Die Lehre vom Wellenreiten

Siebzehn Mal ging es in dieser Saison rund um die Welt. Sebastian Vettel stieg erst spät in den F1-Zirkus Vollzeit ein, eine Pause hat er sich trotzdem verdient. Vor dem Brasilien GP war er auf Hawaii. "Ich habe ein bisschen von allem gemacht - ein bisschen Wellenreiten, ein bisschen Windsurfen, ich bin aus dem Flugzeug gesprungen." Einen Fallschirm hatte er offensichtlich auch dabei, den Text für den Sprung hat er schon in Shanghai geprobt: "Jajajajajaja!!!"

Die Lehre vom Rechnen

Ein Teddy zu Ralfs Abschied - das musste an sentimentalen Gefühlen reichen., Foto: Sutton
Ein Teddy zu Ralfs Abschied - das musste an sentimentalen Gefühlen reichen., Foto: Sutton

Drei Fahrer konnten noch Weltmeister werden, umso komplizierter war die Mathematik vor dem WM-Finale: Wer wird wann Weltmeister? Das war die am meisten gestellte Frage vor dem Rennen. "Der mit den meisten Punkten nach dem letzten Rennen wird Weltmeister", verblüffte Sebastian Vettel, der Abi-Jahrgang 2006 hat also wahre Rechenkünste beigebracht bekommen. "Ich als Fahrer interessiere mich einen Dreck dafür", sagte David Coulthard geradeheraus. "Denn ich bin es nicht." Zur gleichen Erkenntnis kam Nico Rosberg: "Weltmeister wird nicht Nico Rosberg, weil es dafür an diesem Wochenende nicht mehr mit den Punkten reicht." Auch vor 2006 wurde also schon starker Matheunterricht gegeben...

Die Lehre von den Gerüchteköchen

Wenn Fernando Alonso im nächsten Jahr in allen Autos fährt, die ihm so angedichtet werden, dann hat er viel zu tun. Die Gerüchteköche stört es wenig, sie kochen munter weiter. "Mein Vater ist der größte Spekulant", enthüllte Nico Rosberg. "Er liebt es, das ist genau sein Ding." Keke Rosberg liebt also die Gerichte der Gerüchteköche. Was ist denn sein Lieblingsdinner? "Das ist zu lang", lachte Nico, "da geht es kreuz und quer in alle Richtungen."

Die Lehre vom Überholen

Das berüchtigte Salz in der F1-Suppe sind nicht die Gerüchte, sondern die Überholmanöver. Leider ist diese Zutat in den vergangenen Jahren nur sehr spärlich verwendet worden. Ein bisschen mehr Würze hätten wir uns schon gewünscht. In Interlagos sind Überholmanöver möglich. Die beste Überholchance bietet sich im Senna S, wie macht man es am besten, Timo Glock? "Am schnellsten so gut es geht, spät bremsen, früh am Gas sein." Warum ist da vorher keiner drauf gekommen?

Die Lehre vom Feiern

Am Mittwoch vor dem WM-Finale war es soweit: Kimi Räikkönen feierte Geburtstag. Jedenfalls im sprichwörtlichen Sinne, denn richtig gefeiert hat der Finne - entgegen seines Rufs - nicht. "Wenn man älter wird, ist es nicht mehr das gleiche", sagte er. "Wenn man jung ist, dann ist man aufgeregter, aber es war ein ganz normaler Tag." - "Ja", fiel ihm Teamkollege Felipe Massa ins Wort, "er ist sehr alt." Am Sonntag ließ er die anderen alt aussehen - und beim ersten Weltmeistertitel machte auch das Feiern wieder so viel Spaß wie beim Kindergeburtstag.

Die Lehre von der Menschlichkeit

Manchmal ärgert man sich tierisch über Rennfahrer, die nicht auf Fragen eingehen, nur Standardantworten geben und letztlich nur gelangweilt agieren. Manchmal leidet man aber förmlich mit den Piloten. In der Donnerstagspressekonferenz war es mal wieder soweit. Ein brasilianischer Kollege stellte eine komplizierte Frage, in zugegeben nicht gerade perfektem Englisch. "Ihr seid zwei junge Fahrer, sehr talentiert und könntet in einer perfekten Welt beste Freunde sein, aber ihr seid beinahe Feinde - glaubt Ihr, dass die Formel 1 aus menschlicher Sicht deshalb reine Zeitverschwendung ist?"

