Nico Rosberg wird in der Saison 2006 der vierte Deutsche in der Formel 1. Mit erst 20 Jahren hat er schon ein ganz großes Ziel erreicht: Mit Entschlossenheit, Schnelligkeit, Kampfgeist, aber auch einer für sein Alter erstaunlichen Abgeklärtheit erkämpfte sich der Sohn von Ex-Weltmeisters Keke Rosberg einen Stammplatz bei Williams. In Barcelona testete er zum ersten Mal in seiner neuen Rolle. Am Rande des Tests sprach er über seine Hoffnungen und Ziele für das kommende Jahr.

Erster Tag gut, zweiter Tag ein Desaster mit vielen technischen Problemen - das scheint Sie aber kaum aus der Ruhe zu bringen?

Nico Rosberg: Das war das erste Mal, dass ich so einen Testtag erlebt habe, bei dem wirklich alles schief gegangen ist. Von allem, was kaputt gehen kann, ein bisschen was - nie zweimal dasselbe. Aber was soll's? Der erste Tag war gut, und ich war irgendwie darauf vorbereitet, dass so etwas passieren könnte. Das Team hat mich schon vorgewarnt, dass das bei einem neuen Auto oft so ist. Insofern war es eine positive Überraschung, dass es am ersten Tag so gut lief. Außerdem habe ich schon gemerkt, dass die Pace stimmt, dass ich Vertrauen in das Auto habe, mich im Auto zu Hause fühle, genauso wie in meinem GP2-Auto. Darüber bin ich sehr glücklich.

Nico Rosberg hat den Sprung in die F1 geschafft., Foto: Sutton
Nico Rosberg hat den Sprung in die F1 geschafft., Foto: Sutton

Wie ist das Gefühl, erstmals als Stammfahrer unterwegs zu sein?

Nico Rosberg: Das ist schon etwas ganz Besonderes. Man kommt hierher und weiß, dass das ganze Team für einen arbeitet, dass man jetzt wirklich einer der Rennpiloten ist. Vor allem arbeitet man jetzt für sich selbst, nicht für einen anderen. Ich weiß, dass alles, was ich mir jetzt erarbeite, was ich jetzt herausfinde, am Ende mir selbst zugute kommt.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Ihrem Teamkollegen Mark Webber?

Nico Rosberg: Ich kenne ihn ja schon aus meiner Testfahrerzeit, und es ist wirklich nicht schwierig, mit ihm auszukommen. Er ist ein netter Kerl - aber für mich besteht natürlich die Herausforderung, ihn nächstes Jahr zu schlagen. Er ist sicher einer der Schnellsten in der Formel 1, vor allem im Qualifying. Aber ich freue mich darauf, ich liebe Herausforderungen, ich brauche sie geradezu.

Ist 2006 immer noch ein Lehrjahr - auch wenn Sie in der Formel 1 angekommen sind?

Nico Rosberg: Es ist ganz klar, dass ich im ersten Jahr in der Formel 1 sehr viel lernen muss. Und zwar so viel wie möglich so schnell wie möglich. Darum geht es: Schneller zu lernen als normal. Aber ich glaube, dass das möglich ist. Wenn wir nicht noch viele solche Tage wie diesen haben, an denen nicht viel klappt, dann können wir über den Winter wirklich große Fortschritte machen.

Wie sehen die Erwartungen für die Saison 2006 aus?

Nico Rosberg: Dass ich am Ende zurückblicken und sagen kann, es war eine gute Saison - so wie in diesem Jahr. Dieses Jahr kann ich wirklich sagen: Das war gut. Man muss dabei immer alle Umstände berücksichtigen, was möglich war - und dann feststellen: Ja, das war wirklich was!

Das neue Williams-Paket ist laut Nico kein Nachteil., Foto: Sutton
Das neue Williams-Paket ist laut Nico kein Nachteil., Foto: Sutton

Was ist eine "gute" Saison?

Nico Rosberg: Das kann ich jetzt nicht an Plätzen, Punkten oder Ergebnissen festmachen - das hängt vor allem davon ab, wie gut das Auto sein wird.

Träumen Sie von Podestplätzen?

Nico Rosberg: Träumen vielleicht - aber es ist wirklich zu früh, um etwas zu sagen. Aus den Tests kann man gar nichts schließen, weil jeder mit einer anderen Konfiguration fährt, teils noch mit V10-Motoren oder wie Toyota schon mit dem neuen Auto. Das ist ein totales Chaos...

