Endlich durften die Piloten im Trockenen Gas geben. Nach einem verregneten Testauftakt am Mittwoch versuchten zehn Teams so viel von der verlorenen Zeit wie möglich gutzumachen. Mit Nico Hülkenberg, Michael Schumacher und Timo Glock waren auch drei Deutsche im Einsatz. Die schnellste Zeit des Tages fuhr jedoch ein Japaner: Sauber-Pilot Kamui Kobayashi unterbot die vorherige Bestzeit von Sebastian Buemi in 1:19.950 Minuten um 0,076 Sekunden. Beide waren schneller als die Trockenbestzeit von Nico Rosberg am Vortag.

Kobayashi setzte die Testarbeit der vergangenen Testtage fort und war fast sieben Zehntel schneller als der Drittplatzierte, der amtierende Weltmeister Jenson Button. Hinter Kobayashi, Buemi und Button komplettierten Hülkenberg und Tonio Liuzzi im Force India die Top-5. Michael Schumacher schloss seinen ersten Testtag der Woche auf Position 6 ab. Ihm fehlten gut 1,2 Sekunden auf die Bestzeit von Kobayashi. Die weiteren Plätze gingen an Fernando Alonso, Robert Kubica, Mark Webber und Timo Glock.

Schumacher ist zufrieden

Sebastien Buemi sah lange wie der sichere Bestzeithalter aus., Foto: Sutton
Sebastien Buemi sah lange wie der sichere Bestzeithalter aus., Foto: Sutton

"Ich bin sehr zufrieden mit dem Tag heute, auch wenn wir wegen diverser roter Flaggen nicht alle unsere Testpläne erfüllen konnten", bilanzierte Michael Schumacher. "Dennoch bin ich sehr viele Runden gefahren, was für mich sehr wertvoll war. Ein neues Auto, ein neues Team, neue Gegebenheiten, da muss unser Ziel zunächst einmal sein, das Auto zuverlässig zu machen." Schumacher absolvierte Vergleiche der unterschiedlichen Reifenmischungen und Setuparbeiten am Chassis. Am Nachmittag fuhr er Rennsimulationen.

Auch Sauber-Chefingenieur Giampaolo Dall'Ara zeigte sich mit dem Testtag zufrieden. "Wir konnten unser Programm abspulen", sagte er. Am Vormittag konzentrierte sich Kobayashi auf Aerodynamiktests, am Nachmittag standen Setuparbeiten und Reifenvergleiche auf dem Plan. "Wir sind die meiste Zeit mit viel Benzin an Bord gefahren. Am Ende fuhren wir auch einen Run mit weniger Benzin." Dieser brachte Kobayashi die Bestzeit ein.

Wie üblich sind die Testzeiten mit äußerster Vorsicht zu genießen, da die Teams durch den größeren Tank extrem viel Spielraum bei der Wahl der Spritmenge haben. Zudem standen nach dem verregneten ersten Tag am Donnerstag vor allem Long Runs auf dem Programm, die logischerweise mit sehr viel Benzin an Bord absolviert wurden - als dieses dann gegen Ende des Stints zur Neige ging, boten die Reifen nicht mehr den optimalen Grip.

Drei rote Flaggen

Auch Michael Schumachers Testtag wurde von den Unterbrechungen gestört., Foto: Sutton
Auch Michael Schumachers Testtag wurde von den Unterbrechungen gestört., Foto: Sutton

Drei Mal wurde am Donnerstag die rote Flagge zur Unterbrechung des Tests geschwenkt. Die erste Unterbrechung löste Nico Hülkenberg aus. Der deutsche blieb nach einer knappen halben Stunde mit seinem Williams FW32 auf der Strecke stehen. Auslöser war ein Hydraulikleck, was vorsichtshalber zu einer automatischen Abschaltung des Motors führte. Das Team konnte das Problem beheben und Hülkenberg nach einer Reparaturpause wieder auf die Bahn schicken. Hülkenberg arbeitete vor allem an der Aerodynamik, der Kühlung und der Gewichtsverteilung.

"Wir hatten einige mechanische Probleme mit dem Hydrauliksystem und dem Antriebsstrang", verriet Technikchef Sam Michael. "Wir hatten gleich am morgen ein Leck, das wir relativ schnell entdeckt haben, aber es dauerte eine Weile, es zu beheben, da die Kupplung mit Hydraulikflüssigkeit bedeckt war. Dadurch verloren wir die Morgensession."

Am Nachmittag hatte Williams noch ein kleineres Problem mit einem Teil der Antriebswelle. "Das ließ sich schneller beheben, aber es kostete weitere Zeit." Trotzdem konnte man drei oder vier Setupänderungen durchführen. "Wir hatten einige Probleme, aber ich habe immer noch ein positives Gefühl", sagte Hülkenberg. "Natürlich wäre ich gerne mehr gefahren, aber manchmal ist das eben so."

Auch die zweite rote Flagge des Tages löste ein Deutscher aus: Um 10:15 Uhr verlor Timo Glock ein Teil des Frontflügels seines Virgin Racing VR-01. "Wir hatten heute Morgen ein Problem mit der Aufhängung des Frontflügels, was dafür sorgte, dass der Flügel zu Beginn eines Runs wegflog", erklärte Technikchef Nick Wirth. Die Ursache des Problems wurde von Wirth ausfindig gemacht, der Testtag war trotzdem nach nur elf Runden beendet. "Leider fehlen uns ein oder zwei Ersatzteile, die wir hoffentlich heute Abend erhalten."

