Nico Rosberg muss innerlich zerrissen sein. Endlich hat er den Durchbruch, den Wechsel zu einem Topteam geschafft. Aber ist es nun gut, dass er zum ersten Mal in einem siegfähigen Auto mit dem Rekordweltmeister Michael Schumacher als lehrreichen Teamkollegen antritt? Oder ist es eher das Gegenteil?

Viele sagen dem Deutschen eine schwierige Saison voraus, zumindest aber eine entscheidende für den weiteren Verlauf seiner Karriere. "Es gab in der Vergangenheit immer diese kuriosen Gerüchte, dass ich mir den Status habe vertraglich zusichern lassen", sagt Schumacher zur weit verbreiteten Meinung. "Das war noch nie der Fall. Die Leistung hat immer entschieden, wer welchen Status bekommen hat, das wird hier sicher nicht anders sein."

Herbert: Es war sein Team

Einige seiner ehemaligen Teamkollegen haben andere Erinnerungen. Johnny Herbert erinnert sich an seinen ersten Benetton-Test 1995 in Jerez zurück. "Es gab ein Auto, zwei Testtage für Michael, zwei für mich. Aber am Ende bin ich nur einen halben Tag gefahren!", sagte er Autosport. "Sie sagten mir, dass er sein Programm nicht beendet hatte. Das war der erste Hinweis..."

Den zweiten erhielt er beim zweiten Rennen in Argentinien. "Im Training war ich ein paar Tausendstel schneller als er. Als wir die Strecke verließen, sagte er zu mir: 'Es gibt wahrscheinlich Dinge, die du mich nicht sehen lassen möchtest und es gibt Dinge, die ich nicht möchte, dass du sie siehst.' Am nächsten Tag sagten sie mir: 'Michael hat mit Flavio gesprochen und du darfst seine Daten nicht mehr sehen.' Aber er durfte weiter meine ansehen! Ich wusste, dass es Michaels Team war, aber ich hätte nie gedacht, dass es so weit gehen würde."

Irvine: Er war einfach schneller

Schumacher und Irvine waren lange ein Team., Foto: Sutton
Schumacher und Irvine waren lange ein Team., Foto: Sutton

Eddie Irvine nahm die Situation gelassener hin. "Er war einfach schneller", sagt der ehemalige Ferrari-Teamkollege von Schumacher. "Montoya ging zu McLaren und wurde wie eine Nummer 2 behandelt, weil er eine Nummer 2 war! Ich wusste, was mir angeboten worden war. Es lag an mir, schneller als Michael zu sein und ich war es nicht."

Schumacher habe seinen Status auch nicht ständig ausgenutzt, nur wenn es notwendig gewesen sei. "Wenn es nur einen neuen Unterboden gab, hat er ihn bekommen. Wenn ein Reifensatz von einem Fahrer verschwendet werden musste, dann musste ich das machen", so Irvine, der Schumacher nicht für einen großartigen Tester hält. "Er war nicht sehr gut beim Testen. Er war sehr gut bei der Entwicklung des Motors - er ging sehr sensibel mit dem Motor um - aber ich denke nicht, dass er besonders gut beim Setup war. Es ist lächerlich, wenn die Leute ihn als gut beim Abstimmen bezeichnen."

Irvine nennt ein Beispiel: "Er hat einen Frontflügel verworfen, der eine halbe Sekunde schneller war. Er hat ihn ausprobiert und gesagt, dass er ihn nicht mag. Ich habe ihn getestet und er war eine halbe Sekunde pro Runde schneller!"

Brawn: Nur in besonderen Fällen

Schumachers langjähriger Benetton-, Ferrari- und nun auch Mercedes-Wegbegleiter Ross Brawn will von einer unfairen Bevorzugung nichts wissen. "Fahrer, die gegen Michael angetreten sind, teilen sich in zwei Gruppen auf: Es gibt jene, die sagen "es war nicht fair", und jene, die sagen "ich werde von diesem Kerl lernen". Wenn man sagt, alles ist sehr unfair, er bekommt eine besondere Behandlung und diesen ganzen Nonsens, dann erschafft man damit keine gute Atmosphäre im Team."

Schumacher sei nie bevorzugt worden, so lange keine besondere Situation geherrscht habe. "Michael bekam einen besseren Motor oder hatte die neueren Aerodynamikteile und all das ist nie geschehen, so lange wir nicht in einer sehr ungewöhnlichen Situation waren", verrät Brawn. McLaren habe im letzten Jahr genauso gehandelt. "Sie mussten schnell neue Teile an die Strecke bringen und es gab nur einen Satz davon für Lewis Hamilton. Ich verstehe das. Aber so lange man nicht selbst in so einer Situation ist, möchte man es nicht tun."