Der F1-Tross zählt bereits eifrig den Countdown herunter: Nur noch zwei, ein, kein Rennen mehr. Bevor es in die wohl verdiente Winterpause geht, gilt es aber noch zwei Grand Prix in Asien zu bestreiten. Der erste steht schon am Sonntag in Suzuka an.

S wie Startaufstellung

Die Vorzeichen für den vorletzten Saisonlauf könnten dabei kaum besser sein: Die Startaufstellung ist durcheinander gewürfelt wie schon lange nicht mehr. Das verregnete Qualifying hat also diesmal seine Schuldigkeit getan und eine viel versprechende sowie für viele "ungewohnte" Startaufstellung heraufbeschworen.

Die Startaufstellung ist ähnlich verwirrend wie diese Zeichen., Foto: Sutton
Die Startaufstellung ist ähnlich verwirrend wie diese Zeichen., Foto: Sutton

"Die Ausgangslage für das Rennen morgen präsentiert sich dadurch ausgesprochen interessant", weiß auch Renault-Chefingenieur Pat Symonds. "Alles in allem stehen wir in der Startaufstellung besser da, als McLaren. Giancarlo Fisichella steht auf dem sehr viel versprechenden dritten Startplatz. Für Fernando Alonso dürfte sich das Rennen morgen ebenso schwierig gestalten wie für die beiden McLaren-Piloten. Denn hier in Suzuka ist es traditionell sehr schwierig Positionen gutzumachen."

Aber der Reihe nach: Ganz vorne finden sich mit Ralf Schumacher im Toyota und Jenson Button im B·A·R Honda gleich zwei japanische Hersteller in der ersten Reihe wieder. Für Zündstoff ist also gesorgt. Für noch mehr Sprengstoff sorgt in der zweiten Reihe das Duo Giancarlo Fisichella sowie Christian Klien, der seine beste Qualifying-Position herausfahren konnte.

Die gewohnten großen Namen finden sich derweil am Ende des Feldes wieder: Egal ob sie Alonso, Trulli, Montoya oder Räikkönen heißen. Und auch die Regne-Pole-Träume von Michael Schumacher zerplatzten erst wegen zu wenig und dann wegen zu viel Regen. Der Ex-Champion startet von Platz 14.

S wie Start

Eine der kritischen Stellen ist auch in Suzuka die erste Kurve nach der Zielgeraden. "Am liebsten würden wir die erste Kurve ohne Zwischenfälle überstehen und dann davon ziehen", gibt Toyota-Teamboss Tsutomu Tomita die Marschrichtung für Ralf Schumacher vor.

"Wenn wir das nicht schaffen können, dann wird es eine schwierige Aufgabe zu gewinnen", fügt der Japaner hinzu. Und der erste GP-Sieg der Weiß-Roten schwebt mehr als nur durch die Köpfe der Toyota-Verantwortlichen. "Wir wissen aber nicht wie die Strategien der anderen aussehen. Wir müssen auf Button aufpassen und versuchen ihn in der ersten Kurve zu schlagen." Und nicht vergessen dürfen die Weiß-Roten den Renault-Blitzstarter Giancarlo Fisichella, der von Platz 3 kommen wird.

Suzuka ist neu für den Jungle Boy., Foto: Sutton
Suzuka ist neu für den Jungle Boy., Foto: Sutton

"Dann ist da noch Fisichella und selbst Räikkönen und Alonso können noch nach vorne kommen", ist sich Tomita sicher. "Unsere Aufgabe ist es die erste Kurve zu überstehen und dann schnelle Rundenzeiten hinzulegen. Dann haben wir eine Chance."

S wie Setup

Obwohl Suzuka als technisch anspruchsvoller Kurs gilt, ist am Sonntag ein anderer Einflussfaktor der wichtigste: Das Wetter. "Wir rechnen mit trockenen Bedingungen", zitiert Renault-Motorenchef Denis Chevrier seine französischen Wetterfrösche.

