Wer hätte das gedacht: Noch bevor die roten Lichter in Bahrain erlöschen und die ersten V8-Motoren an einem Rennwochenende aufheulen, steht Toyota bereits als erster Sieger der Saison 2006 fest. Sie fragen sich warum? Ganz einfach: Die Japaner gewannen das Präsentationsrennen um das erste Fahrzeug-Rollout.

Der 'neue' TF106 feierte schon Ende November beim Beginn der Wintertests sein Debüt. Nun soll der weiß-rote Flitzer aus Köln-Marsdorf, der als einziger komplett auf deutschem Boden gebaut wird, auch noch einen richtigen GP-Sieg folgen lassen. Für die Japaner wäre dies der erste Triumph seit dem F1-Einstieg im Jahr 2002.

Erwartet wird dieser große Durchbruch schon lange: Genau genommen wurde Toyota schon während des Testjahres vor dem F1-Einstieg prophezeit, dass sie eines Tages in der Formel 1 erfolgreich sein würden. Bis heute ist diese Feststellung jedoch mit dem Nachsatz verbunden: Die Frage ist nur wann?

Der TF106 wurde vor dem Saisonstart generalüberholt., Foto: Sutton
Der TF106 wurde vor dem Saisonstart generalüberholt., Foto: Sutton

Das Team Während bei Toyota also die Zeit ein entscheidender Faktor ist, zählen das Budget oder einfach nur Geld nicht unbedingt zu den Dingen, die in Köln-Marsdorf knapp bemessen sind. Zwar sind die Märchen vom schier unbegrenzten Budget der Japaner genau das: Nämlich Märchen. Doch steht den Weiß-Roten sicherlich mehr als nur ein kleines Taschengeld vom Mutterkonzern zur Verfügung. Übrigens wird das gesamte Team von Toyota Japan finanziert. Dafür fließen die Sponsoreneinnahmen direkt in die Konzernzentrale nach Tokio.

Am Team hat sich über den Winter bis auf den Abgang von Chefdesigner Gustav Brunner nicht viel verändert. Noch immer führt Mike Gascoyne die Truppe als Technischer Direktor an. Allerdings könnten seine Gegner in Folge einer schwachen Saison schnell Oberhand gewinnen. Aus infrastruktureller Sicht ist noch zu erwähnen, dass Toyota mit dem Bau eines zweiten, identischen Windkanals neben seinem bisherigen Windtunnel begonnen hat. Den Weiß-Roten bläst der Wind also bald doppelt ins Gesicht.

Die Tests Der frühe Testbeginn im alten Jahr brachte einen Vorteil mit sich: Der TF106 konnte schon sehr bald auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden. So stand zu Beginn auch hauptsächlich die Standfestigkeit der mechanischen Komponenten und des neuen V8-Triebwerks im Mittelpunkt der Testarbeit. Parallel dazu versuchte das Team die neuen Bridgestone-Reifen an den Wagen anzupassen. Dieser Schritt soll mit der Einführung des TF106B abgeschlossen werden.

Die Performance des TF106 stimmt noch nicht., Foto: Sutton
Die Performance des TF106 stimmt noch nicht., Foto: Sutton

Das Auto Der Tag stand schon bei der offiziellen Präsentation des TF106 in Frankreich fest: Zum Großen Preis von Monaco soll das Arbeitsgerät von Ralf Schumacher und Jarno Trulli gegen eine B-Version ausgetauscht werden. Bereits vor Saisonbeginn erhielt das Auto ein neues Aerodynamikleid. Während die Zuverlässigkeit bei den Wintertests, abgesehen von den üblichen Problemen, stimmte, ließ die Performance der weiß-roten Renner von Test zu Test nach. Am Ende konnte Toyota nicht mehr mit den Spitzenteams von Renault und Honda mithalten. Ob sie alle Karten offen auf den Tisch gelegt haben, wird sich erst in Bahrain zeigen.

Der Motor Der Toyota-Motor zeichnete sich schon im Vorjahr als ein äußerst zuverlässiges Aggregat aus. Das galt damals nicht nur für das Werksteam, sondern auch für das Jordan Kundenteam. Für dieses stellte Tiago Monteiro einen neuen Zuverlässigkeitsrekord für F1-Rookies auf. Unter dem neuen Motorenreglement wird der Standfestigkeit natürlich eine besondere Rolle zuteil. Entsprechend baut Toyota darauf auch zu Beginn dieses Jahres dank einer guten Zuverlässigkeit wertvolle Punkte einfahren zu können.

