In ihren sieben Saisons hat die Formel E schon einige verrückte Zieleinläufe erlebt. So auch am Samstag in Valencia, als Nyck de Vries kurz vor dem Finish den Sieg von Antonio Felix da Costa erbte. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die packendsten Zieleinläufe in der Geschichte der Elektro-Rennserie.

Valencia 2021: Dem halben Feld geht die Energie aus

Der Valencia ePrix war von Beginn an ein ungewöhnliches Event der Formel E. Erstmals reiste die Rennserie an eine ausschließlich permanente Rennstrecke, um dort Rennen auszutragen. Aufgrund der Streckencharakteristik - sie ist flüssiger als die Stadtkurse, was die Rekuperation erschwert - wussten die Teams, dass das Energiemanagement eine entscheidende Rolle bei der Renntaktik einnehmen würde.

Das Rennen fand bei nassen Streckenbedingungen statt. Auf den Start hinter dem Safety Car folgten vier Safety-Car-Phasen. In SC-Phasen wird den Fahrern 1 kWh pro Minute von ihrem Energiekontingent abgezogen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Piloten nach einer Neutralisation ins Ziel fahren können, ohne auf den Energieverbrauch achten zu müssen. Der Abzug war in Valencia so groß, dass zahlreichen Fahrern in der letzten Rennrunde die Energie ausging.

Antonio Felix da Costa, der das Rennen von der Pole Position aus in Angriff nahm und es bis zum Beginn der letzten Runde anführte, traf es am schlimmsten. Er rollte langsam um die Strecke, schaffte es mit einer Minute Rückstand ins Ziel. Sein Teamkollege Jean-Eric Vergne schlich mit mehr als vier Minuten Rückstand über die Ziellinie.

Fahrer wie Nyck de Vries, Nico Müller und Rene Rast profitierten von dem reglementbedingten Energieabzug. Sie waren im Rennverlauf sparsamer unterwegs und konnten das Rennen mit mehr Restenergie beenden und so in der Schlussphase viele Positionen gutmachen.

Als ob dieses Chaos im Rennen noch nicht genug gewesen wäre, ging es später mit zahlreichen Entscheidungen der Stewards weiter. Unter anderem wurden drei Fahrer wegen eines zu hohen Energieverbrauchs disqualifiziert. Damit schafften es lediglich neun Piloten in die Wertung.

Formel-E-Farce in Valencia: Highlights des Chaos-Rennens: (05:00 Min.)

Paris 2018: Bird mit drei Rädern aufs Podest

Der Paris ePrix sorgt im April 2018 für ein spektakuläres 'Foto-Finish'. Auf dem Weg zum Techeetah-Doppelsieg führt Jean-Eric Vergne vor Andre Lotterer. Doch Lotterer muss sich gegen Lucas di Grassi wehren. Während Vergne den Sieg heimfährt, überschlagen sich dahinter die Ereignisse!

Als die Kamera von Sieger Vergne umschwenkt, erscheint nicht Lotterer im Bild, sondern erst di Grassi und dann Sam Bird - und das mit nur drei Rädern! So kam es zum Dreirad-Finish: Lotterer geht auf den letzten Metern die Energie aus. Di Grassi kommt geradeso vorbei, Bird nicht und kracht Lotterer voll ins Heck. Verrückt: Auf drei Rädern rettet sich der Brite ins Ziel und aufs Podium!

Formel E Paris 2018: Video-Wiederholung der Renn-Highlights: (05:02 Min.)

Hongkong 2017: Abt erbt und verliert doch den Sieg

Es hätte alles so schön sein können: Daniel Abt feiert beim Sonntags-Rennen in Hongkong 2017 seinen ersten Sieg in der Formel E - an seinem 25. Geburtstag. Doch einige Stunden nach Rennende die große Enttäuschung: Abts Audi wird wegen falschen Eintragungen im Wagenpass disqualifiziert. Bis heute eine kontroverse Entscheidung der FIA.

