"Ich freue mich jedes Mal auf den Kanada Grand Prix, weil Montreal einfach ein toller Ort ist. Die Stadt ist wunderschön und die Atmosphäre ist großartig." Dieser Satz von Ralf Schumacher hätte auch von jedem anderen Formel-1-Piloten stammen können. In kaum einer Sache ist man sich so einig wie in dieser - und das, obwohl der Rennkalender auch noch andere Hochkaräter in puncto Lebensqualität wie Barcelona oder Melbourne in petto hat. Montreal verzaubert offensichtlich seine Besucher. Doch woher kommt das besondere Flair dieser Stadt?
Eine Insel mit einem Berg
Schon die geographische Lage weist Montreal als etwas Besonderes aus. Denn ebenso wie der Circuit de Gilles Villeneuve befindet sich auch der Stadtkern auf einer eigenen Insel, der "Ile de Montreal", die vom Sankt-Lorenz Strom umspült wird. Dort liegt auch der Namensgeber der größten Stadt der Provinz Quebec, der 233 Meter hohe "Mont Royal", auf Deutsch "königlicher Berg". Damit der Hügel auch weiterhin königlich bleibt, darf kein Gebäude der Stadt höher sein als 233 Meter.
So bieten die beiden Aussichtplattformen am Berggipfel einen der schönsten Blicke auf Montreals Panorama. Ebenso empfehlenswert ist der Blick vom höchsten geneigten Turm der Welt, der entgegen anders lautenden Gerüchten nicht in Pisa steht, sondern im Olympiapark von Montreal, wo 1976 die olympischen Sommerspiele stattfanden.
Schmelztiegel der Kulturen
Es gibt kaum eine Metropole in Nordamerika, die eine ähnliche ethnisch kulturelle Vielfalt zu bieten hat wie die zweitgrößte Stadt Kanadas. Zwar legt Montreal sehr viel Wert auf ihren französischen Ursprung - der Großraum Montreal mit seinen 3,7 Millionen Einwohnern ist nach Paris die zweitgrößte französischsprachige Stadt der Welt, dennoch ist es der Stadt gelungen, über 80 weitere ethnischen Gemeinschaften zu verschmelzen.
Die mit 20% größte Minderheit stellen dabei die englischsprachigen Bewohner, in Montreal nur "Anglos" genannt. So vereint Montreal den einzigartigen Mix aus amerikanischer Lässigkeit und europäisch-südländischem Esprit. Der kommt natürlich besonders im kurzen aber warmen kanadischen Sommer zur Geltung, wenn sich kulturelle und sportliche Großveranstaltungen in einer scheinbar endlosen Kette aneinanderreihen und sich das Leben draußen auf den Straßen abspielt.
Eines der Events, das dabei die Bewohner der Stadt besonders in ihren Bann zieht, ist der Formel 1-Grand Prix. Vielleicht wird Bernie Ecclestone an Montreal gedacht haben, als er seine Pläne präsentierte, die Formel 1 wieder in die Stadt zu holen, denn hier ist seine Vision schon lange Wirklichkeit. Die "Ile de Notre Dame", auf der sich der normalerweise für den öffentlichen Verkehr zugelassene Parcours befindet, liegt nur einen Katzensprung vom Stadtkern entfernt.
Die Identifikation mit der sonst so abgehobenen Formel 1-Welt ist dadurch besonders hoch; wohl auch ein Grund warum sich Ralf Schumacher und co in Montreal so wohl fühlen. Doch auch schon vor der Ära der Formel 1 war die Ile de Notre Dame ein Ort für die besonderen Events. 1967 fand auf dem Gelände die Weltausstellung statt und während der olympischen Spiele stand hier das Athletendorf - exakt dort, wo nun das Fahrerlager postiert ist.
