Kennen Sie noch die Passagen aus dem Comicheften oder -büchern, wenn statt Text irgendwelche komischen Zeichen in den Sprechblasen waren? Tja, früher und auch heute noch konnte man in Jugendliteratur eben nicht so einfach drauflos fluchen und bekam gleich den optischen "Biep" verpasst, denn wir aus so niveauvollen Sendungen wie Nachmittags-Talkshows mittlerweile sehr gut kennen. Dabei ist ja alles halb so schlimm. Wenn man etwas scheiße findet, sollte man auch "Scheiße" sagen können, schließlich durfte das Götz George als Horst Schimanski in den 1980ern auch schon.

Und wenn ein Sänger wie Bono bei der Grammy-Verleihung der amerikanischen Jugend sagen kann, das sie weiter ihre Position ausnutzen soll und dann meint "fuck up the mainstream", dafür nicht des Landes verwiesen wird und auch später wieder in eine mittlerweile nippelfreie USA (danke Janet Jackson) einreisen kann, dann sollte uns klar sein, das gepflegte Schimpfwort sollte nun doch auch im Rennsport seinen Einzug halten. Und fünf deutsche Fahrer hatten in Barcelona eigentlich allen Grund zum Üben. Wir wollen ihnen dabei ein wenig zur Hand gehen.

So ein abgefahrener Flügel kann die Wörter schon beflügeln, Foto: Sutton
So ein abgefahrener Flügel kann die Wörter schon beflügeln, Foto: Sutton

Da war einerseits Nick Heidfeld, der wohl am liebsten von "verschissenen Regeln" gesprochen hätte, nachdem er eigentlich Tanken wollte, wegen des Safety Cars die Box aber zu war. "Als ich das Signal von meinem Ingenieur bekommen habe, war ich gerade zwei Sekunden davor an der Boxeneinfahrt vorbeigefahren", erklärt Nick. "Ich habe danach probiert, Sprit zu sparen, blieb sogar länger draußen als geplant, aber mehr ging nicht mehr." Er hatte die Wahl, eine Zehn-Sekunden-Strafe zu bekommen oder einfach ohne Benzin zu stoppen. Im mittlerweile salonfähigen Jargon war das natürlich eine reudige Drecksentscheidung, doch Heidfeld entschied sich für das weiterfahren, auch wenn der Nachmittag prinzipiell im Arsch war (nicht vergessen, wir üben hier).

Nico Rosberg hätte es durchaus als "verdammten Rotzdreck" bezeichnen können, als ihn sein Auto im Rennen im Stich ließ. Immerhin hatte er davor einige der "Penner" (durchaus gebräuchliche Rennfahrer-Bezeichnung für Konkurrenz), die ihn aufhalten wollten, hinter sich gelassen. Doch dann schlug eben der Defektteufel zu, was man in flucherlaubten Zonen durchaus als "mörderischen Dreckskack" bezeichnen könnte. Rosberg meinte nur: "Es ist sehr eng im Mittelfeld und wir können es uns nicht erlauben, das Kleinste falsch zu machen." Noch schätzt er eben den zurückhaltenden Protest, auch wenn man es ihm verzeihen könnte, wenn er Worte in den Mund nähme, die Britt rot werden ließen.

Alle möglichen Steigerungsformen von Mist oder Dreck (die es grammatikalisch nicht gibt, aber Sie wissen schon, was wir meinen) hätte wohl gerne Timo Glock verwendet, als er sich mit David Coulthard unfreiwillig berührte. "Ich war direkt hinter David, als er aus der Box kam. Er war mit den neuen Reifen relativ langsam. Ich habe es versucht, er hat zugemacht, ich konnte nicht mehr bremsen, um mich hinter ihm einzuordnen und wir haben uns berührt. Von da an war es dann sowieso gelaufen", meinte er. Hier hätte Glock beim Schimpfen durchaus auch eine andere Richtung einschlagen können. Man nehme nur Coulthard und die schottische Nationaltracht, den Schottenrock. Schnell ließe sich da jemand als "Weib" bezeichnen, was in Zeichen von schnellen Rennfahrerinnen aber auch keine Beleidigung wäre. Manchmal ist ein einfaches "Scheiße" eben doch am effektivsten.

Sebastian Vettel war auch wörtlich ein Mann der Tat, Foto: Sutton
Sebastian Vettel war auch wörtlich ein Mann der Tat, Foto: Sutton

Ein direktes Fluchduell hätten Adrian Sutil und Sebastian Vettel austragen können, da ihre Renn-Enden durchaus in Zusammenhang standen. Sutil hatte sich gedreht, weil er etwas zu forsch überholen wollte und die Kurve nicht schaffte. "Ich knallte in ein Auto [das von Vettel] und mein Rennen war dann vorbei. Ein enttäuschendes Ende des Wochenendes", sagte er und hätte damit durchaus auch meinen können, dass ihm doch alle den Buckel (oder etwas Anderes) runterrutschen sollen, nachdem einfach alles "bekackt" gelaufen war (dank an Jeffrey Lebowski alias den Dude für das Wort "bekackt").

Eher Götz von Berlichingen und das mit dem Lecken und dem menschlichen Hinterteil dürfte Vettel durch den Kopf gegangen sein. Jedenfalls nutzte er das Repertoire von Schimanski, da er seinen Ausfall "scheiße" fand. Und auch Bono hatte er zugehört, da er per Funk seine Crew mit dem Wort "Fuck" beehrte. "Es war ein sehr hirnloses Manöver, das Adrian gestartet hat. Er hat sich gedreht, ich wollte vorbei, hätte es auch beinahe geschafft, aber dann hat mich ein Super Aguri drauf geschoben", war dann das, was er schimpfwortfrei zu sagen hatte.

Um es zusammenzufassen, für die deutschen Fahrer war es kein guter Tag. Und um dem Format dieser bisherigen Kolumne treu zu bleiben: es war ein "biep" "biep" Tag, der einfach nur "biep" und verdammte "biep" zu bieten hatte. Kein Wunder, dass die ganze "biep" "biep" "biep" immer nur den netten Leuten passiert, denn die "biep" "biep" glauben ja, sie können jeden "biep" "biep" durchziehen. Jetzt einfach ruhig bleiben, das nächste "biep" "biep" kommt schon. (Manche Dinge kann man dann doch nicht sagen oder schreiben)