Der österreichische Heim-Grand-Prix in Spielberg steht vor der Tür. Egal ob zuhause vor dem Fernseher oder am Red Bull Ring vor Ort: Ihr schaut am Wochenende zum ersten Mal Formel 1 und habt (noch) keine Ahnung über den schnellsten Sport der Welt? Dann ist der Motorsport-Magazin.com-Anfänger-Guide eure Rettung. Wir fassen die wichtigsten Regeln und Gesetzmäßigkeiten der Formel 1 zusammen, damit ihr versteht, was auf der Rennstrecke passiert.

In der Formel 1 gibt es derzeit 10 Teams und 20 Fahrer. Obwohl letztere für viele Fans im Fokus stehen, ist die Formel 1 alles andere als eine Individualsportart. Jeder Rennstall hat bei jedem Rennen über 60 Teammitglieder vor Ort. Darunter Mechaniker, die die Autos aufbauen, warten, reparieren oder die Reifen wechseln, sowie Strategen und Ingenieure die allerlei Daten analysieren, um das Auto bestmöglich auf das Rennen vorzubereiten und die beste Strategie zu entwickeln. In den heimischen Fabriken arbeiten bei den Top-Teams weit über 1.000 Teammitglieder für den Erfolg der Mannschaft.

Ablauf eines Formel-1-Rennwochenendes: Freies Training und Qualifying

Das Rennwochenende in Österreich beginnt mit einer Trainingssession, in der die Fahrer eine Stunde lang so viel oder so wenig fahren können, wie sie möchten. In dieser werden neue Bauteile, verschiedene Reifen und verschiedene Einstellungen der Flügel oder Stoßdämpfer getestet. Dabei versuchen die Teams mit ihren Fahrern, die Autos bestmöglich feinzutunen, um im Rennen das schnellste Auto zu haben. Die Trainingszeit dient den Fahrern auch als eine Art "Warm-Up", um für das Qualifying und das Rennen bestens mit der Rennstrecke vertraut zu sein.

Das Qualifying ist ein Zeitfahren, um die Startreihenfolge zu ermitteln. Der schnellste Fahrer startet ganz vorne, der langsamste ganz hinten. Die Quali ist in drei Abschnitte (Q1, Q2 und Q3) unterteilt. In jedem Abschnitt haben die Fahrer mehrere Versuche, die schnellstmögliche Rundenzeit zu fahren. Es zählt immer die schnellste gefahrene Runde.

Im Qualifying fährt jeder Fahrer für sich und es gibt keine direkten Duelle auf der Strecke, Foto: LAT Images
Im Qualifying fährt jeder Fahrer für sich und es gibt keine direkten Duelle auf der Strecke, Foto: LAT Images

Am Ende von Q1 scheiden die fünf langsamsten Fahrer aus. Die Runden aus Q1 zählen in Q2 nicht mehr; die verbliebenen 15 Fahrer müssen erneut auf die Jagd nach der Bestzeit gehen. Wieder scheiden die fünf langsamsten Fahrer nach Q2 aus. Die zehn verbliebenen Fahrer kämpfen in Q3 um die Startplätze 1 bis 10. Der schnellste Fahrer in Q3 startet am Sonntag von ganz vorne - von der sogenannten Pole-Position.

Der Ablauf eines Formel-1-Rennwochenendes: Die Rennen

Weil Österreich für eines der sechs Sprintwochenenden ausgewählt wurde, werden zwei Rennen gefahren. Ein sogenannter Sprint und der Grand Prix am Sonntag, das eigentliche Hauptevent des Rennwochenendes. Der Sprint in Österreich wird nur 23 Runden dauern, ein Drittel der Gesamtlänge des Sonntags-Rennens. Im Sprint sind keine Reifenwechsel vorgesehen, deshalb verspricht er pure Rennaction. Hier erhalten die besten acht Fahrer Punkte (P1: 8, P2: 7, P3: 6, P4: 5, P5: 4, P6: 3, P7: 2, P8: 1). Für die Startaufstellung des Sprints gibt es ein eigenes kleines Mini-Qualifying am Samstagvormittag.

Wenig taktieren, viele Duelle: Das verspricht der Formel-1-Sprint, Foto: LAT Images
Wenig taktieren, viele Duelle: Das verspricht der Formel-1-Sprint, Foto: LAT Images

Am Sonntag steht der Große Preis an. Die wichtigste Regel: Wer als erstes ins Ziel kommt, gewinnt das Rennen. Doch bis zur schwarz-weiß karierten Flagge, die das Rennen beendet, müssen in Österreich 71 Runden absolviert werden.

