Wiederholungen sind heutzutage in: Egal ob im Fernsehen, Radio oder der Formel 1. Auch der 88. GP-Triumph von Michael Schumacher war eine Wiederholung. Aber nicht nur, weil der Kerpener jetzt schon ganze acht Mal in der französischen Pampa gewonnen hat; es war auch sein zweiter Doppel-Pack in dieser Saison. Nach den Siegen in Imola und am Nürburgring gelang ihm dieses Kunststück in Indianapolis und eben Magny Cours. Jetzt gilt es die Frage zu klären: War dies nur eine Wiederholung des roten Doppelpacks, dem nach Imola und dem Nürburgring eine weitere gelb-blaue Siegesserie folgte, oder doch die selbst von Ferrari "unerwartete" Wende im Titelkampf?
Fernando Alonso und Renault glauben natürlich an die erste Variante. Michael Schumacher und Ferrari seien an diesem Wochenende einfach "ein bisschen schneller" gewesen - "so wie in Imola und am Nürburgring. Schon damals dachten alle, dass Michael jetzt alle Rennen gewinnen würde, aber wir konnten zurückschlagen. Genau das wollen wir in Hockenheim schaffen." Flavio Briatore ist sogar davon überzeugt, dass Renault in Deutschland kontern kann. "Ich bin zuversichtlich, dass wir in Deutschland ganz oben stehen können", prophezeite er den Gegenschlag.
Deswegen freut sich Chefingenieur Pat Symonds schon auf das nächste Rennen. "Wir werden dort grundlegende Verbesserungen an der Aerodynamik und am Motor haben", weiß er. "Wir haben in diesem Jahr schon einmal zwei Rennen an Ferrari verloren", erinnerte auch er an die back-to-back-Siege in Imola und der Eifel. "Aber wir kamen stark zurück. Genau das möchten wir auch in Hockenheim schaffen."
Dank dem Reifengott
Beim Heimspiel in Magny Cours hatte man den Roten aber nichts entgegenzusetzen. "Natürlich ist es enttäuschend vor 6.000 Renault-Mitarbeitern nicht gewonnen zu haben", gestand Briatore, der sogar mit einem Doppelsieg geliebäugelt hatte. "Aber wir bleiben ruhig und haben noch immer einen Vorsprung in der WM. Ich mache mir noch keine großen Sorgen - und wir haben nur zwei Punkte verloren, das ist doch okay."
Bei Ferrari bläst man natürlich ins genau entgegen gesetzte Horn: "Das ist ein perfektes Resultat, aber es ist auch etwas unerwartet", sagte Schumacher. "Denn wir wussten gestern nicht ganz genau, wie das Rennen aus Reifensicht verlaufen würde und ob die Reifen durchhalten würden."
Damit schneidet der siebenfache Weltmeister auch das entscheidende Thema des Wochenendes an: Die Reifen. Denn Briatore weiß ganz genau, was seinem Team zum Sieg gefehlt hat. "Die Reifen - das hat man hier klar gesehen, man muss ja nur sehen, dass ein Ralf Schumacher vor Kimi and Fisichella gelandet ist. Aber das wird sich auch wieder ändern."
Ross Brawn lobte unterdessen die im letzten Jahr arg gescholtenen Japaner von Bridgestone. "Sie haben gut gearbeitet und ich bin optimistisch, dass wir ein gutes Paket haben. Beide Fahrer sind ein tolles Rennen gefahren. Wir haben eine aggressive Reifenwahl für das Qualifying betrieben und die Fahrer haben perfekt auf ihre Reifen geachtet."
Deshalb habe Michael Schumacher ein "problemloses" Rennen fahren können. "Er hat zu Beginn jedes Stints auf seine Reifen geachtet und alles lief perfekt. Wir konnten Renault in Frankreich 2 Punkte abluchsen - das ist super für das Team. Wir kommen von weit hinten, aber wir holen jetzt auf."