Im Rennen selbst wird es aufgrund der hauptsächlich nassen Trainingssitzungen bei einem trockenen Grand Prix vor allem auf "auf Improvisationstalent und fahrerisches Können" ankommen. "Die Piloten werden mit einem Setup zurechtkommen müssen, das wir nur sehr bedingt feintunen konnten. In puncto Motoren verlief unsere Vorbereitung deutlich umfangreicher. Wir fuhren während der Trainingssitzungen unter verschiedensten Bedingungen und konnten die Triebwerke entsprechend einstellen."

Der Regen nimmt großen Einfluss auf das Setup., Foto: Sutton
Der Regen nimmt großen Einfluss auf das Setup., Foto: Sutton

Um in Suzuka eine schnelle Runde fahren zu können, ist beim Grundsetup laut Sauber-Technikchef Willi Rampf ein "gut ausbalanciertes" Fahrzeug wichtig. "Abgesehen von der ziemlich langen Gegengeraden, für die niedriger Luftwiderstand nützlich wäre, handelt es sich beim Suzuka Circuit um eine Strecke, die hohen Abtrieb verlangt. Wir werden den C24 so abstimmen, dass er sich neutral verhält und gut fahrbar ist."

Aufgrund der vielen Kurven, die wegen der Form einer Acht in gleicher Anzahl vorhanden sind, greift Suzuka die Reifen stark an. Aus diesem Grund kann die Reifenabnutzung das Renntempo einschneidend beeinflussen. "Das ist ein weiterer Grund, weshalb eine gute Fahrzeugbalance notwendig ist", betont Rampf. "Die Reifen müssen so gut es geht geschont werden.

Das ist aber noch nicht alles: "Vor der Schikane sind die Bremsen besonders gefordert", fügt Sam Michael an, "anspruchsvoll ist diesbezüglich auch der Bereich vor der Haarnadel. Das Wichtigste aber ist Fahrstabilität bei hoher Geschwindigkeit, damit der Fahrer das Vertrauen hat, um am Limit durch die Esses zu fahren."

Der Suzuka Circuit ist aber nicht nur fahrerisch extrem anspruchsvoll. "Er hält auch für den Ölkreislauf des Motors eine besondere Belastung bereit", sagt Mario Theissen. "In der schnellen 130R-Kurve muss er einer enormen Querbeschleunigung gerecht werden. Im vergangenen Jahr haben wir dort 6 g gemessen."

S wie Strategie

Ferrari würde am liebsten im strömenden Regen fahren., Foto: Sutton
Ferrari würde am liebsten im strömenden Regen fahren., Foto: Sutton

Bei den möglichen Rennstrategien hängt natürlich wieder einmal alles vom Wetter ab. "Es könnte einige Schauer geben", widerspricht Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier den Wetterfröschen von Renault. "Aber wir erwarten einen trockenen Start. Dann werden beide unsere Reifenmischungen zum Einsatz kommen."

Ansonsten dürfen wir bei einem Rennen im Trockenen sowohl mit zwei als auch mit drei Stopps rechnen. Ferrari probierte zumindest im 2. Freien Training am Freitag schon einmal eine Fahrt mit weniger Sprit im Tank des F2005. Die Begründung für eine Dreistoppstrategie liefert Sam Michael: "Strategisch ist Suzuka sehr interessant, weil sich ein zu hohes Gewicht durch den Kraftstoff an Bord in den schnellen Kurven rächen kann."

S wie Schlüsselstellen

Suzuka gilt als eine der fahrerisch anspruchsvollsten Strecken des Rennkalenders und ist als "echte Fahrerstrecke" auch einer der absoluten Lieblingskurse der Aktiven.

"Besondere Aufmerksamkeit brauchen die Esses", sagt Willi Rampf. "Wenn man in diesem Abschnitt die erste Kurve nicht richtig erwischt, wird man über den ganzen Sektor hinweg bestraft. "Besonders die S-Kurven zu Beginn der Runde sind entscheidend", stimmt ihm sein Kollege Sam Michael zu. "An dieser Stelle benötigt der Fahrer ein Auto, welches die Richtung schnell und präzise wechseln kann. Jegliche Schwierigkeit im Handling kostet hier Zeit."