Die Fahrer Am Fahrerquartett hat sich 2006 nichts geändert: Ralf Schumacher und Jarno Trulli gehen auf Punktejagd, Olivier Panis und Ricardo Zonta testen was das Zeug hält. Mit Zonta und Panis konnte Toyota zwei erfahrene GP-Piloten als Testfahrer halten, die wichtige Informationen und Daten sammeln können. An den GP-Freitagen müssen sie jedoch auf den zusätzlichen Input von Ricardo Zonta verzichten. Der vierte Rang des Vorjahres fordert eben seinen Preis.

Ralf Schumacher hat mit Jarno Trulli eine harte Nuss zu knacken., Foto: Sutton
Ralf Schumacher hat mit Jarno Trulli eine harte Nuss zu knacken., Foto: Sutton

Für Jarno Trulli steht ein wichtiges Jahr bevor: Sein Vertrag endet mit dem Ablauf dieser Saison und der Italiener kündigte schon vor Saisonbeginn an, dass er eine möglichst frühe Entscheidung über seine Zukunft anpeilt. Allerdings halten sich hartnäckige Gerüchte, dass die Konzernzentrale gerne einen Superstar vom Kaliber eines Kimi Räikkönen oder Juan Pablo Montoya verpflichten würde.

Jarno muss deshalb seinen Wert für das Team unter Beweis stellen. Im letzten Jahr hatte er seinen Teampartner Ralf Schumacher bis zum Debüt der B-Version des TF105 fest im Griff. Vor allem im Qualifying zeigte Trulli immer wieder sensationelle Leistungen. Im Rennen mutierte er dann allerdings zum berüchtigten "Trulli-Train", der unbeabsichtigt die schnelleren Hinterleute aufhielt. Das soll 2006 nicht mehr passieren.

Sollte Jarno also mit dem TF106 ebenso gut wie mit dem TF105 klarkommen, sieht es für weitere Podestplätze und eine Vertragsverlängerung nicht allzu schlecht aus. Etwas dagegen hat Ralf Schumacher: Auch er muss nach einer durchwachsenen Vorsaison seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen.

Sollte ihm der TF106 samt des neuen Hecks genauso gut wie der TF105B liegen und Jarno Trulli weiterhin Probleme mit dem Auto haben, könnte Ralf seine Qualifying-Schwäche im Vergleich zum Italiener ausgleichen. Ansonsten steht Toyota ein heißes Stallduell ins Haus, dessen Ausgang unter gleichen Bedingungen völlig offen wäre.

Jarno Trulli kämpft um seine Zukunft., Foto: Sutton
Jarno Trulli kämpft um seine Zukunft., Foto: Sutton

Die Prognose Die Ziele des Teams sind klar definiert: Toyota möchte 2006 seinen ersten GP-Sieg einfahren, regelmäßig auf dem Podium stehen und das beste Bridgestone-Team werden. Letzteres ist sowohl eine Herausforderung als auch ein möglicher Problemfaktor. Denn selbst wenn man Ferrari als bestes Bridgestone-Team ablösen sollte, hängt die Gesamtplatzierung immer noch vom schwarzen Gold aus Japan ab. Sollte Bridgestone, wie von einigen Experten vor dem Saisonstart vermutet wird, weiterhin das Nachsehen gegen Michelin haben, würde ihnen der Bridgestone-interne Sieg kaum etwas bringen. Die große Frage lautet also: Wie gut sind die japanischen Gummis? Aber das ist nicht die einzige Frage, die es bei Toyota zu klären gilt: Denn noch hat der TF106 bei den Testfahrten nicht als ultraschnelles Auto überzeugen können. Das neue Aerodynamikpaket sollte Toyota eigentlich näher an die Spitze bringen, als dies bei den letzten Tests der Fall gewesen ist. Haben die Japaner geblufft oder brachte sie ihr Aero-Update nicht wie erwünscht weiter?

Die Team-Analysen im Überblick