Die Stadt unter der Stadt
Doch auch wenn sich der Indian Summer im Oktober langsam aus dem Süden Kanadas verabschiedet und der lange kalte Winter beginnt lässt man sich in Montreal seine gute Laune nicht nehmen. Nur verlagert man das bunte Treiben von der Straße unter die Erde. In wohl keiner anderen Stadt dieser Welt ist es möglich, bei Temperaturen im Minus-Bereich von seiner Wohnung zur Arbeit auf der anderen Seite der Stadt zu gelangen, ohne eine Jacke anziehen zu müssen. Denn die Métro in Montreal ist nicht nur einfach eine U-Bahn wie in anderen Städten. Sie ist eine eigene Stadt, die über Fußgängertunnel mit vielen Wohnhäusern auf der Ile de Montreal verbunden ist.
Das System aus insgesamt 30 Kilometer Tunneln, Passagen und sogar öffentlichen Plätzen wird häufig als "ville souterraine", die "unterirdische Stadt bezeichnet. Wer einen Einkaufsbummel machen möchte, bekommt hier alles, was das Herz begehrt. Dafür sorgen über 1700 Boutiquen und 200 Restaurants. Und auch die U-Bahn Stationen selbst sehen in Montreal nicht aus wie ein renovierungsbedürftiges 70-Jahre Badezimmer. Stattdesseb durften sich in den Haltestellen Montrealer Künstler verewigen und gaben dabei jeder Station ihr ganz eigenes Ambiente, die die Knotenpunkte selbst zu Sehenswürdigkeiten machen
Es lebe die Tradition
Weltausstellung, olympische Spiele und U-Bahn zeugen von der Moderne der frankophonen Metropole. Doch in Montreal wird auch viel Wert auf Tradition gelegt. In Alt-Montreal rollen immer noch Pferdekutschen über das Kopfsteinpflaster der von steinernden Häuserfassaden gesäumten Gassen. Ging man eben noch an den Glasfassaden der modernen Bürotürme vorbei, wird man auf einmal direkt in das 19. Jahrhundert zurückversetzt, in eine Zeit als Montreal durch den Pelzhandel ihren großen Aufschwung erlebte und zu einer der größten Städte des Kontinents avancierte.
Gleichzeitig ist Montreal für nordamerikanische Verhältnisse sehr alt. Schon 1642 wurde vom französischen Generalgouverneur die Siedlung Vile-Marie auf dem Gebiet einer ehemaligen Irokesensiedlung gegründet. Allerdings wurde der rasch wachsende Ort schon früh inoffiziell Montreal genannt. 1832 bekam Montreal Stadtrechte. Der Wachstum der Stadt setzte sich von da an bis weit ins 20. Jahrhundert fort. Erst in den 70-Jahren verlor man die wirtschaftliche Führungsposition in Kanada an Toronto.
Zu dieser Zeit gab es in der französischen Provinz Quebec mit Montreal als ihrem Zentrum starke Tendenzen, sich von Kanada zu lösen und seine Unabhängigkeit zu erklären. Doch letztlich wurde dies in einer Volksbefragung mehrheitlich abgelehnt. Und so findet das Formel 1-Rennen in Montreal selbstverständlich unter der rot-weißen Flagge mit dem Ahornblatt als Grand Prix von Kanada statt.
Kanada - Fakten, Fakten, Fakten
Kanada | |
Fläche: | 9,97 Mio. km² |
Einwohner: | 31,5 Mio. |
Einwohner Montreal: | 3,5 Mio. |
Hauptstadt: | Ottawa |
Sprachen: | Englisch, Französisch |
Währung: | 1 Kan. Dollar = 100 Cents |
Zeit: | MEZ -6 h |
Gliederung: | 10 Provinzen, 3 Territorien |
Staatsform: | Parlamentarische Monarchie im Commonwealth (seit 1931) |
Regierungschef | Paul Martin (seit 2003) |
Staatsoberhaupt: | Königin Elisabeth II. (seit 1952) |
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