Sie sind die beiden Superstars der Formel E: Lucas di Grassi und Sebastien Buemi. Seit dem Beginn der Elektro-Serie vor drei Jahren spielen der Audi-Pilot und sein Rivale von e.dams Renault stets eine entscheidende Rolle beim Kampf um die Meisterschaft. Nach Titelgewinnen steht es 1:1. Die neue Formel-E-Saison beginnt am kommenden Wochenende in Hongkong (2./3. Dezember). Erleben die Fans eine weitere Ausgabe des großen Duells zwischen di Grassi und Buemi?

1. - Die Ausgangslage

Der amtierende Champion Lucas di Grassi und Vorgänger Sebastien Buemi starten auch in die vierte Saison der Formel E als große Favoriten. In den vergangenen beiden Saisons gaben die Rivalen deutlich den Ton an und machten die Meisterschaft unter sich aus. Der Titelfight wurde jeweils denkbar knapp beim Saisonfinale entschieden, 2015/16 waren im letzten Rennen von London sogar die Extra-Punkte für die schnellste Rennrunde entscheidend.

Beide Fahrer haben sich zum Ziel gesetzt, erster Zweifach-Champion in der Geschichte der Formel E zu werden. In Saison 1 schnappte sich Nelson Piquet Junior den Titel, Buemi und di Grassi folgten auf den Plätzen zwei und drei. Der diesjährige Auftakt in Hongkong, wo erstmals zwei Rennen am Wochenende ausgetragen werden, dürfte ein Fingerzeig für den weiteren Verlauf der Saison 2017/18 werden.

Audi hat inzwischen di Grassis Abt-Team komplett übernommen, was dem Brasilianer grundsätzlich noch bessere Chancen auf die Meisterschaft einräumen sollte. Auf der anderen Seite hält Buemi e.dams Renault auch im vierten Jahr die Treue. Audi und Renault sind die beiden einzigen Teams in der Formel E, die seit der 1. Saison mit unveränderten Fahrer-Paarungen antreten.

2. - Die Statistik

Lucas di Grassi und Sebastien Buemi sind das Nonplusultra in der Formel E. Die beiden Superstars belegen in allen wichtigen Statistiken die ersten Plätze. Dabei sticht Buemis Siegquote deutlich hervor. Der Renault-Pilot gewann 12 der 31 Rennen, die er bisher gefahren ist. Damit führt er die ewige Siegerliste vor di Grassi an, der mit 6 Siegen aus 33 Rennen den zweiten Platz belegt.

Bei den Podestplätzen hat der Brasilianer die Nase vorn. 20 Mal fuhr di Grassi aufs Podium und damit in 60,61 Prozent aller Rennen. Buemi überzeugte allerdings kaum weniger mit konstant guten Leistungen und fuhr 17 Mal unter die besten Drei. Di Grassi (567 Punkte) führt auch die ewige Punkteliste mit leichtem Vorsprung auf Buemi (455) an. Die Pole-Statistik geht unterdessen deutlich an Buemi mit insgesamt 9 Pole Positions. Di Grassi fuhr nur 3 Mal auf den ersten Startplatz, der in der Formel E zusätzlich mit drei Extra-Punkten belohnt wird.

Di Grassi vs. Buemi - direkter Vergleich

Statistik Lucas di Grassi Sebastien Buemi
Rennen 33 31
Siege 6 12
Podestplätze 20 17
Pole Positions 3 8
Schnellste Runden 1 7
Führungsrunden 217 374
Punkte 467 455
Meisterschaften 2016/17 2015/16

3. - Die bisherigen Titel-Duelle

Unvergessen bleibt das Finale 2015/16 in London. Di Grassi reiste mit einem Punkt Vorsprung auf Buemi zum Battersea Park. Nach einem regnerischen Qualifying fuhren di Grassi und Buemi aus dem Mittelfeld auf die Plätze 4 und 5, womit di Grassis Vorsprung auf drei Punkte anwuchs. Am Sonntag sicherte sich Buemi die Pole und damit 3 Extra-Punkte - Gleichstand mit di Grassi! Im Rennen knallte der von Platz 3 gestartete di Grassi in der ersten Runde in Buemis Heck. Beide Autos waren zerstört, schafften es aber gerade noch an die Box. Von dort aus lieferten sich di Grassi und Buemi mit ihren zweiten Autos ein Fernduell um die schnellste Rennrunde und somit die entscheidenden 2 Extrapunkte. Kurz vor Schluss gelang Buemi eine Fabelrunde und er kürte sich mit einer halben Sekunde schnelleren Runde zum Champion.

