Lance Stroll zeigte am Samstag im Formel-1-Sprint in Österreich eine seiner besten Leistungen in der Saison 2023. Dem Aston-Martin-Pilot war nach Platz vier dennoch nicht danach, über sein Rennen oder den Kampf gegen Teamkollege Fernando Alonso zu sprechen. Der tödliche Unfall von Dilano van 't Hoff bei der Formula Regional in Spa-Francorchamps nahm Stroll sichtlich mit. Vor allem mit Blick auf den im Juli bevorstehenden Grand Prix von Belgien ist er besorgt.

"Heute geht es nicht um das Rennen, sondern darum, dass wir in Spa einen jungen Fahrer verloren haben. Meine Gedanken sind bei ihm und seiner Familie", so Stroll, der den Sprint mit Trauerflor am linken Oberarm über dem Overall gefahren war. Im Rahmenprogramm des 24h-Rennens von Spa-Francorchamps hatte am Vormittag der Nachwuchsfahrer Dilano van 't Hoff im zweiten Lauf der Formula Regional den Tod gefunden.

Der 18-jährige Niederländer war bei strömendem Regen in einen Zwischenfall auf der Kemmel-Geraden verwickelt. In Folge des Unfalls eines anderen Fahrers hatte auch er aus bisher ungeklärten Gründen die Kontrolle über seinen Formel-Boliden verloren und war daraufhin quer auf die Strecke gerutscht. Ein herannahender Pilot traf das Auto van 't Hoffs auf Höhe des Monocoques, was zu den tödlichen Verletzungen fühlte.

"Ich komme nicht klar, mit dem, was heute passiert ist. Diese Kurve muss angeschaut und geändert werden, denn wir haben hier innerhalb von vier Jahren zwei junge Talente verloren", sagt Stroll mit Blick auf den tödlichen Unfall von Anthoine Hubert im Formel-2-Rennen in der Saison 2019. Der Franzose war damals am Ausgang von Eau Rouge verunfallt und von Juan Manuel Correa erfasst worden. Die Unfallstelle war allerdings einige Meter vor der von van t' Hoff, und auch Regen hatte damals keine Rolle gespielt.

Spa-Francorchamps für Stroll ein Spiel mit dem Feuer

Für Stroll ist das Maß trotz der unterschiedlichen Unfallhergänge voll. Die Eau Rouge ist für ihn nicht mehr zeitgemäß. "Selbst wenn es trocken ist, und dort jemand das Auto verliert - es ist eine blinde Kurve. Sie krachen in die Wand und kommen dann zurück auf die Strecke. Das Auto steht dann bei über 300 km/h vor dir", erklärt der 25-Jährige.

Dass er mit der Formel 1 Ende Juli wieder dort fahren soll, ist für ihn nahezu undenkbar. "Sie müssen etwas ändern. Sie spielen da in ein paar Wochen wieder mit dem Feuer. Und das gilt nicht nur für uns. Es sind auch die Kids in der Formel 2 und der Formel 3. Einfach jeder, der durch diese Kurve fährt", stellt Stroll klar.

Nach dem Unfall von Hubert wurde der Streckenbereich um die berüchtigte Eau Rouge bereits modifiziert. Größere Auslaufzonen sollen die von Stroll beschriebenen Unfallhergänge verhindern. Auf der Kemmel-Geraden, wo sich heute der folgenschwere Zwischenfall ereignete, blieben Umbaumaßnahmen allerdings aus. "Sie haben ein paar Änderungen vorgenommen, aber das war einfach nicht gut genug", so Stroll.

Im internationalen Motorsport zählt Spa-Francorchamps bei den Fahrern zu den beliebtesten Rennstrecken. Stroll hingegen ist seit jeher nicht als Fan des legendären Grand-Prix-Kurses in Belgien bekannt und macht nun erst recht keinen Hehl aus seiner Meinung: "Es macht nie Spaß, dort zu fahren. Jedes Mal, wenn wir dort [Eau Rouge] durchfahren, riskieren wir unser Leben und heute haben wir gesehen, dass etwas Schlimmes passiert ist."

Alonso relativiert: Gischt das Problem, nicht Spa-Francorchamps

Sein Teamkollege sieht die Sache etwas anders. Fernando Alonso fuhr 2001 erstmals in der Formel 1 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps, als die Auslaufzonen in Eau Rouge noch nicht einmal asphaltiert waren. Der 41-Jährige empfindet den Streckenverlauf nicht als Problem. "Ich denke nicht, dass es nur die Rennstrecke oder die Geschwindigkeit ist", so der zweimalige Weltmeister.

Beim Unfallhergang von van 't Hoff sieht er das Wetter als den ausschlaggebenden Faktor. "Die Sicht ist das größte Problem. Es ist nicht so, dass wir im Nassen nicht fahren können, wenn wir immer die roten Flaggen und Verschiebungen haben, und die Fans zuhause sich ärgern. Es liegt einfach daran, wie die Formelautos heute sind. Die Sicht ist sehr schlecht und wir können auf manchen Strecken bei bestimmten Geschwindigkeiten nicht fahren", erklärt er.

Ein Unfall wie heute könne sich auch auf jeder andere Rennstrecke zutragen. "Ich weiß nicht, ob es ein Problem von Spa ist. Ich denke, wenn in Monza ein Auto mitten auf der Geraden vor dir steht, wirst du es auch nicht sehen. Die Sicht ist einfach so schlecht", sagt Alonso. Durch den 2022 eingeführten Ground Effect ist die Gischt der Formel-1-Autos noch stärker geworden.

Zur Lösung des Problems wurde im November vergangenen Jahres von der FIA eine Regenkonfiguration mit Radkästen ins Spiel gebracht. Diese sollen beim Test in Silverstone am 13. Juli erstmals getestet werden. "Zumindest arbeiten wir an einer Lösung und wir Fahrer sind natürlich gewillt, es zu testen und so gut wir können zu helfen", so Alonso. "Was heute passiert ist, ist hoffentlich zum letzten Mal passiert."