Um mehr Überholmanöver und aufregende Momente zu generieren, gibt es das sogenannte "DRS". Dieses funktioniert wie ein zusätzlicher Boost: Drücken die Fahrer einen bestimmten Knopf am Lenkrad, klappt der Heckflügel hoch und durch den geringeren Luftwiderstand erhöht sich die Höchstgeschwindigkeit. Das System darf allerdings vom Fahrer nur unter bestimmten Bedingungen genutzt werden:

  • 1. nur in einem vor dem Rennwochenende festgelegten Bereich
  • 2. nur wenn er an einem bestimmten Messpunkt weniger als eine Sekunde vom Vordermann entfernt ist

Jeder Fahrer muss während des Rennens bei konstant trockenen Bedingungen mindestens zwei verschiedene Reifenmischungen einsetzen. Sobald es regnet gilt diese Vorschrift nicht mehr. Die Fahrer können zwischen insgesamt drei Mischungen von Trocken-Reifen, sogenannten Slicks, wählen:

ReifenmischungRundenzeitLebensdauer
Soft-Reifenschnellere Rundenzeitkürzere Lebensdauer
Medium-ReifenKompromiss zwischen weichen und harten Reifen
Hard-Reifenlangsamere Rundenzeitlängere Lebensdauer

Die Fahrer dürfen also nicht auf den Medium-Reifen starten, beim Boxenstopp erneut auf Medium-Pneus wechseln und dann bis ins Ziel durchfahren. Stattdessen müsste der Fahrer in diesem Fall beim Stopp auf den Soft- oder den Hard-Reifen wechseln. Alternativ könnte er einfach einen zweiten Boxenhalt einlegen und dann eine andere Mischung als Medium aufziehen lassen. Der Reifen, den die Fahrer beim Rennstart benutzen, darf frei gewählt werden.

Soft (rot), Medium (gelb), Hard (weiß): Die drei verschiedenen Reifenmischungen sind farblich unterschiedlich markiert, Foto: LAT Images
Soft (rot), Medium (gelb), Hard (weiß): Die drei verschiedenen Reifenmischungen sind farblich unterschiedlich markiert, Foto: LAT Images

Die Boxenstopps sind ein wichtiges Spannungselement eines jeden Grands Prix und fordern neben den Fahrern und flinken Händen der Mechaniker auch die cleveren Köpfe an den Kommandoständen der Teams. Sie zeichnen für die hochkomplexen Strategien verantwortlich und verändern diese teilweise während des Rennens, um so Plätze gutzumachen. Der schnellste Boxenstopp des Rennens wird mit dem DHL Fastest Pit Stop Award belohnt.

Im Rennen erhalten die besten 10 Fahrer Punkte. Der Sieger erhält 25 Punkte, der Zweitplatzierte 18 und der Drittplatzierte immerhin noch 15. (P4: 12, P5: 10, P6: 8, P7: 6, P8: 4, P9: 2, P10: 1). Außerdem erhält der Fahrer, der die schnellste Rennrunde fährt, einen Extrapunkt im Kampf um den DHL Fastest Lap Award, der am Jahresende den Fahrern mit den meisten schnellsten Rennrunden auszeichnet.

Seit 2018 fanden sieben Formel-1-Rennen in Spielberg statt: Davon gewann Max Verstappen vier, Foto: LAT Images
Seit 2018 fanden sieben Formel-1-Rennen in Spielberg statt: Davon gewann Max Verstappen vier, Foto: LAT Images

In der Formel 1 gibt es zwei Weltmeisterschaften zu gewinnen: Eine für den besten Fahrer und eine weitere für den besten Konstrukteur. Dem Rennsieger, sagen wir beispielsweise Max Verstappen, werden demnach nicht nur in der Fahrer-WM 25 WM-Punkte gutgeschrieben, sondern auch sein Team Red Bull Racing erhält dafür 25 WM-Zähler für die Konstrukteurs-Wertung.

Die Stewards: Die Schiedsrichter der Formel 1

Um die sportliche Fairness zu gewährleisten, gibt es in der Formel 1 selbstverständlich auch ein Äquivalent zu den Schiedsrichtern im Fußball. Sie entscheiden, ob Fahrer für ein eventuelles Verletzen einer Regel bestraft werden. Fahrer können für fahrlässige Überholversuche, die in Berührungen oder Kollisionen mit Gegner enden, bestraft werden. Ebenso ist absichtliches Herausdrücken oder das Überholen indem man abkürzt, nicht erlaubt und wird geahndet, sollte die Positionen nicht freiwillig zurückgegeben werden.

