In Singapur holte sich McLaren den zweiten Konstrukteurstitel in Folge, den zehnten in der Team-Geschichte. Doch die Schlagzeilen nach dem Grand Prix beherrschte nicht das Team, sondern die beiden Fahrer und ihre Berührung in Kurve 3. Kurzer Rückblick: Norris, der von P5 gestartet war, zog am Start an Antonelli vorbei und stach, als er eine Lücke sah, hinein. Dabei berührte er den RB21 von Max Verstappen und rutschte infolgedessen nach außen in den MCL39 seines Teamkollegen.
Oscar Piastri beschwerte sich danach im Funk: "Also ist es okay, wenn Lando mich einfach aus dem Weg schubst?" Die Medien stürzten sich genüsslich auf das Thema. "Der Bürgerkrieg bei McLaren wird hässlich. McLaren krönt sich zum Konstrukteursweltmeister - an einem Tag, an dem die Harmonie im Team verflog und ein wütender Oscar Piastri Lando Norris unfaires Fahren vorwirft", titelte die Daily Mail. Der Guardian befürchtet, dass "der Kater nach dem Knall zwischen Lando Norris und Oscar Piastri noch lange für Kopfschmerzen sorgen könnte." Vom Schweizer Blick bekam es vor allem die Teamführung ab.
"[...] da zeigte sich einmal mehr, dass sich die McLaren-Führung endgültig einen Heiligenschein auferlegte. Nach außen wird alles schöngeredet, hinter den Kulissen stinkt und kracht es." Laut Formel 1-Experte Christian Danner ist McLarens Führungsriege definitiv der Grund, dass die Szene in Kurve 3 überhaupt für Diskussionsstoff sorgt. "Bei allen anderen wäre es ein ganz normaler Rennvorfall gewesen, wie das auch die Stewards gesehen haben. Aber McLaren hat das ganze Jahr versucht, die Piloten so aufeinander einzustimmen, dass sie sich bitte, bitte nichts Böses tun. Deswegen schauen natürlich alle auf die zwei. Das subjektive Konfliktpotenzial darf man hier nicht unterschätzen", sagte Danner im AvD Motorsport-Magazin .
Oscarreife Schimpftiraden gefundenes Fressen
Auf Social Media wird dieses Konfliktpotenzial sogar noch multipliziert, indem jedes Detail, jede Geste, jede Szene unter die Lupe genommen wird. Bestes Beispiel: das Teamfoto auf dem Podium. Norris war dabei, Piastri nicht. Laut Social Media der eindeutige Beweis, dass Lando Norris McLarens Golden Boy ist und Piastri vom Team benachteiligt wird. Die Tatsache, dass nur eine Handvoll Team-Mitglieder überhaupt auf dem Podium dabei waren, wird dabei unter den Tisch gekehrt.


Für Danner ist zumindest nach dem Singapur Grand Prix das Thema "Papaya Rules" abgehakt. "Ich glaube nicht, dass man in Zukunft mit Friede, Freude, Eierkuchen weitermachen kann", so der frühere F1-Pilot. Dass Piastri nach dem Kontakt in Kurve 3 stinksauer war, kann Danner nachvollziehen. Immerhin war es für den WM-Leader das zweite Rennen in Folge, in dem er nicht auf dem Podium stand – und auch Punkte gegenüber seinen Titelkonkurrenten Norris, aber auch Verstappen verlor.
"Ich muss gleich vorwegschicken, dass für mich Norris auf Krawall gebürstet war. Er ist gut gestartet, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen ist – und das scheint ihn gleich zu so viel Euphorie getrieben zu haben, dass er viel zu schnell und viel zu optimistisch in die Kurve fuhr. Alle anderen – inklusive Piastri – waren da vorsichtiger. Und anstatt Verstappen zu treffen, hat sich Norris entschieden: Ich lenke lieber mal nach rechts und was mein Teamkollege macht, ist mir egal. Dass Piastri darüber sauer ist, ist verständlich", meinte Danner. Aus seiner Sicht gibt es für McLaren nur Option: eine Nummer 1 festlegen.
Danner: McLaren hat nur eine Option
"Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass man knallhart entscheidet, wer von den beiden F1-Weltmeister wird und keine Rücksicht auf die seelischen, moralischen und sonstigen Befindlichkeiten nimmt", so Christian Danner. Sechs Rennen vor Saisonende führt Piastri die Fahrerwertung mit 336 Punkten an, dahinter folgen Norris mit 314 Punkten und Verstappen mit 273 Punkten. Vor allem Verstappen holte seit Zandvoort 86 Punkte. Zum Vergleich: Piastri 42 Punkte, Norris 39. Die letzten Updates am RB21 haben Früchte getragen, während McLaren die Entwicklung am MCL39 eingestellt hat.
Dadurch ist McLarens Dominanz aus der ersten Saisonhälfte verpufft. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie in Singapur hätten gewinnen können, wenn sie weiter vorne losgefahren wären. Aber Verstappen/Red Bull haben definitiv einen Schritt nach vorne gemacht", so Danner. McLaren-Teamchef Andrea Stella bestätigte in Singapur, dass es interne Gespräche geben wird. An den Papaya Rules will er weiterhin festhalten. "Es ist auch im Interesse des Teams, dass wir faires Racing zwischen beiden Fahrern haben, damit sie ihren Ambitionen nachgehen können, damit es sportlich bleibt."



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