Wie die besten Freunde - vor laufender Kamera..., Foto: Sutton
Wie die besten Freunde - vor laufender Kamera..., Foto: Sutton

Fernando Alonso und Lewis Hamilton rollten mit den Augen. "Ich verstehe die Frage nicht", erwiderte der Spanier. "Ihr seid zwei junge Fahrer, talentiert, aber ihr seid beinahe Feinde...", versuchte es der Fragesteller erneut. "Nein", schaltete sich Felipe Massa ein, "Ihr seht doch, sie sind die besten Freunde..." Denn so scherzten und lachten die beiden McLaren-Piloten in aller Öffentlichkeit herum, als ob es die harten Worte der Vorwochen nie gegeben hätte. "Ist die F1 also aus menschlicher Sicht reine Zeitverschwendung?", gab der Brasilianer nicht auf. "Ich verstehe die Frage immer noch nicht", antwortete Alonso. Auch diesmal hatte Massa die passende Antwort parat: "Brasilianer sind manchmal nur sehr schwer zu verstehen..."

Die Lehre vom zweiten Mal

Nicht alle Fragen waren an jenem Donnerstag so kompliziert. Einige setzten sogar das Gedächtnistraining von Shanghai fort. Dort hatte unser finnischer Kollege Heikki Kulta zum ersten Mal in der gesamten Saison eine Frage an Lewis Hamilton gestellt. Der Brite war davon so überrascht, dass er das sofort anmerkte: "Das ist jetzt das erste Mal, dass Sie mir eine Frage stellen - sonst wusste ich immer sofort, dass die Frage an Kimi gehen würde." In Brasilien kam es zur Fortsetzung: "Ich China fragte ich Sie, ob Sie das Rennen gerne abgesagt sehen würden. Rückblickend wäre das nicht schlecht gewesen, wie viel schwieriger ist es hier?" - "Das ist jetzt die zweite Frage, die Sie mir in diesem Jahr gestellt haben!"

Die Lehre vom Monaco Südamerikas

Sao Paulo ist nicht nur für seine schönen Seiten bekannt. "Man sieht nur nette Leute, hat aber trotzdem Angst", gab Nick Heidfeld zu. "Über zwei Ecken kennt man immer jemanden, der schon mal überfallen wurde." Unverständlich ist die hohe Kriminalitätsrate für Heidfeld nicht. "Wenn ich in den Favelas leben würde, würde mir wahrscheinlich auch nichts anderes einfallen, als irgendwelche reichen Schnösel ihrer Uhr zu entledigen." Die Anwohner direkt neben der Strecke fanden am Rennwochenende einen besseren Weg, etwas nebenher zu verdienen. Die 120.000 Tickets für das Finale waren im Voraus ausverkauft. Clevere Streckennachbarn vermieteten ihre Wohnungen, quetschten bis zu 70 Fans in Dreizimmerappartements und kassierten dafür ab - ein besserer Weg als Nicks Uhrenvariante und gleichzeitig ein Tick Monaco-Flair in Sao Paulo. Im Fürstentum werden alljährlich Balkone an Fans vermietet - zu Preisen weiter über der Kriminalitätsrate von Sao Paulo.

Die Lehre vom Abschied

Beim letzten Saisonlauf ist auch immer time to say goodbye. Bei Toyota sagte Ralf Schumacher auf Wiedersehen. "Mein letztes Rennen für Toyota ist aber nichts Besonderes", sagte er gelassen. "Es ist vielleicht ein bisschen mehr Aufwand beim Unterschreiben, weil jeder noch ein Bild unterschrieben haben will - aber sonst ist alles normal." Die Mehrarbeit mit dem Filzstift glich Ralf durch die gemilderten Bodenwellen auf der Strecke wieder aus. "Es ist jetzt etwas ebener, man braucht also kein Aspirin mehr."