Hart an der Grenze: Verstappen und Leclerc im legendären Zweikampf 2019, Foto: LAT Images
Hart an der Grenze: Verstappen und Leclerc im legendären Zweikampf 2019, Foto: LAT Images

Je nach Schwere des Vergehens können härtere oder weniger harte Strafen ausgesprochen werden (beispielsweise 5- oder 10-Sekunden-Zeitstrafen oder eine Durchfahrtsstrafe durch die Boxengasse, in der die Fahrer aus Sicherheitsgründen ein vorgeschriebenes Tempolimit nicht überschreiten dürfen). Ebenso können die Stewards auch nur eine Verwarnung aussprechen. Manchmal gibt es auch unglückliche Unfälle oder Kollisionen, bei denen die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt werden kann. Dann spricht man von einem "Racing Incident" zu Deutsch: "Rennunfall" und keiner der betroffenen Fahrer wird bestraft.

Weitere Regeln, die von den Fahrern eingehalten werden müssen: Die Fahrer dürfen erst Losfahren, wenn die Startampeln ausgehen. Ein Frühstart wird mit einer Zeitstrafe belegt. Regelmäßiges Verlassen der Strecke (zum Beispiel am Kurvenausgang) ist untersagt und wird bei zu häufigem Wiederholen mit einer Zeitstrafe geahndet. In der Boxengasse gibt es für die Sicherheit der Mechaniker ein Tempolimit. Die Fahrer müssen beim Hereinfahren rechtzeitig abbremsen, ein Überschreiten des Tempolimits von im Normalfall 80 km/h zieht eine Zeitstrafe nach sich.

Red Bull ist für die schnellsten Boxenstopps der Formel 1 bekannt, Foto: LAT Images
Red Bull ist für die schnellsten Boxenstopps der Formel 1 bekannt, Foto: LAT Images

Zeitstrafen müssen bei einem Boxenstopp absolviert werden: Das bedeutet, dass bei einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe das Auto des Bestraften fünf Sekunden lang von keinem Teammitglied berührt werden darf. Erst nach Ablauf der fünf Sekunden dürfen die Reifen gewechselt und leichte Veränderungen am Setup vorgenommen werden. Sollte der Fahrer vor dem Aussprechen einer Zeitstrafe schon seinen letzten Boxenstopp absolviert haben, wird die Strafe im Endergebnis aufaddiert. Das heißt, er müsste mit mindestens fünf Sekunden Vorsprung vor seinem Hintermann ins Ziel kommen, um seine Position nicht zu verlieren.

Gelb, Rot, Blau und Safety-Car: Die wichtigsten Flaggen

Gelbe Flaggen sind eines der wichtigsten Elemente, um die Sicherheit der Fahrer zu gewährleisten. Sie werden von den Streckenposten geschwenkt, sollte ein Auto langsam unterwegs sein, sich gedreht haben, verunfallt sein oder eine andere akute Gefahrensituation bestehen. Die Fahrer müssen in diesem Bereich vorsichtig fahren, dürfen nicht so schnell wie möglich unterwegs sein und auch das Überholen ist in diesem Bereich verboten.

Die rote Flagge kommt zum Einsatz, wenn ein Mindestmaß an Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Beispielsweise nach einem heftigen Unfall, wenn viele scharfe Teile auf der Strecke verteilt sind, ein Fahrer oder sein Auto nach einem Unfall geborgen werden müssen, Leitplanken oder Reifenstapel repariert werden müssen oder bei zu starkem Regen, der ein Weiterfahren verunmöglicht. Bei einer roten Flagge müssen alle Fahrer unverzüglich aber bei möglichst langsamer Geschwindigkeit zurück in die Boxengasse fahren. Eine rote Flagge inmitten des Rennens pausiert das Geschehen sozusagen und sobald es weitergehen kann, findet erneut ein stehender Start auf der Start-/Zielgeraden statt.

