1. Hat das Safety Car Räikkönen den Sieg beschert?

Kimi Räikkönen gewann in Belgien das erste Saisonrennen für Ferrari. Christian Danner war sich nach Rennende sicher: "Ohne das Safety Car in der ersten Runde gewinnt Giancarlo Fisichella das Rennen!" Der Finne wäre laut dem Ex-Fahrer nicht an Fisichella vorbeigekommen, trotz KERS. "Kimis Rundenzeiten waren zu langsam."

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali teilte diese Meinung nicht. "Eine Safety Car Phase kann in beide Richtungen losgehen", meinte der Italiener. "Wir waren heute ziemlich konkurrenzfähig und ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass das Safety Car einen großen Unterschied gemacht hat."

Das sah sein Pilot etwas anders. "Ich wusste, dass ich gleich nach dem Restart an ihm vorbeigehen musste", gab Räikkönen zu. "Wenn ich es nicht gleich geschafft hätte, wäre es schwierig geworden. Deshalb habe ich sicher gestellt, dass ich nach der ersten Kurve nah dran war, auch in Eau Rouge, obwohl ich dort oben etwas Untersteuern bekam, dann habe ich KERS eingesetzt und bin neben ihn gefahren und vorbei gekommen."

2. Wie wichtig war KERS für den Ferrari-Sieg?

Räikkönen nutzte in Belgien das volle Potenzial von KERS aus. Zunächst rief er die Zusatz-PS am Start ab. "Es hat am Start geholfen. Ich hatte sogar einen sehr guten Start", verriet der Finne. "Dann half es mir, Robert [Kubica] zu überholen und natürlich auch bei Fisichella." Aber KERS ist nicht nur hilfreich beim Start und beim Überholen. Es hilft auch beim Verteidigen.

Nach dem Start lag Räikkönen noch hinter Fisichella., Foto: Sutton
Nach dem Start lag Räikkönen noch hinter Fisichella., Foto: Sutton

"Wir waren nicht die Schnellsten, aber es ist uns gelungen, alle hinter uns zu halten", gestand Räikkönen. Fisichella bestätigte diese Einschätzung: "Ich war schneller als Kimi, aber er hat mich mit KERS überholt und ich kam dann nicht mehr an ihm vorbei. Er war dank KERS auf der Gerade einfach zu schnell." Dabei änderte Räikkönen im Laufe des Rennens seine KERS-Nutzung, um Fisichellas Angriffe abzuwehren. "Ich habe es dann mehr im letzten Streckenteil eingesetzt als zuvor", verriet er. "So stellte ich sicher, dass ich genug Speed auf der Gegengerade hatte." Hätte Räikkönen auch ohne KERS gewonnen? "Es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken", antwortete der Finne. "Wir haben gewonnen und wir haben KERS bei jedem Rennen. Das ist Fakt."

3. Warum war Fisichella so schnell?

"Ich wusste, dass er schneller war", gestand Räikkönen über die Pace des Force India von Fisichella. Dieser war am Samstag über seine Pole Position ebenso überrascht wie der Rest des Paddocks. Mario Theissen sah den Belgien GP als Spiegelbild der gesamten Saison an. "Es passieren viele unerwartete Dinge." Force India Boss Vijay Mallya lobte die Weiterentwicklung seiner Mannschaft.

Ein Grund für die Fortschritte ist der Mercedes-Motor samt McLaren-Getriebe. Der Motor gilt nicht nur als einer der besten und leistungsstärksten, sondern hat auch noch einen geringen Spritverbrauch und ermöglichte es dem Team, sich seit Saisonbeginn voll auf die Verbesserung des Autos und der Aerodynamik zu konzentrieren. Das zahlte sich bereits auf den letzten Strecken aus. Der Force India hatte schon das ganze Jahr über die höchsten Topspeedwerte. Auf dem ersten Medium-Downforce-Kurs im Rennkalender in Spa waren sie nun nicht nur auf der Gerade die Schnellsten, sondern auch in den Kurven vorne dabei.

4. Warum fuhr Räikkönen in Kurve 1 außen herum?

Als Kimi Räikkönen am Start KERS zündete, sah es sehr gut aus für ihn, doch dann kam die erste Kurve und er rodelte durch die - zum Glück asphaltierte - Auslaufzone. "Ich wollte normal herumfahren, aber Nick kam etwas zu schnell innen an und drückte Jarno Trulli nach außen. Also konnte ich nirgends ausweichen. Ich musste geradeaus und außen herum fahren. Das hat gut funktioniert, aber es war nicht geplant."

