Normalerweise gibt es an dieser Stelle jedes Jahr eine große Test-Analyse mit Ausblick auf die neue Saison der Formel 1. 2025 nicht. Das hat gute Gründe. F1-Testfahrten sind immer mit Vorsicht zu genießen, diese Präambel schafft es in jede Analyse. Der diesjährige Test toppt die übliche Skepsis.

Die Bedingungen in Bahrain waren 2025 alles andere als repräsentativ. Selten war es zu dieser Jahreszeit hier so kalt. Nur am letzten Tag stieg das Quecksilber etwas über 15 Grad Celsius, am Donnerstag regnete es sogar zeitweise.

Die aktuelle Fahrzeuggeneration reagiert besonders sensibel auf kleinste Änderungen. Schon Unterschiede von wenigen Grad Celsius Asphalttemperatur können einen riesigen Unterschied auf das Kräfteverhältnis machen. Dieser Test war nur eine Momentaufnahme.

Das gilt eigentlich für jeden Test, der nur auf einer einzigen Strecke absolviert wird. Selten waren die Performance-Umschwünge so groß wie bei dieser Fahrzeuggeneration. Bahrain ist auf der Skala der repräsentativen Rennstrecken recht weit unten angesiedelt: Kein flüssiger Rhythmus, dazu der mit Abstand aggressivste Asphalt des Jahres.

Williams überrascht mit Gesamt-Bestzeit - aber am falschen Test-Tag?

Werfen wir also zuerst einen kurzen Blick auf die einzelnen Runden. Die Bedingungen machen es noch schwieriger als sonst, Donnerstag und Freitag - die beiden Tage, an dem sich die meiste Action abspielte - zu vergleichen. Obendrauf sieht es Pirelli auch deshalb nicht möglich, ein verlässliches Reifendelta zwischen dem primär verwendeten C3 und dem etwas weicheren C4 auszugeben. Grob ist von einer halben Sekunde Vorteil durch den C4 auszugehen.

P.FahrerTeamZeitReifenWann?
1SainzWilliams1:29,348C3DO Nachmittag
2HamiltonFerrari1:29,379C3DO Nachmittag
3LeclercFerrari1:29,431C3DO Vormittag
4RussellMercedes1:29,545C3FR Nachmittag
5VerstappenRed Bull1:29,566C3FR Nachmittag
6AlbonWilliams1:29,650C4FR Nachmittag
-Norris (beste Sektoren)McLaren1:29,774C3DO Nachmittag
7AntonelliMercedes1:29,784C3DO Nachmittag
8PiastriMcLaren1:29,940C3FR Nachmittag
9GaslyAlpine1:30,040C3FR Nachmittag
10StrollAston Martin1:30,229C3DO Nachmittag
11LawsonRed Bull1:30,368C3DO Nachmittag
12DoohanAlpine1:30,368C3DO Nachmittag
13NorrisMcLaren1:30,430C3MI Nachmittag
14TsunodaRacing Bulls1:30,497C3FR Nachmittag
15HadjarRacing Bulls1:30,675C4DO Nachmittag
16AlonsoAston Martin1:30,700C3DO Vormittag
17OconHaas1:30,728C4FR Nachmittag
18BortoletoSauber1:31,057C3DO Nachmittag
19HülkenbergSauber1:31,457C3DO Vormittag
20BearmanHaas1:32,361C3FR Vormittag

Carlos Sainz fuhr die Bestzeit aber ohnehin mit C3. Nur knapp war er schneller als Ferrari. Wie viel Benzin bei den Spitzenteams relativ zu Williams im Tank war lässt sich nicht sagen. Albon fuhr am Freitag seine beste Zeit mit C4, alle um ihn herum nutzten C3. Obendrauf waren Albons Topspeeds etwas höher als die der Spitze, was auf einen schärferen Motormodus hindeuten mag.

George Russells Freitags-Bestzeit war nur zwei Zehntel langsamer als Sainz' Donnerstags-Marke. Er war fast zeitgleich mit Max Verstappen, der nach langer Setup-Arbeit am Freitag kurz vor Schluss endlich einen sich halbwegs benehmenden Red Bull zusammenbrachte. Wo waren die viel gehypten McLaren? Hatten keine Lust auf aussagekräftige Runden. Lando Norris brach alle seine Runden am Donnerstagabend entweder ab oder beging Fehler.

Not oder Bluff: Wie gut oder schlecht ist der McLaren? (09:49 Min.)

Ein theoretisches Aneinanderreihen der besten Sektorzeiten bringt Norris trotzdem nicht an die Spitze. Oscar Piastri war am Freitag genauso nicht mit Russell und Verstappen in der gleichen Liga. Wieder aber lassen die Topspeeds zweifeln: Piastri war auf seinen Runden am Ende der Zielgeraden 4 km/h langsamer als Russell, ganze sieben als Albon.

Norris-Simulation Quell der Angst: Was kann der McLaren-Test aussagen?