Die Lehre aus Downunder

Aussehen ist nicht alle: BMW war immer vor Renault - auch wenn die das lange Zeit ändern wollten., Foto: Sutton
Aussehen ist nicht alle: BMW war immer vor Renault - auch wenn die das lange Zeit ändern wollten., Foto: Sutton

Beinahe wäre Lewis Hamilton der jüngste Weltmeister aller Zeiten geworden, der erste Rookie, der auf Anhieb den WM-Titel holt. Bei McLaren hatte Hamilton die besten Voraussetzungen dazu. Ein Topteam, das zu ihm stand, ein Auto, das super schnell und super zuverlässig war. Doch das wird nicht immer so bleiben, prophezeite ihm Mark Webber. "Er wird auch Scheißautos haben in Zukunft." Man habe nicht immer einen Top-McLaren. "Er wird Fünfter oder Sechster im Feld werden, das passiert. Er wird ein paar miese Kisten fahren müssen und wir werden sehen, wie er das macht." Webber weiß wovon er spricht, er hat als Ex-Minardi und Ex-Jaguar-Pilot schon einige miese Kisten pilotiert...

Die Lehre vom Aussehen

Schon vor dem Saisonfinale durfte Nick Heidfeld einen ersten Blick auf Entwürfe seines neuen Autos für 2008 werfen. "Es sieht gut aus, aber so ein Gefühl kann man gleich in die Tonne hauen", sagte er. "In der F1 kann man nicht durch Anschauen entscheiden, ob ein Auto schnell ist oder nicht." Als er zu Jahresbeginn zum ersten Mal den neuen Renault sah, dachte er auch: "Der sieht aber geil aus." Nick rechnete damit, dass es schwer werden würde, Renault zu schlagen. "Und dann waren wir schneller, obwohl unser Auto normal aussieht."

Die Lehre von der Kraft

Schon jetzt können wir uns für 2008 auf einige einfallsreiche Wortspiele einstellen. Force India F1 ist der neue Name von Spyker, ehemals Midland, ehemals Jordan. Schon jetzt sehen wir die britischen Kollegen von der "force to be recognized" schreiben. Und natürlich ganz Skywalker-Style: "May the force be with them..." In den letzten Runden der Saison war die Macht mit Nico Rosberg - er drehte die schnellsten Runden, kam immer weiter nach vorne, überholte Heidfeld und Kubica. Da darf man sich schon einmal ein Augenzwinkern erlauben: "Bei Ferrari sind Auto und Fahrer eben nicht gut genug."

Die Lehre vom Vorbild

Toro Rosso stand bei den letzten Rennen immer wieder im Blickpunkt. Allerdings war es Sebastian Vettel, der mit der richtigen Regenstrategie in Japan und China viel Beifall einfuhr. Tonio Liuzzi wählte jeweils die andere Strategie, war auch nicht unerfolgreich, aber eben nicht ganz so gt. "Wie sieht nun meine Strategie morgen aus?", fragte Tonio Liuzzi am Samstagabend. "Ich denke, ich sollte das tun, was Sebastian tut, da dies in den vergangenen beiden Rennen gut zu funktionieren schien."

Die Lehre vom Iceman

Auch nach dem letzten Qualifying der Saison wurde wie üblich über die Spritmengen diskutiert - übrigens ungekühlt. War Kimi Räikkönen schwerer als Felipe Massa? War dies der Grund dafür, dass der Finne so gelassen wirkte? "Kimi sieht immer alles gelassen", warf Christian Danner ein. "Da kann man machen, was man will. Egal ob mit oder ohne Sprit, er sieht immer alles gelassen." So wird man Weltmeister. Und was ist der Weltmeister so für ein Typ? "Ich kenne ihn überhaupt nicht", gestand Nico Rosberg. "Ich habe noch nie ein Wort mit ihm gesprochen." Das sollte sich auch nicht auf der Weltmeisterparty ändern: "Ich weiß nicht, ob ich tanzen werde", war sich Räikkönen unsicher. "Ich werde wohl nicht in der Verfassung sein, um zu tanzen..."