Timo Glock durfte nicht viel fahren., Foto: Sutton
Timo Glock durfte nicht viel fahren., Foto: Sutton

Die dritte und letzte rote Flagge des Tages gab es wie am Vortag kurz vor Testende, als Jenson Buttons McLaren um 16:48 Uhr in Kurve 6 mit einem mechanischen Problem auf der Strecke ausrollte. Dennoch zeigte sich Button mit den Testfortschritten in Jerez zufrieden. Sowohl sein Sitz als auch die Verbesserungen am Auto sagten dem Weltmeister in der zweiten Testwoche besser zu. Sein Programm beinhaltete alles von Reifenvergleichen über Long Runs bis zu Runs mit unterschiedlichen Benzinmengen.

Teams nutzen Regenpause

Das Wetter war besser als am Auftakttesttag am Mittwoch. Abgesehen von einigen wenigen Regentropfen kurz nach Beginn des Tests blieben die Schleusen im Himmel zu. Die Fahrer konnten erstmals seit der Anfangsstunde am Mittwoch wieder im Trockenen auf Zeitenjagd gehen. Renault änderte deshalb das Testprogramm: Statt Vitaly Petrov saß Robert Kubica am möglicherweise einzigen trockenen Testtag der Woche im Auto. Der Pole sollte die Weiterentwicklung des R30 vorantreiben.

Die Teams nutzten die trockenen Streckenbedingungen für Long Runs, fünf Fahrer absolvierten mehr als 100 Runden, Mark Webber scheiterte mit 99 Umläufen nur knapp an der dreistelligen Schallmauer. Fernando Alonso fuhr einmal sogar fast 50 Runden am Stück. Die gesammelten Long Run Daten sind für alle Teams elementar, da sie Aufschluss über das Verhalten der neuen Reifen (schmalere Vorderreifen, neue Hinterreifenkonstruktion und neue Mischungen) sowie das Fahrverhalten mit viel Sprit an Bord geben.

Robert Kubica nutzte den trockenen Testtag für Long Runs., Foto: Sutton
Robert Kubica nutzte den trockenen Testtag für Long Runs., Foto: Sutton

Auch Robert Kubica nutzte die trockenen Bedingungen, um Long Runs abzuspulen und am Setup zu arbeiten. Insgesamt spulte der Pole 103 Runden ab. "Wir haben einen guten Fortschritt gemacht. Wir haben am Setup gefeilt und versucht zu verstehen, wie sich die verschiedenen Änderungen auf die Balance des Autos auswirken. Einige Resultate waren nicht schlecht, alles in allem war es ein guter Tag", erklärte Kubica.

Seit den Testfahrten in Valencia vergangene Woche hatte man am Auto des Polen einige Veränderungen vorgenommen. "Er fühlt sich jetzt viel wohler im Auto. Wir haben die Balance und das Gripniveau über den Tag verbessert. Hoffentlich können wir morgen da fortsetzen, wo wir heute aufgehört haben - vorausgesetzt es regnet nicht", erklärte Renault-Chefingenieur Alan Permane.

Fahrerwechsel am Freitag

Auch die Zuschauer genossen das bessere Wetter: Rund 10.000 Fans säumten die Tribünen in Jerez, um dem Test beizuwohnen. Die Begeisterung vom Valencia-Test letzte Woche konnte jedoch nicht erreicht werden. Vor einer Woche verfolgten 36.000 Fans den ersten Testtag von Fernando Alonso bei Ferrari.

Nach zwei Tagen gibt es für den Freitag bei allen Teams einen Fahrerwechsel. Bei Red Bull greift ab dem dritten Tag Sebastian Vettel erstmals ins Lenkrad des neuen RB6. Sein Teamkollege Mark Webber war mit dem Testauftakt des neuen Autos zufrieden. "Es waren sehr produktive Tage", sagte Webber. "Es gab kleinere Dinge bei der Zuverlässigkeit, aber wir konnten dennoch einige Runden mit dem neuen Auto fahren."

Bei Force India schloss Tonio Liuzzi seine Eingewöhnungsphase im neuen VJH03 ab. "Wir können ziemlich zufrieden sein", bilanzierte der Italiener. "Wir haben viele Runden zurückgelegt und etliche Teile getestet. Es gibt noch einiges zu tun, aber das Auto reagiert gut auf Änderungen." Am Vormittag arbeitete Liuzzi an der Aerodynamik und Reifenvergleichen, am Nachmittag ging es um die Balance. "Bislang scheint die Leistung den Erwartungen zu entsprechen", lobt Chefingenieur Dominic Harlow.

Der provisorische Testplan

TeamMittwochDonnerstagFreitagSamstag
Mercedes GP Rosberg Schumacher Rosberg Schumacher
Red Bull Webber Webber Vettel Vettel
McLaren Button Button Hamilton Hamilton
Ferrari Alonso Alonso Massa Massa
Sauber Kobayashi Kobayashi de la Rosa de la Rosa
Renault Petrov Kubica Petrov Kubica
Williams Hülkenberg Hülkenberg Barrichello Barrichello
Toro Rosso Buemi Buemi Alguersuari Alguersuari
Force India Liuzzi Liuzzi Sutil Sutil
Virgin Racing Glock Glock Di Grassi Di Grassi

Die Testpläne können sich jederzeit ändern. Vorläufige Fahrer- und Teameinteilung laut Angabe der Streckenbetreiber/Teams.