Also weiter zu den Rennsimulationen - jener Disziplin, indem man das Auto volltankt und einen theoretischen 58 Runden langen Bahrain-GP fährt. Eigentlich viel besser vergleichbar, nur haben die Teams kaum echte Rennsimulationen abgespult. Weil ihre Autos zum Großteil Evolutionen sind, lag der Fokus nicht so sehr auf der Zuverlässigkeit wie in der Vergangenheit.

Red Bull fehlt - Verstappen verließ sich auf isolierte Longruns. Die seien konkurrenzfähig, ließ Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko wissen. Am Freitag verbrachte Verstappen den ganzen Tag mit Experimenten mit einem Frontflügel- und Unterboden-Update. Besonders das gestaltete sich so schwierig, dass Cheftechniker Pierre Wache selbst in der Presseaussendung danach davon sprach, das Auto habe "zeitweise nicht so reagiert wie wir wollten. Aber es geht in die richtige Richtung." Liam Lawson schien am Donnerstag eine Rennsimulation nach zwei Stints abzubrechen. Im zweiten Stint hatte er im Schnitt sieben Zehntel pro Runde auf Norris' viel beachtete Test-Benchmark verloren.

DonnerstagNorris LeclercAntonelliHadjarBortoleto
ReifenC3-C1-C2C3-C2-C1C3-C2-C1C3-C2-??C3-??-C1
1. Stint01:35,51401:35,87601:35,90201:36,69601:36,560
2. Stint01:34,39501:34,76501:34,63101:35,88901:36,189
3. Stint01:33,00101:34,16601:34,03701:34,19101:35,622
Gesamt01:34,30001:34,83701:34,86801:35,65601:36,025
Zeitverlust + 0,537+ 0,568+ 1,356+ 1,725
FreitagPiastriRussellOcon
ReifenC3-C1-C2C3-C2-C1C3-C2-C1
1. Stint01:36,24701:36,74801:37,218
2. Stint01:35,17601:35,23201:35,912
3. Stint01:33,82601:33,83801:35,129
Gesamt01:35,25701:35,58801:35,965
Zeitverlust + 0,331+ 0,708

Was sticht bei dieser McLaren-Simulation hervor? Norris gewann zum einen mit vollen Tanks permanent Zeit in langsamen Kurven. Die waren in den letzten Jahren noch eine Schwäche des Autos gewesen. Zugleich scheint es seine Stärke beim Reifenmanagement erhalten zu haben: Relativ zur Konkurrenz wird es besonders bei abnehmender Benzinladung zu Rennende immer stärker.

Charles Leclerc verlor auf Norris im Rundenschnitt aller drei Stints über eine halbe Sekunde, auf den letzten Stint isoliert sogar über eine ganze. Seine Simulation war fahrerisch nicht so sauber. Das gilt alles auch für Kimi Antonelli im Mercedes. Bei ihm stellt sich die Frage: Hätte das ein im F1-Reifenmanagement erfahrener Veteran wie George Russell besser hinbekommen? Schwer zu sagen, da Russell einerseits am Freitag fuhr - und andererseits, weil er, wie Oscar Piastri, seinen dritten Simulations-Stint vorzeitig abbrach.

Russell war am Freitag davor näher dran an Piastri, der sich wiederum im Mittelstint mit Esteban Ocon um Track Position stritt. Wieder bleibt ein klares Bild verwehrt, auch wenn sich zumindest die McLaren-Leistung nur schwer kleinreden lässt. Im Verfolgerfeld fuhren Alpine, Aston Martin und Williams keine kompletten Rennsimulationen. Sauber und die Racing Bulls ließen nur ihre mit den F1-Pirellis unerfahrenen Rookies ran.

Wer ist Favorit für 2025? Die F1-Redakteure liefern ihr Test-Ranking

Aus den Daten der sonst über die drei Testtage verteilten einzelnen Longruns Aussagen zu treffen ist aufgrund zu vieler Unsicherheitsfaktoren nicht zielführend. Und zuletzt macht es auch die Enge des Feldes schwer, ein objektives Fazit zu ziehen. Selbst wenn man bei Sprintmengen und Motormodi mit einer kleinen Bandbreite von drei Zehntelsekunden rechnet, kann das in dieser engen Formel 1 Sprünge über drei Viertel des Feldes bedeuten.

F1-Testfahrten Bahrain 2025: Gefahrene Runden

P.MIDOFRGesamt
1Mercedes148158152458
2Haas160135162457
3Racing Bulls154140160454
4Alpine140120145405
5Williams131127137395
6Ferrari141128113382
7McLaren118121142381
8Sauber114136104354
9Aston Martin88102116306
10Red Bull1329181304

Verzichten wollen wir aber auf eine Rangliste nicht ganz. Im Gegenteil: Es gibt sogar mehrere. Unsere Redakteure haben aus den wenigen objektiven Daten subjektive Ranglisten erstellt. Was glaubt ihr, wer die Nase vorne hat? Schreibt es in die Kommentare!

MenathNiedermairSteinrisserLiehmannDurchschnitt
McLaren11111
Ferrari42322
Mercedes33243
Red Bull24434
Williams55655
Alpine66566
Haas97777
Aston Martin88888
Racing Bulls79999
Sauber1010101010