Ist die Strecke zu nass und der Regen zu stark, müssen die Autos in der Boxengasse bleiben, Foto: LAT Images
Ist die Strecke zu nass und der Regen zu stark, müssen die Autos in der Boxengasse bleiben, Foto: LAT Images

Eine rote Flagge wird von der Rennleitung nur im absoluten Notfall eingesetzt, in weniger kritischen Situationen gibt es mit dem Safety-Car eine Zwischenlösung. Dieses kommt im Bedarfsfall auf die Rennstrecke und sammelt alle Autos wie an einer Perlenkette aufgereiht hinter sich. In dieser Zeit kann eine Unfallstelle bereinigt und verunfallte Autos aus dem Gefahrenbereich entfernt werden. Sind die Aufräumarbeiten abgeschlossen, fährt das Safety-Car an die Box und das Rennen wird fortgesetzt.

Ein Safety-Car stellt den Rennverlauf häufig auf den Kopf, weil Fahrer die ihren Boxenstopp noch nicht absolviert haben, während einer Safety-Car-Phase deutlich weniger Zeit während des Reifenwechsels verlieren und alle Piloten wieder näher beisammen liegen.

Blaue Flaggen werden dann genutzt, wenn ein langsameres Fahrzeug von einem schnelleren Auto überrundet wird. Der Fahrer, dem blaue Flagge gezeigt wird, muss innerhalb kurzer Zeit dem schnelleren, meist führendem Auto Platz machen und darf diesen Fahrer nicht aufhalten oder sich verteidigen.

Expertenwissen: Diese spannenden Formel-1-Fakten solltet ihr kennen

  • Formel-1-Autos erreichen auf Geraden Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 350 km/h. Doch erst in Kurven entfalten die Boliden ihr wahres Potenzial. Aufgrund des Anpressdrucks, der mit den Flügeln und dem Unterboden erzeugt wird, können die Fahrer manche Kurven mit über 220 km/h durchfahren, während ihr Körper dabei die Fliehkräfte eines Kampf-Jet-Piloten aushalten muss.
  • Der schnellste jemals durchgeführte Reifenwechsel betrug 1.82 Sekunden. Dieser gelang den Red-Bull-Mechanikern beim Großen Preis von Brasilien 2019.
  • Lewis Hamilton ist nach Grand-Prix-Siegen der erfolgreichste Fahrer der Formel-1-Geschichte. Er gewann stand heute 103 Formel-1-Rennen. Der zweiterfolgreichste Fahrer in dieser Statistik ist Michael Schumacher mit 91 Siegen.
  • Das längste Rennen der Formel-1-Geschichte war der Große Preis von Kanada 2011. Es dauerte exakt 4 Stunden, 4 Minuten und 39 Sekunden vom Start bis zum Ziel. Danach wurde eine Regel eingeführt, nach welcher das Rennen spätestens drei Stunden nach dem Start beendet wird.
  • Der jüngste Fahrer, der je ein Formel-1-Rennen gewinnen konnte, ist Max Verstappen. Der heutige Doppelweltmeister gewann den Großen Preis von Spanien 2016 als er gerade einmal 18 Jahre, 228 Tage alt war.
  • Der jüngste Formel-1-Weltmeister heißt Sebastian Vettel. Er war bei seinem ersten Titelgewinn im Jahr 2010 nur 23 Jahre und 134 Tage alt.
  • In der Geschichte der Königsklasse kamen nie weniger Fahrer ins Ziel als beim Großen Preis von Monaco 1996. In einem chaotischen Regenrennen durch die Straßen des Fürstentums schieden 18 Fahrer aufgrund von Unfällen oder technischen Defekten aus. Die Zielflagge sahen lediglich Heinz-Harald Frentzen auf P4, Johnny Herbert auf P3, David Coulthard auf P2 und Olivier Panis auf P1. Drei weitere Fahrer wurden im Endergebnis noch gewertet, schieden aber schon einige Runden vor Rennende aus.
  • Die Formel 1 entwickelte in den vergangenen Jahren die effizientesten Verbrennungsmotoren der Welt. Kein Motor gewinnt aus so wenig Sprit so viel Energie wie die Hybrid-Motoren der Formel 1. Moderne F1 Power Units erreichen eine Effizienz von mehr als 50 %. Der Wirkungsgrad herkömmlicher Verbrennungsmotoren liegt bei unter 40 %.
  • Ab 2026 sind die Teams verpflichtet mit 100% synthetischen Kraftstoffen zu fahren. Die Entwicklung dieser E-Fuels kommt auch dem öffentlichen Straßenverkehr zugute. Durch das Investment und den Wettkampf wird die Energiegewinnung aus dem Sprit und die Produktion optimiert und stetig verbessert werden.