Genauso spektakulär war das Finale 2016/17 in Montreal. Während der Saison sah Buemi wie der sichere Meister aus, führte zeitweise mit 43 Punkten Vorsprung auf di Grassi. Dramatisch wurde es zum Saisonende hin, als Buemi das Doppel-Rennen in New York verpasste, weil er für Toyota in der WEC fahren musste. Di Grassi gelang es, 20 Punkte auf den Gesamtführenden gutzumachen. Mit 10 Zählern Rückstand reiste er zum Finale nach Kanada.

In Montreal lief dann für Buemi so ziemlich alles schief. Im zweiten Training knallte der Renault-Pilot böse in die Mauer, was einen Batterie-Wechsel und zehn Strafplätze nach sich zog. Im Samstagsrennen kämpfte sich Buemi auf Platz vier nach vorne, wurde wegen eines zu leichten Autos aber nachträglich disqualifiziert. Di Grassi übernahm die Gesamtführung mit einem Start/Ziel-Sieg und ließ mit nun 18 Punkten Vorsprung im letzten Rennen nichts mehr anbrennen. Platz sieben reichte ihm locker zum Titelgewinn, Buemi wurde nur Elfter.

Schon das Finale der ersten Formel-E-Saison 2014/15 war an Dramatik kaum zu überbieten gewesen. Nelson Piquet Junior reiste mit 17 Punkten Vorsprung auf Lucas di Grassi und 23 Zählern vor Sebastien Buemi zum Finale nach London. Buemi gewann das erste Rennen im Battersea Park und verkürzte den Rückstand zum Fünftplatzierten Piquet auf 5 Punkte. Im Sonntagsrennen versuchte Buemi alles, um Vordermann Bruno Senna den vierten Platz abzujagen. P4 hätte rückblickend zum Titelgewinn gereicht, weil Piquet nur Siebter wurde. So sorgte ausgerechnet ein Senna dafür, dass ein Piquet Meister wurde... Am Ende hatte Piquet 144 Punkte auf dem Konto, Buemi 143. Di Grassi fuhr am Sonntag hinter Buemi und vor Piquet auf den sechsten Platz und wurde Gesamtdritter.

4. - Die Teams und Teamkollegen

e.dams Renault unter der Leitung von Formel-1-Legende Alain Prost ist in der Formel E das Maß der Dinge. Die Franzosen gewannen in allen drei Saisons die Team-Meisterschaft mit Sebastien Buemi und Teamkollege Nico Prost. Audi-Abt landete in den letzten beiden Saisons stets dahinter auf dem zweiten Platz. In ihren jeweiligen Teams sind Buemi und di Grassi die klare Nummer 1 vor Prost beziehungsweise Daniel Abt. Prost erzielte in den ersten beiden Saisons 3 Siege und insgesamt 5 Podestplätze, 2016/17 ging er allerdings leer aus. Ähnlich erging es auf der Gegenseite Abt, der in den ersten beiden Saisons 4 Podiumsplatzierungen sammelte.

Im Vergleich zu Prost wird dem 12 Jahre jüngeren Abt allerdings wesentlich mehr Potenzial eingeräumt. In Saison 4 könnte er sogar zur Gefahr für seinen Teamkollegen und Messlatte di Grassi werden. Szene-Experten schätzen den jungen Abt, der nicht selten vom Pech verfolgt war, hoch ein. Audi stattete ihn im Rahmen der Teamübernahme mit einem Werksfahrer-Vertrag aus. Umso mehr muss Abt jetzt zeigen, dass er mit einem vermutlich starken Auto auch Rennen gewinnen kann.

5. - Der Ausblick

Lucas di Grassi und Sebastien Buemi dürften auch in der Saison 2017/18 wieder ein Wörtchen bei der Titelvergabe mitsprechen. Audi und Renault gelten weiter als die stärksten Teams im Feld und hinterließen bei den Testfahrten in Valencia durchweg einen guten Eindruck. Die Rundenzeiten bei den Tests können getrost vernachlässigt werden, doch gerade das Audi-Werksteam wirkte äußerst zuverlässig. Gute Voraussetzungen also für di Grassi und Buemi.

Aber: Vermutlich wird das Feld in der 4. Saison noch ein Stück weit enger zusammenrücken. Das Reglement blieb während der Sommerpause größtenteils stabil, sodass Teams wie Mahindra mit Nick Heidfeld am Steuer gute Chancen haben, Audi und Renault noch gefährlicher zu werden. Auch mit Virgin und Sam Bird ist zu rechnen ebenso wie mit dem Jaguar-Werksteam, das vor seiner zweiten Saison in der Formel E steht und sich mit Nelson Piquet Junior prominent verstärkt hat.