Jetzt lernt Daniel Abt die andere Seite kennen. Der Kemptener absolvierte zum Auftakt des großen Saisonfinale der Formel E die ersten beiden Rennen für sein neues Team NIO. Und stellte anschließend fest: "Wir wissen, dass es gegen die großen Hersteller hart ist."

In den beiden ePrix auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof belegte der Neuzugang die Plätze 18 und 16. Ein Achtungserfolg: Im zweiten Rennen am Donnerstagabend landete er zwei Positionen vor seinem Teamkollegen Oliver Tuvey, der das chinesische und vergleichsweise Team seit Jahren in- und auswendig kennt.

Dass Abt es bei der Mannschaft, die zu dieser Saison einen großen internen Umbruch erlebte, nicht leicht haben würde bei seinem Heimrennen, war ihm bewusst. Nur bei einem Test konnte er sich auf den ungewohnten Boliden und die im Vergleich zu Audi unterschiedlichen Abläufe einschießen.

"Das Rennen war ziemlich gut", sagte Abt am Donnerstagabend. "Wir wissen, was wir können und in welchem Bereich wir uns mit dem Wagen in Sachen Effizienz bewegen. Wenn man das hinzuzieht, hatte ich ein gutes Gefühl. Die Strategie war nicht so clever in ein paar Bereichen, da können wir uns noch verbessern."

Während einige Top-Teams die Corona-Zwangspause genutzt haben, um große Fortschritte mit ihrem Gesamtpaket zu erzielen, hielten sich bei NIO die Sprünge eher in Grenzen. Der einzige Gegner auf der Strecke bleibt das Hinterbänkler-Team Dragon von Jay Penske. Positiv aber: Abt und Teamkollege Turvey sahen in beiden Rennen die Zielflagge und konnten dadurch weitere Daten sammeln.

"Mit ein bisschen Glück können wir Punkte holen", blickte Abt auf die anstehenden vier Rennen in Berlin voraus - es wären die ersten für NIO in der laufenden Saison. Der 27-Jährige weiter: "Wir müssen in unserer Position immer wieder etwas probieren, auch bei der Software. Aber damit hatte ich Probleme und deshalb nicht das volle Vertrauen im Qualifying. Im Rennen sind wir zu dem zurückgegangen, was wir gestern hatten. Damit fühlte ich mich wohler."

NIO hofft nun darauf, durch die gesammelten Erkenntnisse in Berlin einen Fortschritt für die kommenden Rennen unter ähnlichen Bedingungen machen zu können. Seit dem Saisonbeginn erfuhr das Auto zahlreiche Änderungen, die jedoch selten ausgiebig getestet werden konnten. Da tat sich selbst Turvey schwer, der in den vergangenen Saisons zumindest das eine oder andere Highlight setzen konnte.

"Wir sind in keiner einfachen Position", wusste Abt, der zuvor 63 Rennen für Audi in der Formel E bestritten hatte, bis er in Folge des berüchtigten Computerspiel-Eklats vor die Tür gesetzt worden war. "Wir haben gesehen, dass einige Teams in den vergangenen Monaten riesengroße Fortschritte gemacht haben. Wir sind auch vorangekommen, verfügen aber über ganz andere Ressourcen. Wir haben viele gute Leute, aber du kannst nicht alles auf den Kopf stellen."

Der Arbeitgeber ist neu, die Fan-Gemeinde bleibt: Abt zählte in beiden Rennen zu den Gewinnern des Fanboost-Votings, bei dem Fans ihren Lieblingsfahrer mit einem zusätzlichen Boost von 250 kW unterstützen können.