Patrick Tambay wurde im tragischen Jahr 1982 von Ferrari als Notnagel geholt und gewann für die Scuderia zwei Grand Prix. Heute ist er stellvertretender Bürgermeister in einer südfranzösischen Stadt und immer noch glühender Formel 1-Fan. Im motorsport-magazin.com-Exklusivinterview mit Andi Gröbl macht er aus seiner Begeisterung für das springende Pferd keinen Hehl.

Wie eng sind ihre Verbindungen zur modernen Formel 1? Sehen Sie sich noch jedes Rennen an?

Patrick Tambay: Ja. In den letzten 15 Jahren habe ich jedes Rennen gesehen. Ich war Co-Kommentator beim Fernsehen und weiß schon noch was los ist.

Jeder jammert im Moment über den Zustand der Formel 1. Wo ist ihrer Meinung nach der Fehler passiert? Wo ist man falsch abgebogen?

Patrick Tambay: Die Formel 1 hat ihre Regeln und jeder muss sich an diese Regeln halten. Diese Menschen machen die Regeln, egal ob sie falsch oder richtig sind, ich möchte das nicht beurteilen.

Patrick Tambay im Gespräch mit motorsport-magazin.com Redakteur Andi Gröbl., Foto: adrivo Sportpresse
Patrick Tambay im Gespräch mit motorsport-magazin.com Redakteur Andi Gröbl., Foto: adrivo Sportpresse

Können Sie wenigstens die Fahrer vergleichen? Michael Schumacher, der möglicherweise größte Fahrer aller Zeiten, ist er noch auf der Höhe seines Könnens? Wäre es für ihn schon Zeit Good bye zu sagen?

Patrick Tambay: Aber überhaupt nicht. Gebt ihm ein gutes Auto und gescheite Ausrüstung und er wird wieder Weltmeister. Er ist nur 36 Jahre alt, er ist total fit, er hat seine Persönlichkeit und alles was dazu gehört. Er hat unglaubliche Resultate erzielt, keiner kann ihm diese Rekorde mehr wegnehmen. Keiner darf übersehen was er geleistet hat. Er hatte in diesem Jahr eine Scheiß-Saison, aber deswegen sollte man nicht den Schluss ziehen, dass es mit ihm vorbei ist.

Macht es Ihnen noch Spaß, die Formel 1 nach so langer Zeit im Fernsehen zu verfolgen?

Patrick Tambay: Wir haben tolle Persönlichkeiten, finde ich! Alonso ist ein sehr guter Typ, eine ganz andere Persönlichkeit als zum Beispiel Kimi Raikkönen. Ich sehe viel Positives in der Formel 1. Ich liebe die Technik, ich liebe die Strategie. Viele Leute verstehen die Formel 1 einfach nicht. Denn sie ist von der Strategie her sehr komplex und sehr technisch. Unsere Aufgabe ist es den Menschen die Formel 1 näher zu bringen. Sie so zu erklären, dass sie noch mehr Spaß daran haben. Wir müssen das noch optimieren. Auf unserem Experten-Level müssen wir schauen, dass die normalen Leute mit uns mithalten können.

Tambay verfolgt die F1 auch heute noch., Foto: Sutton
Tambay verfolgt die F1 auch heute noch., Foto: Sutton

Michael Schumacher hat Ferrari zu dem gemacht was es heute ist. Wie viel ist dort noch von ihrem alten Ferrari-Team über?

Patrick Tambay: Das sehe ich nicht so. Nicht Michael Schumacher hat Ferrari zu dem gemacht was es heute ist, er hat seinen Job erfüllt und hat das mit dem Material gemacht, das man ihm gegeben hat. Dieses Jahr hat man ihm kein gutes Material gegeben und man hat gesehen wo Schumacher gelandet ist. Ferrari selbst ist größer als Schumacher alleine. Das technische Team, die Aerodynamiker, das Testteam und die ganze Koordination mit den Partnern, das ist eine spektakuläre Sache. Sie haben dieses Team erst aufgebaut.

Der Ferrari-Spirit ist also immer noch so da wie zu ihrer Zeit?

Patrick Tambay: Ja, ja, es wird immer so sein. Es wird Hochs und Tiefs geben, es wird eine Scheiß-Saison geben und dann wieder tolle Jahre. Es gibt rund um die Welt so viele Ferrari-Fans, die so gerne zusehen wenn Ferrari gewinnt.

Warum ist es 2005 für Ferrari nicht nach Plan gelaufen?

Patrick Tambay: Das ist der natürliche Lauf der Dinge. Kein Team kann immer gewinnen. Michael war Teil dieses Teams und er ist ein hervorragender Motivator. Mit dem ganzen Talent, das er hat konnte er trotzdem nicht mehr erreichen. Formel 1 Rennen sind immer Teamwork und es geht darum keine Fehler zu machen. Das beginnt schon beim Design des Autos 14 Monate vor dem Start der Saison. Auch im Management, bei der Technik, beim Fahren, die ganze Saison über. Jede Testsession, egal ob privat oder FIA-Test, muss man immer sehr effizient vorgehen. 19 Rennen im Jahr ist eine lange Zeit und das hat Renault heuer besser hingebracht als Ferrari.