Vorrausgegangen war ein irres Finish: Formel-E-Rookie Edoardo Mortara führt das Rennen drei Runden vor Schluss an, bevor er sich urplötzlich dreht und den Sieg wegwirft. Der geht später an Felix Rosenqvist - den Pole-Setter, der ebenfalls wegen eines Drehers direkt nach dem Start bis auf die elfte Position zurückfällt! Dass er später den Sieg von Abt erben sollte, kann der Schwede selbst kaum glauben.

Rosenqvist schien den Sieg schon in der ersten Kurve verloren zu haben., Foto: LAT Images
Rosenqvist schien den Sieg schon in der ersten Kurve verloren zu haben., Foto: LAT Images

Montreal 2017: Buemi rastet aus

Im Titelduell treffen Lucas di Grassi und Sebastien Buemi in Montreal aufeinander. Im Training fliegt Buemi nach einem Fahrfehler heftig ab, zerstört seinen Renault und muss schließlich vom letzten Platz ins Rennen starten. Buemi schafft es auf einen vierten Platz, während di Grassi den Sieg bejubelt. Und dem Schweizer platzt der Kragen, nach dem Zieleinlauf dreht er richtig auf!

Buemi wütet durch die Boxengasse, das halbe Fahrerfeld bekommt was ab. Zuerst muss der gänzlich unbeteiligte und dementsprechend verdutzte António Félix da Costa dran glauben. Später bekommen auch Robin Frijns und Daniel Abt ihre verbale Abreibung. Buemi bringen die Diskussionen aber nichts: Nach dem Rennen wird er wegen Untergewicht disqualifiziert, der Titel geht an di Grassi.

Buemi legt sich mit dem halben Fahrerfeld an: (02:38 Min.)

London 2016: Finale di Grassi vs. Buemi

Es war das verrückteste Finish und gleichzeitiges Finale in der Geschichte der Formel E. 2016 kämpfen Lucas di Grassi und Sebastien Buemi im Battersea Park von London um den Gewinn der Meisterschaft. Nur drei Punkte trennen die beiden Kontrahenten vor dem großen Finale in der britischen Hauptstadt.

Buemi sichert sich die Pole und zieht nach Punkten gleich, di Grassi lauert auf Rang drei. Beim Start passiert dann das Unglaubliche: Di Grassi rauscht Buemi in der ersten Kurve ins Heck! Beide Fahrer schleppen ihre havarierten Boliden ohne jede Chance auf Punkte in die Box. Di Grassi wäre Meister.

Für Buemi bleibt eine letzte Möglichkeit, den Titel doch noch zu holen: Zwei Punkte gibt es damals für die schnellste Rennrunde. So kommt es zu einem Shoout-Out um den Titel, während auf der Strecke der Kampf um den Rennsieg weitertobt.

Di Grassi legt in der achten Rennrunde vor. Buemi bleibt dagegen im ersten Versuch im Verkehr stecken, schafft im zweiten Anlauf aber die schnellste Rennrunde. Sechs Runden vor Schluss versucht di Grassi zu kontern, muss die Runde aber nach einem Fahrfehler abbrechen. Dem Brasilianer bleibt noch eine Chance, doch er verpasst die Zeit von Buemi um gerade einmal 0,051 Sekunden. So ist es Buemi, der über den Meistertitel jubeln darf.

Peking 2014: Premieren-Crash in der letzten Kurve

Mit einem größeren Knall hätte die Formel E gar nicht in das erste Rennen ihrer Geschichte starten können. Peking, September 2014: Auf dem Kurs rund um das Olympiastadion kämpfen Nick Heidfeld und Nico Prost um den ersten Sieg der Geschichte. Prost liegt in der letzten Runde in Führung, doch Heidfeld wagt vor der Zielkurve noch einen finalen Angriff.

Prost verteidigt sich hart und kollidiert dabei mit Heidfeld. Der Deutsche, damals noch im Venturi unterwegs, überschlägt sich und landet kopfüber auf einer Bande. Glücklicherweise bleibt Heidfeld unverletzt, sagt später mit Blick auf die mediale Aufmerksamkeit: "Was Besseres hätte der Formel E nicht passieren können." Den Sieg in Peking staubt Audi-Pilot Lucas di Grassi ab.

Formel E: Horror-Crash von Nick Heidfeld in Peking: (03:28 Min.)