In einem ereignislosen Formel-1-Rennen hielt Lewis Hamilton lange die Hoffnung auf einen spannenden Showdown am Leben. Für den Herausforderer von Max Verstappen war die Messe nach einem vielversprechenden Start letztlich aber doch viel zu früh gelesen. Im letzten Viertel des Grand Prix erkannten er und sein Kommandostand, dass sie sich mit der Strategie gegen Red Bull komplett verzettelt hatten. Für Hamilton kam das nicht so überraschend wie für die Zuschauer. Er ahnte den Flop schon im Grid.

"Im Strategie-Meeting habe ich angesprochen, dass wir zumindest mit einem unserer Autos auf Risiko gehen und etwas anderes versuchen sollten. Ich hatte so ein Bauchgefühl, dass sie [Red Bull] auf dem Soft-Reifen starten würden", erklärt Hamilton, der Recht mit seiner Intuition behalten sollte. "Als sie um uns herum die Reifenwärmer abnahmen, waren sie alle auf Soft und wir auf Medium. In dem Moment wusste ich, dass wir vielleicht ein Problem haben."

Nach 71 Runden überquerte er die Ziellinie 15 Sekunden hinter Verstappen. Dass er den Niederländer nicht mehr erwischen würde, war lange vorher klar geworden. Dabei hatte das im ersten Stint noch ganz anders ausgesehen. Mit einem beherzten Start war er zunächst an Teamkollege George Russell vorbeigegangen und hatte dann auf dem Medium-Reifen erfolgreich den Anschluss an Verstappen gehalten.

Verstappens Reifen lassen nicht nach

Verstappen kam in der 25. Runde zum Wechsel auf Medium-Compound an die Box. Mercedes rechnete nicht damit, dass der Weltmeister es mit diesem Reifen bis ins Ziel schaffen würde. Doch Mercedes wurde eines Besseren belehrt. Der zweite Pitstop von Red Bull kam nicht. "Der Medium-Reifen hat bei ihnen gar nicht nachgelassen. Schlussendlich waren sie auf der richtigen Reifenstrategie", so Hamilton.

Das gute Reifenmanagement von Verstappen hatte der siebenfache Weltmeister im ersten Stint ebenfalls schon erahnt. "Ich war überrascht, wie konstant er geblieben ist. Ich bin mir sicher, dass er das in der Anfangsphase nur gemanagt hat und ich konnte sehen, dass er in dem ersten Stint alles unter Kontrolle hat", erklärt er. Gegen Ende des Stints kam er etwas näher, aber nie in Schlagdistanz.

Perez stört die Mercedes-Strategie

Der scheinbar unbeirrbare Verstappen war letztendlich nicht die einzige Störung im Fahrplan von Mercedes. Hamilton musste seinen ersten Stint früher als geplant beenden. "Ich habe ihnen gesagt, dass die Reifen in Ordnung sind aber ich nehme an, dass sie [Red Bull] in unser Fenster kamen", so der 37-Jährige.

Sergio Perez lag nicht weit hinter ihm und wurde mit einem Boxenstopp in der 23. Runde auf einen Undercut angesetzt. Damit war auch Hamiltons Strategie besiegelt und er kam in Runde 28 zum Wechsel auf den harten Reifen an die Box. "Wenn ich länger draußen geblieben wäre, wäre ich hinter Sergio rausgekommen und dann wäre alles vorbei gewesen", mutmaßt er.

Hamilton hätte sich in dieser Situation etwas Schützenhilfe von George Russell gewünscht. Es ist mit der Strategie sehr schwierig, wenn du nicht beide Autos zur Verfügung hast", sagt er. Dabei hatte er den Teamkollegen mit einem robusten Manöver in der dritten Kurve des Rennens praktisch in die Fänge von Perez getrieben. Der Red-Bull-Pilot nutzte den teaminternen Zweikampf der Mercedes-Fahrer und kassierte Russell eine Kurve später.

Mercedes gegen Red Bull sowieso chancenlos

Letztendlich machte all das für Hamilton keinen Unterschied. Selbst wenn er wie Verstappen auf dem weichen Reifen gestartet wäre, hätte es kaum eine Chance gegeben, den Niederländer zu stoppen: "Sie haben letztendlich die Oberhand. Sie sind immer noch etwas schneller. Vielleicht waren wir heute näher dran als je zuvor, auf dem gleichen Reifen waren es möglicherweise nur ein paar Zehntel pro Runde. Aber auf den Geraden sind sie so schnell und in den Kurven verlieren sie nichts. Selbst im Windschatten bin ich kaum drangeblieben."

Auf einer identischen Strategie wäre das Rennen möglicherweise nicht so deutlich für Verstappen ausgegangen, denn den zweiten Stint auf dem langsamen harten Reifen hätte Mercedes sich vielleicht gespart. "Ich weiß nicht, was wir anders gemacht hätten. Vielleicht hätten wir einen Undercut versucht und es hätte letztendlich etwas mehr Spaß gemacht, so etwas auszuprobieren", so Hamilton.