Seit Wochen hatten sich die Anzeichen verdichtet, jetzt ist es offiziell: Susie Wolff übernimmt mit sofortiger Wirkung die Rolle als Teamchefin des Formel-E-Rennstalls Venturi. Zudem beteiligt sich die Ehefrau von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff als Anteilseignerin des Rennstalls. Das gab Susie Wolff an diesem Dienstag offiziell bekannt.

Nach der Verpflichtung von Ex-Formel-1-Pilot Felipe Massa zur kommenden Saison ist Venturi ein weiterer medialer Coup gelungen. Etwas kurios: Wolff wird künftig die Chefin von Massa sein, nachdem sich die beiden aus gemeinsamen Williams-Zeiten kennen, wo Susie bis Ende 2015 als Ersatzfahrerin angestellt war. Danach hatte sie ihre aktive Karriere beendet.

"Als ich 2015 entschieden habe, als professionelle Rennfahrerin aufzuhören, wusste ich, dass ich mit dem Motorsport weitermachen möchte - nur nicht hinterm Lenkrad", sagte Wolff bei ihrer Venturi-Vorstellung. "Du kannst deine konkurrenzfähigen Instinkte nicht einfach abschalten, wenn du aufhörst, zu fahren. Diese Hingabe und Verlangen brennen weiter in mir."

Was sind die Hintergründe?

Wolff war bei vielen Rennen der laufenden Formel-E-Saison vor Ort, zuletzt in Berlin wurde sie von Ehemann Toto Wolff begleitet. Beim deutschen Rennen wurde sie auch wieder in der Venturi-Box gesichtet. Die Gerüchte über ihren Einstieg in die Formel E gab es schon länger. Die genauen Hintergründe über ihren neuen Job sind unterdessen noch nicht ganz klar.

Der schwerreiche Teambesitzer Gildo Pastor sagte nun: "Ihre Energie und ihre Expertise werden uns dabei helfen, das Team weiter zu verstärken und eine neue Herangehensweise im Management einzuführen. Dank ihrer persönlichen Erfahrung hat Susie einen einzigartigen strategischen Blick auf das Team, die Meisterschaft und den Motorsport im Allgemeinen. Sie wird das Venturi-Team sicherlich an die Spitze führen."

HWA wird Venturi-Kundenteam

Nicht ganz unpassend in dieser Konstellation: Ab der kommenden Saison wird Venturi das Neueinsteiger-Team HWA mit Kundenautos beliefern. Das Unternehmen, das seit vielen Jahren für Mercedes die DTM-Einsätze durchführt, hat nach dem Mercedes-Ausstieg aus der DTM eine neue Beschäftigung gefunden. In der darauffolgenden Saison 6 wird dann Mercedes als Werksteam übernehmen.

Dass Susie Wolff neben ihrer Rolle als Teamchefin auch noch als Anteilseignerin einsteigt, freut Venturi-Boss Pastor: "Das zeigt ihr unerschütterliches Commitment und das erwärmt mein Herz. Venturi und das Venturi Formel-E-Team sind stolz, Susie zu einem Schlüssel-Zeitpunkt in der Geschichte des Unternehmens zu begrüßen."

Dillmann ersetzt Mortara

Beim diesjährigen Saisonfinale in New York am 14. und 15. Juli muss Venturi erneut Edoardo Mortara ersetzen. Der eigentliche Stammfahrer startet stattdessen mit Mercedes in der DTM, wo er aktuell den zweiten Platz in der Meisterschaft belegt. Ihn vertreten wird wie schon in Berlin der Franzose Tom Dillmann. Maro Engel besetzt wie gewohnt das zweite Venturi-Cockpit.

"Ich wusste von Beginn an, dass für mich die DTM Priorität gegenüber der Formel E genießt", sagt Mortara. "Traurig bin ich nicht, dass ich das Formel-E-Saisonfinale in New York wegen der DTM in Zandvoort verpassen werde. In der DTM habe ich ja viel bessere Aussichten auf die Meisterschaft als in der Formel E. Ehrlich gesagt, bin ich wegen der Formel E aber etwas frustriert. Ich bin sicher, dass wir bessere Ergebnisse hätten erzielen können. Leider kam an einigen Rennwochenenden etwas dazwischen, das uns Punkte gekostet hat. Hoffentlich bekomme ich in Zukunft eine weitere Chance, aber aktuell ist das kein Thema für mich und ich konzentriere mich voll auf die DTM."

Susie und Ehemann Toto Wolff bei der Formel E in Berlin, Foto: LAT Images
Susie und Ehemann Toto Wolff bei der Formel E in Berlin, Foto: LAT Images

Das ist Susie Wolff

Berühmt wurde Susie Wolff durch ihre Zeit mit Mercedes in der DTM. Zwischen 2006 und 2012 startete sie bei 71 Rennen für die Marke mit dem Stern. Sie erzielte vier Punkte und zwei siebte Plätze als besten Ergebnisse. 2013 fuhr Wolff ihren ersten Formel-1-Test für den Williams-Rennstall, an dem Ehemann Toto Wolff damals beteiligt war. 2013 bis 2015 war sie Test- und Ersatzfahrerin des Teams.

2014 nahm Wolff bei den Grands Prix von Großbritannien und Deutschland jeweils am ersten Training teil und wurde damit die erste Fahrerin nach Giovanna Amati 1992, die an einem Formel-1-Wochenende zum Einsatz kam. Ende 2015 beendete Wolff ihre Karriere als aktive Rennfahrerin und widmete sich anderen Projekten. Unter anderem setzt sie sich als FIA-Botschafterin für mehr Frauen im Motorsport ein.