Es geht weiter! Nach drei Wochen Pause steht der lange ersehnte Europaauftakt der Formel 1 in Barcelona an. Fans wie Beobachter erwarten Verschiebungen, Sprünge und Fortschritte im Feld, neue Teile, Pakete, Upgrades, F-Kanäle, aktive und passive Systeme - ein ganz neues Kräfteverhältnis.

Ob das wirklich so kommt, wird sich erst auf der Strecke zeigen. Immerhin gilt zu bedenken: Wenn alle Teams ungefähr gleiche Schritte machen, verändert sich gar nichts. Teams wie Mercedes GP müssen dafür umso größere Fortschritte erzielen, um den vorhandenen Rückstand plus die zusätzlichen Fortschritte der Topteams auszugleichen.

"Ich denke nicht, dass sich das Bild massiv verschieben wird", glaubt Renault-Ingenieur Alan Permane. Entsprechend betont Norbert Haug: "Unser MGP W01 wird dabei den ersten Schritt signifikanter Veränderungen erhalten, dem in geplantem Rhythmus weitere folgen werden - alle mit der Zielsetzung, ganz an die Spitze des Feldes zu kommen."

Die Silbernen sind es auch, die vor dem fünften Saisonrennen im Mittelpunkt des Interesses stehen - nicht der WM-Leader Jenson Button, nicht der beste Deutsche Sebastian Vettel und auch nicht Ferrari-Pilot Fernando Alonso. Es ist mal wieder Michael Schumacher, der die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Schumacher: Keine Ausreden mehr

Mercedes hat in der Pause keine Kosten und Mühen gescheut, um dem Rekordweltmeister ein besseres Abschneiden als zuletzt zu ermöglichen. Haug versprach, Schumacher mit dem nötigen Material auszustatten, damit er dort fahren könne, wo er hingehöre. Ein neues Aerodynamikpaket, ein längerer Radstand, ein anderes Chassis im Austausch für das angeblich beschädigte bei den letzten Rennen, weniger Untersteuern und vielleicht der viel zitierte F-Kanal sollen dem Silberpfeil Flügel verleihen.

Mit Nico Rosberg hat Michael Schumacher eine hohe Messlatte zu überspringen, Foto: Sutton
Mit Nico Rosberg hat Michael Schumacher eine hohe Messlatte zu überspringen, Foto: Sutton

"Wir freuen uns auf das Ergebnis dieser Arbeit", sagt Ross Brawn. "Aber es ist uns auch klar, dass dies nur ein erster Schritt zur Steigerung unserer Leistungsstärke ist." Entsprechend beugt auch Schumacher vor: Mit dem Beginn der Europasaison werde das Team sehen, wie sich unsere Entwicklungsarbeit im Vergleich zu den anderen Teams auswirke. "Wir werden in Barcelona einen größeren Schritt nach vorne machen, als das bei den Überseerennen davor möglich war, doch es wäre nicht realistisch, uns gleich im Kampf um die Spitze zu erwarten."

Sein erster Gegner heißt ohnehin Nico Rosberg, nicht Button, Alonso oder Vettel. Der junge Deutsche entzauberte den Rekordweltmeister bei den ersten vier Rennen. Acht zu Null ist der Zwischenstand in Qualifying und Rennen. Rosberg gibt sich locker. "Das erste Rennen in Europa ist wie ein zweiter Saisonbeginn und ich will dabei meinen guten Lauf mit zuletzt zwei dritten Plätzen in Folge fortsetzen."

Aber auch er senkt die Erwartungshaltung. "Wir sind noch nicht in der Position, um zu gewinnen", betont er trotz zweier Podestplätze in Folge, den ersten für das neue Mercedes-Werksteam. "Aber natürlich hoffe ich, dass wir den Rückstand auf Red Bull aufholen können."

Favoriten im Schumi-Schatten

Apropos Red Bull: Das Team von Sebastian Vettel hatte bei den ersten vier Rennen eindeutig das schnellste Auto, gewonnen hat es aber nur einmal. "Wir sind nicht weit weg von der Pace, es waren einfach die Umstände", betont Mark Webber. Technische Probleme, Strategiefehlentscheidungen, Wetterkapriolen - all das beeinflusste die Ergebnisse von Webber und Vettel, meistens zum Schlechten.

Die wichtigste Erkenntnis für Vettel lautet: "Unser Auto ist absolut konkurrenzfähig." Mit den neuen Aerodynamikteilen werde man in Barcelona einen weiteren Schritt machen. "Die Frage ist, was machen die anderen?", so Vettel. "Die Zahlen hören sich gut an, aber so lange man es nicht auf der Strecke ausprobiert, weiß man es nicht." Den F-Kanal setzt Red Bull in Barcelona noch nicht ein.

Vettel möchte den Zeigefinger wieder ausfahren, Foto: Sutton
Vettel möchte den Zeigefinger wieder ausfahren, Foto: Sutton

Ferrari hat seine Version des F-Kanals zumindest schon einmal bei einem Aerodynamiktest in Vairano ausprobiert. Wichtiger ist allerdings ein Umbau am Motor: Nach den vielen Motorschäden bei den ersten Rennen erlaubte die FIA der Scuderia, aus Zuverlässigkeitsgründen Verbesserungen am Motor vorzunehmen. Die Probleme sollen nun nicht mehr auftreten. Die Motoren bleiben für Fernando Alonso aber verloren.

Obwohl Red Bull und Ferrari als die schnellsten Teams des Saisonstarts galten und je ein Rennen gewonnen haben, ist es McLaren, das mit zwei Siegen ganz vorne steht. Mit den geplanten Verbesserungen am MP4-25, darunter ein neuer Front- und Heckflügel, möchte das Team in Spanien weiter angreifen.

"Es wäre aber naiv, zu glauben, dass wir damit ganz nach vorne gelangen", sagt Lewis Hamilton im Bewusstsein dessen, dass alle Teams neue Teile mitbringen. "Aber wir sind optimistisch, dass die Verbesserungen uns helfen, die Lücke zur Spitze zu schließen." Teamchef Martin Whitmarsh ist überzeugt: "Zusammen mit den Upgrades für dieses Rennen sehen wir uns in der Lage, unsere Position unter den Führenden zu festigen und hoffentlich den Rückstand zur Spitze zu verringern."