Karun Chandhok macht sich keine Illusionen darüber, was die HRT-Mannschaft am ersten Rennwochenende in Bahrain erreichen kann. Ohne Testfahrten mit völlig neuem Auto rechnet der Inder damit, dass es am Freitag schwer genug werden dürfte, ein paar Runs zu schaffen. "Dieses Wochenende dreht sich nur um Zuverlässigkeit und Kilometer-Sammeln - nicht um Leistung", meinte er gegenüber Autosport. Dennoch musste er gegenüber Colin Kolles, Dallara und allen Ingenieuren den Hut ziehen, denn vor einem Monat sah das Projekt nicht so gut aus. "Sie haben 20-Stunden-Tage eingeschoben, um hierher zu kommen. Es ist ein erster Schritt und ich denke, von Barcelona an können wir sagen, dass unsere Saison wirklich losgeht."

Für Chandhok geht mit dem Saisonstart als Einsatzfahrer ein Traum in Erfüllung. Er hatte im Winter Angebote als Testfahrer mit der Zusicherung von zwei oder drei Testtagen im Jahr. Auch in die GP2 hätte er zurückgehen können, doch er fühlte sich bereit für die Formel 1, auch wenn er voriges Jahr in der GP2 nicht glänzen konnte. "Das lag mehr an den Umständen als an anderen Dingen. Ich hatte persönlich das Gefühl, ich wäre bereit für die Formel 1. Wir haben mit Adrian [Campos] seit unserem Treffen in Valencia voriges Jahr gesprochen und dann sprachen wir mit allen vier neuen Teams und ein paar bestehenden", meinte er.

Erst im Flugzeug realisiert

Er sah 2010 aufgrund der neuen Plätze als seine beste Chance für den Schritt nach oben, denn nach dieser Saison werde das System wieder normal laufen und es werde nur was frei, wenn ein anderer Fahrer nicht ins Jahr 2011 mitgenommen werde, betonte er. Dass er es nun wirklich geschafft hat, realisierte Chandhok erstmals, als er in das Flugzeug nach Bahrain stieg. Denn in den vergangenen Tagen und Wochen hatte er doch viel um die Ohren, um alles auf Kurs zu bringen, nicht nur das eigentliche Engagement, sondern auch Kleinkram wie Helme und derlei Dinge. "Erst als ich im Flugzeug war, sank es so richtig ein - vor allem wenn man all die anderen Team-Mitarbeiter im Flugzeug sieht. Jetzt sind wir hier, es ist recht nett. Der gleiche Sicherheitsmann, der mich voriges Jahr von der Straße verwiesen hat, um in der Wüste zu parken, hat mich heute durch das Tor gewinkt. Das war ziemlich gut."

Mit Bruno Senna kommt Karun Chandhok gut aus, Foto: Sutton
Mit Bruno Senna kommt Karun Chandhok gut aus, Foto: Sutton

Nun ist für ihn aber dennoch erst einmal Zurückhaltung angesagt. Chandhok weiß, dass er in der Formel 1 sehr vom Auto abhängig ist und das ist nun einmal nicht wirklich früh fertig geworden. Deswegen wollen er und das Team an den ersten Wochenenden einfach nur keine Dummheiten machen. "Ich denke, die ersten vier Wochenenden drehen sich nur darum, respektabel und glaubhaft zu sein. Wir wollen uns als reife Fahrer beweisen, die bereit für die Formel 1 sind. Das ist alles, was Bruno [Senna] und ich an den ersten vier Wochenenden tun können", erklärte er.

An die Geschichte erinnern

Trotzdem konnte er auch verstehen, dass einige etablierte Teams Sorgen haben, dass ihnen die neuen Mannschaften in die Quere kommen, weil die Zeitunterschiede so groß sind. Allerdings sah er das nicht als so großes Problem. "Das Letzte, was man in Q3 haben will, ist jemandem im Weg, wenn man die letzte Runde auf sauberer Strecke fahren will. Ich wäre allerdings überrascht, wenn es eines der neuen Teams in Q3 schaffen würde", meinte er. Außerdem erinnerte er sich daran, dass vor nicht allzu langer Zeit die Lücke zwischen Spitze und Schlusslichtern noch viel größer war als jetzt. "All die Leute, die sich aufregen, denken nur an die letzten zwei oder drei Jahre. Aber die Formel 1 besteht nicht nur aus den letzten zwei Jahren, wenn man sich die Geschichte ansieht, was ich mache. Vielleicht muss man sie daran erinnern."

Ebenfalls erinnern wollte Chandhok die Außenstehenden daran, dass er sich mit Bruno Senna gut versteht. Bereits in der GP2 war er mit dem Brasilianer im gleichen Team gefahren und geht auch gerne einmal mit ihm Essen - wie etwa am Dienstagabend oder nach dem Launch. "Ich komme gut mit ihm aus. Viele Leute haben gesagt, es wird harte Arbeit mit ihm und seiner Familie und dem ganzen Rest, aber das ist es nicht. Er ist ein Spitzentyp. Wir kamen bei iSport wirklich gut miteinander aus. Wir haben gut mit den Ingenieuren gearbeitet und ich denke, wenn man befreundet ist, vertraut man sich etwas mehr."