Vergebliche Hoffnung auf Schützenhilfe
Für seine Aufholjagd braucht Michael Schumacher aber Unterstützung. Zum einen von seinem Teamkollegen Felipe Massa, zum anderen von der Konkurrenz - etwa McLaren Mercedes oder neuerdings Toyota. "Für uns ist es wichtig, so viele Autos wie möglich vor dem WM-Führenden zu haben, falls Michael vorne ist", weiß Jean Todt. "Toyota war hier sehr stark das ganze Wochenende", sagte er. "Leider für sie und für uns konnten sie nicht so viele Punkte machen, wie wir gehofft haben."
Auch die "Idealkonstellation" auf den Plätzen 1 und 2 konnten Schumacher und Massa nicht bis zur Ziellinie halten. "Wir sind aber trotzdem glücklich. Es ist auch so ein großartiges Ergebnis, auch wenn Felipe Platz 2 nicht halten konnte - das sind trotzdem wichtige Punkte für uns", übte sich der Deutsche in Zurückhaltung. Technikchef Ross Brawn war dennoch nur "zu 50% zufrieden", denn "leider war Felipe nicht so schnell, wie wir erwartet hatten". Todt nahm den Brasilianer jedoch in Schutz. "Er hat einen guten Job gemacht", sagte Todt. "Er war im Qualifying nur ein Zehntel hinter Michael. Aber er hatte eine andere Strategie als unser Konkurrent. Und mit unserer Strategie geriet Felipe in den Verkehr. Daher war diese Strategie heute nicht die beste."
Wenigstens in den Anfangsrunden konnte Massa seine Arbeit als Nummer 1B perfekt umsetzen: "In der ersten Kurve war es sehr eng, ich war fast im Gras und froh wieder auf die Strecke zu kommen", sagte Alonso über das Duell gegen Felipe Massa, den er erst im späteren Verlauf des Rennens an der Box überholen konnte. "Ich bin in der ersten Kurve nur darauf bedacht gewesen Fernando hinter mir zu halten, ich war leicht vorne und er hatte mehr zu verlieren, er konnte kein höheres Risiko eingehen", analysierte Felipe die Situation.
Als Straßenblockade sah der Spanier den Ferrari mit der Startnummer 6 nicht. "Wir haben im ersten Stint 4-5 Sekunden verloren, das hätte nicht für den Sieg gereicht." Somit war sein zweiter Platz das Beste, was er herausholen konnte. "Das war ein langes und hartes Rennen, aber unter diesen Umständen ist Platz 2 ein perfektes Ergebnis. Wenn man bedenkt von wo ich gestartet bin, ist Platz 2 das Beste, was möglich gewesen ist."
Das Rennen: Passend zur geographischen Lage
Jeder der schon einmal das unheimliche 'Vergnügen' hatte in Magny Cours weilen zu dürfen weiß, was es bedeutet, wenn wir über den Grand Prix schreiben: Das Rennen war genauso spannend wie die geographische Lage - also jene im französischen Nirgendwo.
Noch deutlicher wird die Beschreibung dieses bestenfalls als "Taktik-GP" zu lobenden Rennens so: Die Anfangsminuten des dritten Qualifyings boten mehr Überholmanöver, Spannung und Kurzweil als die 70 Runden am Sonntag. Natürlich ist diese Aussage nicht ganz fair, denn im Qualifying wehrten sich Alonso und Schumacher bei ihren Überholspielchen natürlich nicht bis zum Allerletzten, aber andererseits: Im Rennen kam es erst gar nicht soweit, dass sich einer der beiden - oder irgendjemand anderes - hätte wehren müssen.
Für alle die nun sagen "Früher war alles besser" sei angemerkt: Diese Situation ist nichts Neues. Schon "früher" hieß es immer: Das Qualifying (in seiner unverfälschten einstündigen und zwölfrundigen Form) ist viel spannender als das Rennen. Immerhin auf diesem Gebiet hat das Jahre lange Suchen nach einem neuen Qualifying-Format also endlich Früchte getragen.
