Wenn sich der absolute Formel 1-Laie mitleidvoll erkundigt, ob man in Sachen Reglement überhaupt noch den Funken eines Durchblicks habe, ist das ein Zeichen. Bislang gab es in diesem Jahrzehnt jeweils zu Beginn der Saison den gleichen Titelverteidiger - dafür aber gab es stets und verlässlich ein neues Regelwerk. Darunter auch so genannte Einjahresfliegen - denn nicht nur die Piloten müssen immer öfter nach nur einem Jahr ihren Formel 1-Traum wieder abhaken, auch so manche Regel überlebt ihr Einstandsjahr nicht. Und die viel zitierten "sündteuren Sparmaßnahmen" werden wohl für immer und ewig als obskures Zeugnis einer Ära dienen - jener von Max Mosley, dem Mann, der auszog um die Formel 1 zu retten. Um sie zu Tode zu reglementieren.

Fettnäpfe sind einzig und alleine deshalb vorhanden, um in sie steigen zu können, sagt die Logik. Und so gibt es eine Traktionskontrolle, die verboten und wegen der fehlenden Kontrollmöglichkeit wieder erlaubt wird. Oder ein Reifenwechselverbot, das wegen völlig überraschender Reifenschäden wieder verboten wird. Diese Liste ist beliebig verlängerbar. Der nächste Fettnapf könnte bald schon bereit stehen - und er könnte acht oder gar zehn Zylinder aufweisen.

Weil das Sparen derzeit immens wichtig ist, durften die F1-Teams die Lebensdauer ihrer V10-Motoren für ein Jahr verdoppeln und gleichzeitig ein neues V8-Konzept entwickeln. Für die armen Privatteams ließ die FIA eine Hintertür offen - sie dürfen im kommenden Jahr limitierte V10-Aggregate einsetzen. Zwar gibt es mittlerweile bis auf Williams keine Privatteams mehr, die V10-Ausnahmeregel jedoch blieb bestehen.

Wird die FIA die V10-Limitierung korrigieren?, Foto: Sutton
Wird die FIA die V10-Limitierung korrigieren?, Foto: Sutton

Viele Experten warnen jedoch, dass der limitierte V10-Motor stärker sei als das Achtzylinderaggregat. Yasuhire Wada, Präsident von Honda Racing, erklärte unlängst: "Derzeit ist es aus technischer Sicht tatsächlich so, dass ein leistungsreduzierter V10 leistungsstärker ist als einer der neuen V8-Motoren. Wir möchten jedoch nicht wieder zur V10-Technik zurückkehren müssen, da das Prinzip der neuen Regelung auf V8-Motoren basiert." Zwischen den Zeilen sagt Wada: Sollte der limitierte V10-Motor besser sein als der V8, werden wir auf den V10 zurückwechseln müssen - ganz klar: Wie soll man dem Vorstand auch erklären, das schwächere Konzept gewählt zu haben?

Und so plädiert Wada für eine Änderung der von der FIA erstellten Restriktionsbestimmungen: "Alle Motorenhersteller sind sich darüber einig, dass die vorgeschlagene Leistungsreduzierung nicht korrekt ist, und wir glauben, dass sich die FIA für ein günstigeres Äquivalent aussprechen wird."

An die Einsicht der FIA zu glauben, ist schön - doch: Was passiert, wenn die Restriktionsbestimmungen so bleiben, wie sie sind? Es wäre nicht das erste Mal, dass ungünstige Paragraphen aufgrund der Trägheit des F1-Apparats nicht oder nicht rechtzeitig geändert werden. Und so wartet also der nächste Fettnapf darauf, dass man in ihn steigen möge. Das absurde Szenario: Die F1-Teams registrieren von Test zu Test, dass die limitierten V10-Maschinen einfach besser sind, die Motorenabteilungen legen ihre V8-Konzepte beiseite und alle Teams treten in Melbourne mit den alten V10-Aggregaten an. Im Unterschied zu den Achtzylinderbänken gibt es beim V10 auch noch viel weniger Vibrationen. Jetzt könnte man ganz böse sein und fragen: Wären die limitierten V10-Motoren nicht von Anfang an die bessere, auf jeden Fall aber billigere Variante gewesen? Aber vielleicht stellt sich ja auch noch heraus, dass die Limitierung der V10-Motoren gar nicht wirklich zu kontrollieren ist? Das aber hatten wir schon, in einem anderen Napf...