Der Wahnsinn liegt hinter uns - was beim letzten Rennen noch alles los war, ist unglaublich. Nach dem Freien Training, nach dem Qualifying, vor, während und nach dem Rennen - jeden Tag ging es um Strafen und natürlich den WM-Titel. Wie die gesamte Saison ging es auf und neben der Strecke hin und her. Jeden Tag wurde am Abend über mögliche Strafen diskutiert - am Freitag wurden Hamilton, Sato und Button wegen der falschen Verwendung der Regenreifen bestraft, am Samstag wurde Hamilton von der angeblichen Blockade gegen Kimi Räikkönen freigesprochen und am Sonntag wurde wegen der Spritkühlung bei BMW Sauber und Williams ermittelt.

Kimi Räikkönen: ein verdienter Weltmeister., Foto: Sutton
Kimi Räikkönen: ein verdienter Weltmeister., Foto: Sutton

Leider ist der ganze Wahnsinn mit Saisonende noch nicht vorbei - McLaren hat Berufung eingelegt. Die Saison endet also, wie sie verlaufen ist: mit Chaos, Berufungen und Verhandlungen. Eins steht dennoch fest: die Saison 2007 war so spannend, dass wohl kaum jemand Michael Schumacher vermisst hat. Für die Formel 1 ist es gar nicht schlecht, dass Ferrari Weltmeister geworden ist - für manchen ist dadurch kein so fader Beigeschmack dabei; selbst wenn McLaren gar nichts Unrechtmäßiges gemacht hat.

Was man vielleicht auch einmal anmerken sollte: Ferrari hat die Konstrukteurs-WM nicht durch das Spionageurteil am grünen Tisch gewonnen. Sie haben in den letzten Saisonläufen so stark aufgeholt, dass sie mit 204:203 Punkten McLaren auch geschlagen hätten, wenn diese nicht vom FIA World Motor Sport Council alle Punkte aberkannt bekommen hätten. Nur die 15 Punkte aus Ungarn hätten McLaren den Konstrukteurstitel eingebracht, die wurden jedoch unabhängig vom Spionageurteil aberkannt, weil Alonso seinen Teamkollegen angeblich behindert haben soll.

Was macht Fernando?, Foto: Sutton
Was macht Fernando?, Foto: Sutton

Nach fünf erfolglosen Jahren bei McLaren hat es Kimi endlich geschafft, obwohl es lange nicht danach aussah. Räikkönen holte die meisten Siege, die meisten schnellsten Rennrunden, hatte die meisten technischen Defekte der Toppiloten - er hat den Titel ganz klar verdient. Das Wichtigste war jedoch: er hat nicht rumgemosert wie manch anderer Fahrer, der das Team für alles beschuldigte. Andererseits kann Kimi passieren was will, er sagt eh nichts. Er bleibt immer ruhig und genauso hat er den Titel gewonnen: er blieb cool, motivierte das Team, brachte keine Unruhe herein und wurde dafür belohnt.

Bei McLaren bleibt die Unruhe so lange, bis eine Entscheidung über Alonsos Zukunft gefällt wurde. Ein Verbleib im Team ist aus meiner Sicht wohl keine Option, als einziges anderes Team bietet sich Renault an. Die gespielten Aktionen auf der Donnerstagspressekonferenz lassen vermuten, dass da im Hintergrund schon alles in trockenen Tüchern ist und nur noch ums Geld verhandelt wird. Das bringt Spannung bei den Fahrerwechseln: sobald einmal feststeht, was Alonso macht, ist alles möglich. Es bleibt also auch in den kommenden Wochen spannend. Der perfekte zweite McLaren-Mann neben Hamilton wäre wahrscheinlich ein alter Bekannter: David Coulthard. Ein Gentlemen, perfekt im Umgang mit Sponsoren und Gästen, intelligent, nett, freundlich, schnell, aber nicht zu schnell, um die Nummer 1 zu gefährden.

Aus der Nummer 6 wird 2008 die Nummer 1., Foto: Sutton
Aus der Nummer 6 wird 2008 die Nummer 1., Foto: Sutton

Lewis Hamilton mag den Titel verloren haben, aber er ist noch jung, vielleicht war es gar nicht so schlecht. Wenn man so nah dran ist, will man gewinnen - alles andere wäre falsch. Aber nach ein paar Tagen sollte der Ärger verfliegen und ihm klar werden, was für eine sensationelle Leistung er in seinem Debütjahr gebracht hat. Er ist mental stark genug, um etwas Positives daraus zu ziehen.

Für 2008 sind zwei neue Stadtrennen, darunter ein Nachtrennen, und ein verbessertes Qualifyingsystem bestätigt. So langsam scheint es in der F1 eine Tendenz in Richtung der Fanwünsche zu geben. Das ist gut so. Noch besser: wenn die Teams an der Spitze genauso eng zusammenrücken, wie sie in diesem Jahr im Mittelfeld miteinander kämpften, wird 2008 bombastisch. Vier bis fünf Teams konnten in der abgelaufenen Saison von Rennen zu Rennen entweder 8. oder 18. werden. Wenn BMW Sauber und Renault zu Ferrari und McLaren aufschließen, könnte die Saison 2008 noch besser werden als diese - aber hoffentlich ohne die Nebenkriegsschauplätze.