Ach ja: Was sagen wir nun zum Frankreich GP 2006? Vor zwei Jahren benötigte Michael Schumacher eine ausgeklügelte Vierstoppstrategie um zu gewinnen - diesmal reichten ihm drei Boxenbesuche zum 8. Magny Cours-Triumph. Eine genaue Analyse der Rundenzeiten, Vorsprünge und Rückstande sowie Boxenstandzeiten ersparen wir uns...
Der Ausblick: Folgt die nächste rote Reduktion?
War der Frankreich GP nun eine Wende im Titelkampf oder nicht? "Vielleicht noch nicht in der WM, aber zumindest bei der Konkurrenzfähigkeit der Autos", sagt Christian Danner. "Ferrari ist jetzt eindeutig schneller als Renault." Und das soll laut Jean Todt so bleiben: "Wir werden in Hockenheim schnell sein. Wir werden überall schnell sein. Und dann macht der Konkurrent vielleicht einen Fehler bei der Reifenwahl. Wir wollen die WM gewinnen", fügte er hinzu. "Wir wollen sie verdient gewinnen, und wir tun den bestmöglichen Job."
In Magny Cours brachte dies in beiden WM-Wertungen Fortschritte: "Wir haben 16 Punkte geholt und damit in beiden WM-Wertungen aufgeholt", freute sich Massa. "Diese beiden Punkte sind sehr wichtig", so Schumacher. "Hoffentlich können wir bald noch mehr Boden gutmachen." Damit es so weitergeht, möchte sich Ross Brawn "von Rennen zu Rennen" verbessern. "Noch sind beide Titel zu haben", betont Jean Todt. "Es sind noch sieben Rennen zu fahren und wir werden alles geben, um unsere Ziele zu erreichen."
Danner gibt jedoch zu Bedenken, dass nicht unbedingt Ferrari die großen Fortschritte gemacht hat. "Renault findet derzeit keine Balance, da ist Ferrari besser", nennt er einen der Gründe für das Umschwingen des Pendels. "Es ist auffällig, dass Alonso mehr kämpfen muss und die perfekte Balance der Vergangenheit nicht mehr so leicht hinbekommt."
Der zweite Faktor sind die Reifen. "Michael zeigt eine tolle Form, genauso wie Bridgestone und Ferrari", lobte Alex Wurz. "Die nächsten Rennen, die alle heiß werden, kommen Bridgestone und den Ferrari immer entgegen." Allerdings kann sich das Bild schnell umkehren. "Da müssen wir nur an das letzte Jahr denken: Da hat Renault in den letzten paar Rennen extrem stark zugelegt", erinnert Danner. Aber das müssen sie auch, meint Stuck, "denn Bridgestone hat schon einen ganz großen Sprung in der Performance gemacht. Die haben gerade bei der Hitze hier einen fast perfekten Reifen geliefert, und da muss sich Michelin schon gewaltig anstrengen." Denn die nächsten drei Rennen in Hockenheim, Ungarn und der Türkei könnten alle sehr heiß werden...
Trotzdem wissen alle Beteiligten, dass es für Schumacher sehr schwierig wird die 17 Punkte Rückstand in sieben Rennen aufzuholen. "Obwohl Schumacher zwei Punkte weggeknabbert hat, wird es weiter hart, solange Alonso punktet", sagt Alex Wurz. "Alonso hat im Vergleich zu Michael die leichtere Aufgabe", stimmt Danner zu. "Er muss einfach seine Rennen zu Ende fahren." Demnach sieht Strietzel Stuck noch keine Trendwende gekommen, "sondern nur eine Reduktion des Minus-Punktestandes um zwei WM-Punkte".
Die Hoffnungen für Hockenheim sind also die gleichen wie für Magny Cours: "Alonso wird versuchen vor Massa zu bleiben und Ferrari wird hoffen, dass vielleicht McLaren noch besser wird, um vor Alonso zu kommen", prognostiziert Danner. Michael Schumacher gibt dennoch nicht auf: "Wir müssen diesen Elan in den nächsten Rennen ausnutzen, um noch mehr Boden gutzumachen, damit die WM erst am Ende entschieden wird - dann hoffentlich zu unseren Gunsten."
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