5. Warum war Räikkönens Sieg in Gefahr?

Räikkönen durfte sich feiern lassen., Foto: Sutton
Räikkönen durfte sich feiern lassen., Foto: Sutton

Kaum hatte sich Räikkönen nach der Eau Rouge Robert Kubica geschnappt, kam er in Les Combes auf den Randstein und fuhr kurz durch die Wiese. Am Ende klopfte Kubica kurz am Heck des Ferrari an. "Als wir Kurve fünf anfuhren, bremste Kimi sehr spät und kam von der Strecke ab. Er kam direkt vor mir zurück auf die Strecke", erzählte Kubica. "Ich steckte zurück, denn an dieser Stelle gab es am Wochenende jede Menge Unfälle. Obwohl sich unsere Autos leicht berührten, konnte ich weiterfahren." Das Team wollte ihn zwar zunächst zu einem Flügelwechsel hereinholen, stellte dann aber fest, dass dies nicht nötig war, da seine Zeiten in Ordnung waren.

6. Warum tankten Räikkönen und Fisichella in der gleichen Runde?

Es war ein kleines Mathematikrätsel: Fisichellas Force India hatte laut Qualifying-Gewichtstabelle sieben Kilo weniger im Tank als Räikkönens Ferrari. Trotzdem kamen beide in der gleichen Runde an die Box. "Einige Motoren verbrauchen weniger als andere", hielt sich Räikkönen bedeckt. "Unser Motor verbraucht vielleicht etwas mehr Benzin als die Renault oder McLaren." Andererseits habe er in der Safety Car Phase auch nicht viel Sprit gespart, sondern versucht, seine Reifen auf Temperatur zu halten, um seinen Angriff auf Fisichella zu starten.

Teamchef Stefano Domenicali räumte jedoch ein: "Daran müssen wir arbeiten. Wir müssen verstehen, warum andere Teams einen geringeren Benzinverbrauch haben und auf diesem Gebiet vielleicht bessere Arbeit leisten." Das sei vor allem im Hinblick auf das Tankverbot 2010 wichtig. "Wir müssen auf das nächste Jahr schauen, dann kann Benzinsparen eines der wichtigsten Elemente sein."

7. Wer löste den Erstrundenunfall aus?

Jenson Button hatte eine klare Antwort auf diese Frage: "Ich hatte einen guten Start, war nach Eau Rouge außen neben Heikki Kovalainen, habe eingelenkt und dann hat Grosjean wohl den Bremspunkt nicht richtig erwischt und mich umgedreht." Der Brite ging davon aus, dass in der Kurve genug Platz für beide Autos gewesen wäre. "Ich glaube noch nicht mal, dass Grosjean versuchte, mich zu überholen."

Der Franzose beurteilte die Situation anders: "In Kurve 5 zog mir Jenson Button in den Weg, damit war mein Rennen vorbei." Kurz und schmerzlos. Nur stand der Franzose mit dieser Meinung alleine da. "Als Romain Grosjean Jenson in Kurve 5 umdrehte, versuchte jeder ihm auszuweichen, ich wurde langsamer, um Schaden zu vermeiden, aber einer der Fahrer hinter mir, der das gleiche versuchte, traf mich", bestätigte Lewis Hamilton die Button-Version.

Viel Schrott gab es in Kurve 5., Foto: Sutton
Viel Schrott gab es in Kurve 5., Foto: Sutton

Der Vollständigkeit halber hier noch die Aussagen des vierten Beteiligten, Jaime Alguersuari: "Button drehte sich in Kurve zwei, Hamilton musste deshalb nach links ausweichen. Da war aber ich schon - das war's dann. Wir kollidierten." Die Rennkommissare zitierten nach Rennende alle vier Fahrer zu sich, es gab aber keine Strafen.

8. Wie kam Vettel nach vorne?

In der ersten Runde ging Vettel vorsichtig zu Werke, wollte keine Kollision im dichten Mittelfeld riskieren. Dadurch verlor er einen Platz an Nico Rosberg, den er nach dem Restart zurück überholte. Im zweiten Stint blieb er lange draußen und setzte zu einer Aufholjagd an. "Ich denke, wir haben am Anfang des Rennens Platz eins oder zwei verloren", sagte Vettel. "Wir konnten in der Hälfte des ersten Stints bis zum Ende des Rennen drei bis vier Zehntel aufholen, doch die Lücke zu Kimi [Räikkönen] und Giancarlo [Fisichella] war am Ende leider zu groß."

Trotzdem kämpfte er sich im zweiten und dritten Stint an die Spitze heran, überholte so Robert Kubica und kam als Dritter sogar noch einmal nah an das Führungsduo heran. "Später war die Pace des Autos gut, es wurde immer besser und besser auf den harten Reifen." So erzielte Vettel auch die schnellste Rennrunde im dritten Stint. "Er hat am Ende noch einmal richtig Druck gemacht", bestätigte Danner. "Sein Auto war schneller als man vorher gesehen hat. Er hatte es im Training vergeigt. Der kleinste Fehler im Qualifying bedeutet ein Problem im Rennen."

