Die Zuschauerschaft der Formel 1 in Deutschland nahm mit Saisonbeginn 2021 rapide ab. Grund hierfür: Nach 30 Jahren Formel 1 entschied sich der Free-TV-Sender RTL gegen eine Verlängerung der Sendelizenz. Seit 2021 ist die Formel 1 ausschließlich mit einem Abonnement bei Sky empfangbar. Nicht einmal der Formel-1-eigene Streamingdienst F1 TV kann in Deutschland genutzt werden. Für den Motorsport-Magazin.com Formel-1-Experten Christian Danner ein Schlag in die Magengrube eines jeden F1-Fans.
"In Deutschland ist es so, dass wir durch den Verlust des freien Fernsehens einen dramatischen Zuschauerverlust haben. Ich habe darüber schon oft gesprochen, ich habe großes Verständnis dafür, wenn jemand gerne Pay-TV guckt, weil er die Werbung nicht mag. Jeder kann ja wählen, was er mag. ABER: Die Wahl ist nicht. Du kannst nicht wählen, so wie früher, du bist gezwungen zu bezahlen", sagte Danner im Video-Interview mit Motorsport-Magazin.com.
Das Ergebnis des Senderwechsels ist für Danner katastrophal: "Ein limitierter Markt ist in Deutschland eine Katastrophe, ich kann die Zahlen aus dem letzten Jahr sagen, Sky hatte eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 700 Tausend Zuschauern. Das ist im Vergleich mit den RTL-Zuschauer-Zahlen, welche immer zwischen vier und fünf Millionen lagen, lächerlich. Dieses Jahr ist es die ersten beiden Rennen ein bisschen besser gewesen, ich glaube, sie hatten 800 Tausend, aber das ist nicht das, was wir gerne hätten."
Formel 1: Wollen die Deutschen kein Formel-1-Rennen?
Doch nicht nur die Zahlen der TV-Zuschauer sind in Deutschland ein großes Problem. Auch die fast zweijährige Abstinenz eines deutschen Grand Prix' lässt das einst so hell lodernde Feuer der Fan-Herzen mit der Zeit lichter werden. Woran liegt der Grand-Prix-Mangel in der Autonation Deutschland?
Es ist wie so oft das Geld, welches den Fans einen Strich durch die Rechnung macht. Für ein Rennen muss der Veranstalter etwa 30 Millionen Dollar an die Formel 1 zahlen. Damit gehen Hockenheim und Co. ein enormes Risiko ein. Speziell unter den unvorhersehbaren Corona-Bedingungen 2021 nicht kalkulierbar. Außerdem steuern Bund und Länder nichts zur Austragung eines Rennens bei.
Anderswo sieht die Lage anders aus, dort sind Veranstalter durch Förderungen des Staats trotz der enormen Antrittsgebühren auf der sicheren Seite. "In Paul Ricard zahlt auch die Landesregierung, in Spanien Catalunya, in Melbourne der Staat Victoria, in Texas zahlt Texas, nur bei uns will keiner in die Tasche greifen. Es geht aber nicht anders und ein Mal im Jahr einen WM-Lauf zu haben, haben wir eigentlich verdient", sagte Danner.
Ein bitteres Los, mit welchem der Motorsport in Deutschland auskommen muss. Für Danner bräuchte es die gleiche Zahlungsbereitschaft wie im Fußball: "Fußball ist gar kein Problem, das wird von Steuergeldern finanziert: zweite Bundesliga, neue Stadien, Europameisterschaft. Völlig wurscht."
Formel 1, Deutschland: Wie bekommt man die 'Kuh vom Eis'?
Die Hoffnung auf einen Grand Prix in der Bundesrepublik ist noch nicht verloren. Der mögliche Einstieg von Porsche und Audi könnte zu einem erneuten Formel-1-Boom führen. Das deutsche Trio aus den beiden Töchtern des Volkswagen-Konzerns und Mercedes könnte einen wertvollen Beitrag leisten, um die 'Kuh vom Eis' zu holen, wie es Danner zu sagen pflegt.
"Die Kuh kriegst du nur dann vom Eis, wenn auf der einen Seite Mercedes, in Zukunft auch Audi und Porsche massiv Druck machen bei der FOM (Formula One Management) und sagen, pass auf, wir fahren in Deutschland. Dann muss die FOM sagen, ok Audi, dann bezahlst du deine 15- oder 20-Millionen extra, so bekommst du deinen Grand Prix. Anders geht’s nicht", meinte Ex-Formel-1-Pilot Danner.
Auch der bayrische McLaren-Teamchef Andreas Seidl hofft durch die deutsche Verstärkung auf eine Rückkehr der Königsklasse: "Als Deutscher hätte ich es willkommen geheißen, zu einem Rennen nach Hockenheim oder zum Nürburgring zu fahren. Am Ende ist es aber ein Thema für Stefano Domenicali, er führt die Diskussionen mit den verschiedenen Veranstaltern. Ich hoffe, wenn Porsche und Audi kommen, dass sie die Tür für Verhandlungen wieder aufmachen, welche tatsächlich zu einem Rennen führen."
Das gesamte Video-Interview hier:
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