.143 Minuten nur 0,02 Sekunden langsamer als Vergne.

"Wir sind nicht hier, um teilzunehmen, sondern, um zu gewinnen", schickte 2020-Champion Felix da Costa am Montag schon einmal eine Kampfansage in Richtung der Konkurrenz. "Wir wissen, dass wir gegen viele tolle Teams und Fahrer antreten. Deshalb müssten wir unser Allerbestes abliefern. Ich denke aber, dass wir gewinnen können."

Envision und Techeetah auf den Spitzenplätzen

Envision und Techeetah teilten sich am Montag die Spitzenplätze: Frijns' Teamkollege Nick Cassidy ordnete sich mit einer persönlichen Bestzeit von 1:27.154 Minuten auf der vierten Position in der Zeitenliste ein. Die Top-4 erzielten ihre Bestzeiten jeweils am Nachmittag innerhalb der ersten 90 Minuten, bevor die Formel E erstmals eine Simulation des neuen Qualifying-Formats durchführte. Diese Zeiten flossen nicht in die offizielle Zeitnahme mit ein.

Bevor die zweite Hälfte des Tages anbrach, legte die Formel E während der Mittagspause eine Schweigeminute für den am Sonntag verstorbenen Sir Frank Williams ein. Das Unternehmen der Formel-1-Legende war und ist eng mit der Elektro-Rennserie verbandelt: Williams Advanced Technologies entwickelte die Einheitsbatterien in den ersten vier Saisons und ist ab Saison 2023 zusammen mit der Gen3-Ära wieder mit an Bord.

Sam Bird gelang es bereits am Vormittag, eine recht schnelle Rundenzeit einzulegen: Seine 1:27.169 führte den Jaguar-Piloten auf den fünften Platz im Rundenzeitentableau. Porsche-Werksfahrer Andre Lotterer komplettierte die Top-6 mit einer 1:27.198. Landsmann und Teamkollege Pascal Wehrlein fuhr seine persönliche Bestzeit in 1:27.839 Minuten. Maximilian Günther, der dritte Deutsche im Bunde und inzwischen für Nissan tätig, erzielte eine 1:27.690.

Die Top-10 des Tages komplettierten Mitch Evans (Jaguar, 1:27.262), Venturi-Neuzugang Lucas di Grassi (1:27.270), dessen Teamkollege und Vize-Weltmeister Edoardo Mortara (1:27.415) sowie Jake Dennis (1:27.459) im Andretti-Boliden, der weiter einen BMW-Kundenmotor an Bord hat.

Erster Dragon-Auftritt für Giovinazzi

Der wohl spektakulärste Neuzugang im Starterfeld, Formel-1-Aussteiger Antonio Giovinazzi, ließ es zum Auftakt eher ruhig angehen. In seinem Dragon-Boliden umrundete der Italiener den Kurs vormittags in 1:28.602 Minuten, nachmittags erzielte er seine persönliche Bestzeit in 1:30.136 Minuten. Am Nachmittag lagen Nyck de Vries und Stoffel Vandoorne aus dem Weltmeister-Team von Mercedes sogar noch hinter Giovinazzi auf den letzten Plätzen.

Bei Mercedes hat sich während der kurzen Sommerpause einiges getan. Das Team hat sich von HWA getrennt und ist komplett nach Brackley umgezogen. Wie es nach dem angekündigten Werksausstieg weitergeht und ob Teile des Teams in anderer Form in der Formel E bleiben, ist noch nicht bekannt.

"Dahinter steckt ein Langzeitplan, um weiter erfolgreich zu sein", sagte Mercedes-Teamchef Ian James am Montag während einer Pressekonferenz mit Blick auf den Umzug nach Großbritannien. "Wir haben die Operationen in Brackley jetzt abgeschlossen. Das Kern-Team bleibt, ein paar neue Gesichter sind hinzugestoßen. Wir haben eine gewisse Zuversicht für die Testfahrten, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail."

Am Dienstag beginnt um 09:00 Uhr der zweite Testtag auf dem Circuit Ricardo Tormo. Spitzenreiter Frijns muss sein Cockpit für einen Tag räumen, Envision gibt stattdessen der aus der W Series bekannten Alice Powell eine Einsatzgelegenheit. Nach einem fahrfreien Medien-Tag am Mittwoch erhalten die Teams am Donnerstag letztmals die Gelegenheit, ihre Fahrzeuge auf der realen Rennstrecke für den Saisonbeginn vorzubereiten.