9. Warum kam Barrichello so schlecht weg?

"Rubens' Auto ging beim Start in den Anti-Stall Modus, wodurch er kurz stehen blieb", erklärte Teamchef Ross Brawn. Der Modus soll verhindern, dass der Motor bei einem Problem abstirbt. Allerdings geschah dies nicht zum ersten Mal in dieser Saison bei Barrichello. "Es war ein technisches Problem am Auto und wir müssen das schnell aussortieren, da uns das dieses Jahr zu oft passiert ist."

10. Warum rauchte Barrichellos Auto am Ende?

Zwei Runden vor Rennende kamen Rauchwolken aus dem Heck von Barrichellos Auto. Der Brasilianer wollte gerade Platz 6 und Heikki Kovalainen angreifen. "Sein Auto hatte ein Ölleck", erklärte Brawn. "Wir haben Rubens gebeten, Heikki Kovalainen ziehen zu lassen und das Auto bis zum Ende des Rennens zu schonen."

11. Was war bei Glocks Boxenstopp?

Timo Glock lag gut im Rennen, bis der Tankstutzen bei seinem ersten Boxenstopp nicht einrastete. "Beim ersten Boxenstopp hatten wir ein Problem, der Tankstutzen ging nicht richtig drauf und wir mussten den Ersatz nehmen", klagte er. "Das hat uns zehn Sekunden gekostet. Dann gab es beim zweiten Stopp ein anderes Problem. Ich habe heute alles an der Box verloren."

12. Warum schied Alonso aus?

Zwischen Webber und Heidfeld krachte es beinahe., Foto: Sutton
Zwischen Webber und Heidfeld krachte es beinahe., Foto: Sutton

Renault zog das Auto von Alonso aus Sicherheitsgründen wegen eines Problems am linken Vorderrad zurück. Dieses wurde am Start von Adrian Sutils Frontflügel getroffen und dabei beschädigt. Beim Boxenstopp konnten die Mechaniker das neue Rad zunächst nicht befestigen, nachdem es ihnen doch gelungen war, flatterte die Radkappe während der Fahrt. Um eine Wiederholung der Vorfälle von Ungarn und eine Wiederholungsstrafe zu verhindern, entschied sich das Team, Alonso an die Box zu beordern. Sein Rennen war durch den langen Boxenstopp ohnehin gelaufen.

13. Warum wurde Webber bestraft?

Zum wiederholten Mal ließ die Boxencrew von Red Bull einen ihrer Fahrer zu früh losfahren, so dass es beinahe zu einer Kollision in der Boxengasse gekommen wäre. Dafür musste Red Bull in diesem Jahr schon eine Verwarnung und eine Geldstrafe hinnehmen. "Ich musste eine Vollbremsung in der Boxengasse hinlegen, weil man Mark losgelassen hat, obwohl ich schon fast neben ihm war", berichtete Nick Heidfeld. "Das war um Haaresbreite." Red Bull Teamchef Christian Horner hatte eine andere Meinung: "Mark hatte Pech mit der Durchfahrtsstrafe - eine Grenzentscheidung, wie ich finde."

14. Wie hat sich Badoer geschlagen?

Letzter. Also nichts Neues? Immerhin wurde Badoer auf der sieben Kilometer langen Strecke nicht überrundet. Allerdings hatte er einen deutlichen Abstand auf Kazuki Nakajima, den Vorletzten. Seine Zeiten an den Vortagen lagen näher an seinem Teamkollegen und der Bestzeit als in Valencia. Gleichzeitig lag in Spa aber das gesamte Feld viel näher zusammen.

Badoer drückte es so aus: "Sie wussten, dass ich Zeit brauche und haben sie mir auch gegeben. Nach zwei Rennen ist diese Zeit nun abgelaufen." Rechnet er also mit einer Ablösung vor seinem Heimrennen in Monza? Nicht wirklich: "Jetzt kommt meine Heimstrecke, wo ich die meiste Zeit meines Lebens mit Ferrari und anderen Autos verbracht habe. Ich bin sicher, dass ich dort ein gutes Resultat, wenn nicht sogar Punkte holen kann. Wir werden sehen, was passiert."

Teamchef Domenicali möchte alle Alternativen auf den Tisch legen und dann abwägen. "Ferrari möchte in einem Rennen nicht Letzter sein", wiederholte er die Aussage vom Valencia-Sonntag. "Das ist klar. Wir wollen als Team, Fahrer und Marke stark sein."