Fernando Alonsos Speed wurde vom Regen eingebremst., Foto: Sutton
Fernando Alonsos Speed wurde vom Regen eingebremst., Foto: Sutton

Aber Suzuka hat noch mehr zu bieten: "Mit einer Hochgeschwindigkeitspassage, einer Haarnadel und einer Schikane", so Rampf, "hat Suzuka einfach alles." Besonders berüchtigt ist dabei die ultraschnelle 130R. "Die vielfältigen Kurven, insbesondere die ‚130R´ – eine der großartigsten in der Formel 1 –, treiben die Fahrer und das Auto an ihre äußersten Grenzen", schließt Michael diesen Themenkomplex ab.

S wie Speed

Auch wenn Überholmanöver in Suzuka nicht gerade einfach sind, kann es entscheidend sein auf den Geraden einen höheren Top-Speed zu besitzen. Insbesondere wenn der Konkurrent aufgrund des Regens mit steiler gestellten Flügeln unterwegs ist.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Ralf Schumacher / Toyota 279,0
2. Takuma Sato / B·A·R 276,9
3. Jenson Button / B·A·R 275,9
4. Giancarlo Fisichella / Renault 273,9
5. David Coulthard / Red Bull Racing 268,7
6. Felipe Massa / Sauber 264,1
7. Narain Karthikeyan / Jordan 262,0
8. Christian Klien / Red Bull Racing 260,1
9. Mark Webber / Williams 259,8
10. Robert Doornbos / Minardi 254,4
11. Jarno Trulli / Toyota 253,8
12. Jacques Villeneuve / Sauber 252,9
13. Rubens Barrichello / Ferrari 251,9
14. Christijan Albers / Minardi 249,3
15. Antonio Pizzonia / Williams 245,7
16. Michael Schumacher / Ferrari 236,5
17. Fernando Alonso / Renault 232,0
18. Juan Pablo Montoya / McLaren 229,4
19. Kimi Räikkönen / McLaren 212,5
20. Tiago Monteiro / Jordan -

S wie Spannung

Die Fahrer-WM mag bereits seit zwei Wochen entschieden sein, aber der Große Preis von Japan bietet dennoch jede Menge Spannung; vielleicht sogar mehr als der Brasilien GP.

Wie wird das Wetter? Wird es vielleicht doch noch so stark regnen, dass die Bridgestone-Teams ihren Regenreifenvorteil ausspielen können? Wer holt die Konstrukteurs-WM? Wie schlagen sich Alonso, Räikkönen und Montoya von hinten durch das Feld? Wird Fisichella vorne leichtes Spiel haben? Oder machen die beiden Japaner Honda und Toyota ihren ersten Sieg unter sich aus? Kann Ralf Schumacher vielleicht den zweiten deutschen Saisonsieg holen? Oder triumphiert am Ende gar der Geheimfavorit und Lokalheld Takuma Sato?

Sie alle freuen sich auf den Japan GP., Foto: Sutton
Sie alle freuen sich auf den Japan GP., Foto: Sutton

Fragen über Fragen: Die Antworten liefern die 53 Rennrunden. Momentan herrschen jedenfalls noch starke Meinungsunterschiede. So ist sich Ralf Schumacher beispielsweise sicher: "Die McLaren sind beide weit hinten in der Startaufstellung, deswegen rechne ich nicht mit ihnen."

Ron Dennis sieht dies natürlich anders: "Es mag vielleicht wie ein Desaster aussehen, aber wir sind zuerst hier um den Konstrukteurs-Titel und erst dann das Rennen zu gewinnen", betonte der Teamboss der Silbernen, der seinerseits Toyota unter trockenen Bedingungen keinen Sieg zutraut. "Aufgrund von Alonsos Startplatz sieht es für uns nicht ganz so schlecht aus. Wir haben ein schnelles Paket und eine starke Strategie. Bei einem trockenen Rennen sollten wir also Japan mit mindestens genauso vielen Punkten wie Renault verlassen."

Juan Pablo Montoya drückte dies schon vor dem Qualifying etwas blumiger aus: "Wir müssen Renault hier verblasen!"