Lucas di Grassi bleibt der Mann für die magischen Mexiko-Momente. In einem schier unglaublichen Finish sicherte sich der Audi-Pilot seinen zweiten Sieg im Autodromo Hermanos Rodriguez nach 2017. Spannender hätte di Grassi seinen ersten Saisonerfolg nicht machen können: Wenige Meter vor dem Überqueren der Ziellinie stibitzte er Pascal Wehrlein den ersten Platz weg.

Als der deutsche Formel-E-Rookie wenige Meter vor dem Ende vom Gas gehen musste, weil er fast keine Energie mehr in seinem Mahindra-Rennwagen übrig hatte, nutzte di Grassi diesen Moment, scherte aus, zog an Wehrlein vorbei und machte den nicht mehr geglaubten Sieg auf der verkürzten Formel-1-Strecke perfekt.

"Das war wahrscheinlich das beste Rennen meiner Formel-E-Karriere", sagte di Grassi. Der Brasilianer und Mexiko - es bleibt eine verrückte Geschichte. 2016 bei der ersten Auflage des Amerika-Rennens überquerte er die Ziellinie bereits als Erster, wurde allerdings nachträglich disqualifiziert. Im darauffolgenden Jahr rächte sich der amtierende Vize-Meister und siegte dank überragender Strategie vom 16. Startplatz.

Audi und Mexiko - das passt

Audi und Mexiko - das passt genauso. 2018 gewann di Grassis Teamkollege, Daniel Abt, an gleicher Stelle sein erstes Rennen in der Formel E. Damit überquerte bei den bisherigen vier Mexiko-Rennen stets ein Audi-Fahrer die Ziellinie als Erster. Doch so dramatisch wie beim diesjährigen ePrix war es noch nie zuvor.

"Derart knappe Entscheidungen sind nicht gut für mein Herz", scherzte Audi-Teamchef Allan McNish nach dem atemberaubenden Finish. Audi-Motorsportchef Dieter Gass stimmte in den Jubel-Reigen ein: "Es war ein unglaubliches Rennen mit einem unglaublichen Finale. Ein solches Überholmanöver praktisch auf der Ziellinie habe ich noch nie gesehen."

Formel E: Das verrückte Finish beim Mexiko ePrix 2019 (04:40 Min.)

Energie-Fuchs Lucas di Grassi

Di Grassi stellte wieder einmal unter Beweis, dass er als einer der cleversten Fahrer in der Elektro-Rennserie gilt. Während neben Wehrlein auch den zunächst gut platzierten Nissan-Fahrern Sebastien Buemi und Oliver Rowland am Ende die Energie ausging, legte di Grassi ein perfektes Energie-Management an den Tag. Beim Zieleinlauf hatte er genau 1 Prozent in seiner Batterie übrig.

Di Grassi: "Am Anfang ging es darum, cool zu bleiben und Energie zu sparen. Am Ende darum, die Überholmanöver richtig zu setzen, denn das Überholen ist in Mexiko-Stadt extrem schwierig. Oliver Rowland habe ich mir geschnappt, als er sich den Attack Mode abgeholt hat. Pascal Wehrlein hat sich danach überaus aggressiv verteidigt. Trotzdem ist es mir gelungen, ihn in einer verrückten letzten Runde noch zu überholen und mir so den Sieg zu sichern."

Schon wieder Wehrlein...

Di Grassi und Wehrlein - das passt noch nicht so recht. Der Brasilianer übte in der letzten Runde derart großen Druck auf den Führenden Mahindra-Rookie aus, sodass dieser in der Schikane abkürzte und sich dadurch einen Vorteil verschaffte. Dafür brummte ihm die Rennleitung nachträglich eine 5-Sekunden-Strafe auf, die Wehrlein vom zweiten bis auf den sechsten Platz zurückwarf.

Di Grassi und Wehrlein waren schon in Marrakesch aneinandergeraten. In der chaotischen Startphase erwischte der Audi-Star seinen Mahindra-Rivalen am Heck und sorgte dadurch für dessen frühen Ausfall. Diesmal blieb eine Kollision aus, doch erneut war Wehrlein der große Verlierer dieses Duells.

Audi feiert seinen dritten Mexiko-Sieg innerhalb von vier Jahren, Foto: Audi Communications Motorsport
Audi feiert seinen dritten Mexiko-Sieg innerhalb von vier Jahren, Foto: Audi Communications Motorsport

Abt: Preis für Fehler bezahlt

Di Grassi rückt nach seinem neunten Sieg in der Formel E auf den vierten Platz in der Meisterschaft nach vorne. Sein Rückstand auf Spitzenreiter Jerome D'Ambrosio (Mahindra) beträgt 19 Punkte. Audi-Teamkollege Abt belegt den elften Gesamtrang mit 22 Zählern. Der Kemptener und Vorjahres-Sieger erzielte den zehnten Platz, nachdem er das Rennen aus der letzten Startreihe hatte aufnehmen müssen.

Zuvor im Qualifying hatte sich Abt einen Fahrfehler geleistet. "Dafür habe ich im Rennen den Preis bezahlt", sagte er nach seiner vierten Punktefahrt in der Formel-E-Saison 2018/19, die am 10. März in Hongkong in die fünfte Runde geht.