Die große Euphorie war bei Lewis Hamilton in Las Vegas nach dem Qualifying verflogen. Nach den Trainings hatte der Formel-1-Rekordweltmeister noch vom Stadtkurs in der US-amerikanischen Metropole geschwärmt, doch am Samstag blieb er im entscheidenden Moment auf der Strecke. Während George Russell für Mercedes mit Platz vier die Erwartungen erfüllte, war für Hamilton mit dem Aus im Q2 frühzeitig Feierabend. Der Brite fremdelte nach Setup-Experimenten mit seinem F1 W14, die Reifenperformance tat ihr Übriges.

"Es gibt immer Unterschiede und ich hatte einfach Schwierigkeiten. Gestern war das Gefühl besser und ich war konkurrenzfähig. Dann haben wir über Nacht ein paar Änderungen vorgenommen und heute fühlte ich mich nicht mehr wohl", erklärt Hamilton, dem im Q2 auf dem undankbaren elften Platz die Winzigkeit von 0,028 auf Ex-Teamkollege Valtteri Bottas fehlte, um in den Showdown der Top-10 einzuziehen.

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Bereits im dritten Training hatte sich abgezeichnet, dass die Anpassungen für Hamilton nicht den gewünschten Effekt hatten. Russell legte in der Qualifying-Generalprobe eine klare Bestzeit hin, auf die er deutlich über eine halbe Sekunde einbüßte. Vertrauen und Grip fehlten laut Hamilton. Die Kehrtwende seiner Crew konnte ihm keines von beidem zurückgeben.

"Wir haben vor dem Qualifying einige dieser Änderungen wieder zurückgenommen, aber das Auto funktionierte für Lewis nicht", sagt Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin. Russell war im Q2 eine halbe Sekunde schneller und schaffte als Dritter mühelos den Sprung ins Q3. Dort lief es für ihn ebenfalls planmäßig. "Mit dem Qualifying heute bin ich sehr zufrieden. Wir waren immer in den Top-Vier, aber die Ferraris waren heute allen einen Schritt voraus. Ich denke, dass wir mit P4 das Maximum herausgeholt haben", freut sich der 25-Jährige.

Mercedes-Fahrer verzweifeln an den Reifen

"Die Reifen in das richtige Fenster zu bekommen, ist nach wie vor ein kleines Rätsel. Man kann den Unterschied zwischen dem richtigen und dem nicht ganz so richtigen Fenster heute bei unseren beiden Fahrern erkennen", erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff das enorme Gefälle zwischen seinen beiden Fahrern.

Sowohl Hamilton als auch Russell fielen im Qualifying damit auf, ihre Reifen mit bis zu vier Vorbereitungsrunden für die fliegende Runde auf Temperatur zu bringen. Lewis hatte auf seiner letzten Runde nicht mehr Grip. Ich glaube, wir reden hier wirklich nur über ein paar Grad Celsius zwischen Grip und keinem Grip", so Wolff weiter.

In den vergangenen Monaten hatte sich bei Mercedes wiederholt ein ähnliches Bild abgezeichnet. Die Reifenperformance der Fahrer schwanke von Strecke zu Strecke, sodass jeweils einer der beiden Fahrer klar schneller war. "Es wird absolut wichtig sein, die Reifen im morgigen Rennen gut zu managen, denn wir haben im Training viel Graining im gesamten Feld gesehen. Wir müssen in der Anfangsphase geduldig sein und das Rennen von dort aus angehen", mahnt Wolff.

Mercedes erwartet Ferrari auch im Rennen außer Reichweite

Durch die Startplatzstrafe für Ferrari-Fahrer Carlos Sainz rücken beide Mercedes-Fahrer im Grid um eine Position auf. Russell startet damit von Platz drei, Hamilton von Platz zehn. "Es kann sein, dass wir im morgigen Rennen mehrere Stopps sehen werden, aber wer es schafft, die Reifen am Leben zu erhalten, wird ein großer Nutznießer sein", so die Einschätzung von Russell. "Wir hatten einige schwierige Long Runs, und ich denke, Ferrari ist schneller als wir, nicht nur auf einer Runde, sondern auch im Rennen."

Hamilton erwartet aus Startreihe fünf ebenfalls eine schwierige Aufgabe. "Es wird ein super enges Rennen zur ersten Kurve und ich bin mittendrin. Das ist nicht der beste Ort", so der 38-Jährige, der zudem einen Strategie-Nachteil fürchtet: "Max [Verstappen] hat noch zwei Sätze Hard und zwei Sätze Medium, wir haben einen Medium und zweimal Hard. Es wird ein langes Rennen, in dem es nur darum geht, den Reifenabbau zu managen."

Ob es für ihn auf die Renndistanz besser laufen kann als im Qualifying, vermag er nicht einzuschätzen. "Ich würde das gerne denken, aber wir dachten auch, dass die Änderungen für das Qualifying funktionieren", so Hamilton, der auch den Reifenmischungen für den Grand Prix noch nicht über den Weg traut: "Wir fahren alle wenig Flügel, die Reifen werden stark abbauen und den harten Reifen ist noch niemand gefahren."