Es gab ja sehr viele Veränderungen bei Williams - wie konkurrenzfähig kann man da 2006 überhaupt sein?

Nico Rosberg: Es ist toll zu sehen, wie alle kämpfen, nach vorne schauen. Viele Leute erwarten, dass Williams einen Schritt zurück machen wird, aber das scheint nicht so zu sein. Alles ist bereit, wir testen viel über den Winter. Ich war letzte Woche bei Cosworth an den Prüfständen, das sieht alles ziemlich beeindruckend aus. Ich bin sicher, dass wir zu Saisonbeginn keinen Nachteil, sondern eher einen Vorteil haben werden. Der Motor wirkt sehr stark, sehr zuverlässig, jetzt schon - und wir haben ja noch viel Zeit. Auch was das Geld angeht, werden wir zumindest bis Mitte der Saison keine Probleme haben, dass die anderen da schneller entwickeln können... Das sieht gut aus. Das ganze Team ist auch neu motiviert, BMW war ja schon auf dem Absprung, jetzt ist da neues, junges Blut, auch mit mir. So ein Wechsel ist immer gut für die Motivation.

Die Aerodynamik schien zuletzt immer ein Schwachpunkt zu sein...

Nico Rosberg: Die Windkanalarbeit lief sehr beständig, wie auch schon in den letzten Jahren, ohne große personelle Veränderung, bis auf eine, Gavin Fisher, aber ich glaube nicht, dass das allzu viel ausmacht. Wir haben in der Aerodynamik große Fortschritte gemacht. Ich interessiere mich sehr dafür, auch wenn ich natürlich bei Weitem nicht alles verstehe, aber ich versuche es.

Der Wechsel von Michelin zu Bridgestone: Was bewirkt er?

Nico Rosberg: Gut, das ist im Moment noch schwierig zu vergleichen, weil eben alles anders ist. Aber der erste Eindruck war auf jeden Fall schon einmal positiv. Ich würde es auch nicht sagen, wenn es anders wäre, aber ich habe wirklich ein gutes Gefühl.

Fährt Nico einer erfolgreichen Williams-Zukunft entgegen?, Foto: Sutton
Fährt Nico einer erfolgreichen Williams-Zukunft entgegen?, Foto: Sutton

Glauben Sie, dass die neuen Reifenregeln Bridgestone helfen werden?

Nico Rosberg: Ja, das denke ich schon - obwohl ich nicht genau weiß, wie viel Michelin aus den Erkenntnissen von 2005 mitnehmen kann, was die Konstruktion und so angeht.

Ist die Formel 1 eigentlich deutlich anstrengender als die GP2?

Nico Rosberg: Ja, ein F1 ist viel schwieriger zu fahren als GP2-Auto. Am Williams ist zum Beispiel die Lenkung sehr schwergängig. Ich hoffe, dass sich das für nächstes Jahr noch ändert. Aber ich habe dieses Jahr auch einiges an Fitness verloren, weil ich zwischen GP2 und F1-Tests kaum Zeit hatte, zu trainieren. Das war für die GP2 okay, aber jetzt für die Formel 1 muss ich da schon ein bisschen nachlegen.

Wie sieht das Winterprogramm generell aus?

Nico Rosberg: Nur Testen, Fitnesstraining und wohl auch ein paar PR-Termine. Auf jeden Fall werde ich einen schönen Weihnachtsurlaub machen, dabei aber auch versuchen, so viel wie möglich Fitness zu trainieren - und versuchen, nicht zu viele Plätzchen zu essen.

Vor drei Jahren sind Sie ihren ersten Formel-1-Test gefahren. Haben Sie sich damals erträumt, so schnell wirklich dahin zu kommen?

Nico Rosberg: Geträumt vielleicht schon - aber nicht wirklich erwartet!

Ist es ein Vorteil, dass der Saisonstart in Bahrain, stattfindet, wo Sie den GP2-Titel gewonnen haben, wo sie mit sehr schönen Erinnerungen hinkommen?

Nico Rosberg: Ja, das ist natürlich toll für mich. Ich kenne die Strecke, ich mag die Strecke - da freue ich mich wirklich drauf.