Der Artikel wurde in der 80. Ausgabe des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com am 02. September 2021 veröffentlicht.

Strategie und Politik gehören in der Formel 1 genauso dazu, wie die sportliche Komponente. Wie auf der Rennstrecke gilt auch hier: Wenn beide voll auf Angriff unterwegs sind und keiner zurücksteckt, kann es schnell eskalieren. Vor allem wenn es dann auch noch sportlich hoch her geht.

5. Lotus vs. Lotus, 2011

Zu Beginn ein Blick ins Kuriositätenkabinett: Schließlich kommt es nicht häufig vor, dass zwei Teams den selben Namen tragen. Auf der Strecke begegneten sich Team Lotus und Lotus Renault GP zwar selten, neben dem Kurs trafen sich die Anwälte dafür umso öfter. Doch einmal alles der Reihe nach. Lotus Racing von Tony Ferndanes ging 2010 mit einer Lizenz der Lotus-Gruppe an den Start, diese wurde ihnen allerdings während der Saison für zukünftige Jahre wieder entzogen. Stattdessen übernahm die Lotus-Gruppe als Titelsponsor das F1-Team von Renault und startete dementsprechend als Lotus Renault. Doch Fernandes hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Namensrechte für "Team Lotus" erworben und bekam diese auch vor Gericht zugesichert. Kein Team wollte nachgeben und während der Saison waren somit beide Rennställe als Lotus unterwegs. Die Verwirrung war perfekt, da beide mit Renault-Aggregaten an den Start gingen. Mit dem Ende der Saison 2011 endete das Gerichtstheater schließlich. Fernandes sicherte sich die Namensrechte von Caterham und taufte seinen Rennstall um.

Lotus Racing startete ab 2012 als Caterham in der Formel 1, Foto: Sutton
Lotus Racing startete ab 2012 als Caterham in der Formel 1, Foto: Sutton

4. Benetton vs. Williams, 1994

Betrugsvorwürfe, fragwürdige Steward-Entscheidungen und On-Track-Fouls. Der erste WM-Titel von Michael Schumacher war einer der umstrittensten der Geschichte. Bereits kurz nach Saisonbeginn warfen Williams und vor allem Ayrton Senna Benetton vor, eine illegale Traktionskontrolle zu verwenden. Die Vorwürfe bestätigten sich nie, jedoch verfügten die Regelhüter auch nur über begrenzte Möglichkeiten, den Einsatz zu überprüfen. Dafür wurde das Team im Laufe der Saison einer Trickserei beim Nachtanken überführt. Eine umstrittene Disqualifikation und der kontroversielle Ausschluss Schumachers aus zwei Rennen hielten den WM-Kampf bis zum Schluss spannend - trotz der deutlichen Überlegenheit Schumachers. Das Fass zum Überlaufen brachte das inzwischen historische Saisonfinale in Adelaide. Schumacher crashte nach einem Fahrfehler in die Streckenbegrenzung und verursachte bei der Rückkehr auf die Strecke eine Kollision mit Hill, die beide Fahrer aus dem Rennen nahm und so die WM zugunsten des Deutschen entschied.

Michael Schumacher setzte sich 1994 im WM-Kampf mit Damon Hill durch, Foto: Sutton
Michael Schumacher setzte sich 1994 im WM-Kampf mit Damon Hill durch, Foto: Sutton

3. Renault vs. Racing Point, 2019/20

Der Racing Point RP20 war der große Aufreger der Testfahrten 2020. Denn der Rennstall von Lawrence Stroll hatte kurzerhand die Konstruktion des dominanten Mercedes aus der F1-Saison 2019 kopiert. Dass der "pinke Mercedes" als so exakte Replik seines Vorbildautos gelang, warf Zweifel darüber auf, wie viel Zusammenarbeit es tatsächlich zwischen den beiden Teams gegeben hatte. Die Konkurrenz stieg erwartungsgemäß auf die Barrikaden. Besonders Renault echauffierte sich über den Racing Point. Der französische Hersteller hatte Racing Point den Protest beim Japan-GP 2019 noch nie verziehen, der zu einer Disqualifikation beider Renault-Boliden führte. Als Revancheakt legte man Protest gegen die Bremskühlschächte des RP20 ein - und das gleich an drei aufeinanderfolgenden GP-Wochenenden. Auch die Stewards waren von einem Regelbruch überzeugt und bestraften Racing Point. Das allerdings äußerst milde: 15 Punkte verlor das Team in der Konstrukteurs-WM, dafür durfte die Bremskühlung weiterhin verwendet werden.

Renault und Racing Point bekämpften sich nicht nur auf der Strecke, Foto: LAT Images
Renault und Racing Point bekämpften sich nicht nur auf der Strecke, Foto: LAT Images

2. Red Bull vs. Mercedes, 2013

Bereits jetzt verdient der WM-Kampf 2021 zwischen Mercedes und Red Bull einen Eintrag in den Geschichtsbüchern. Über die gesamte Saison hinweg teilten die Teams von Toto Wolff und Christian Horner heftig gegeneinander aus, auf und vor allem neben der Strecke. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass die beiden Rennställe sich auf dem politischen Parkett bekriegen. In der Saison 2013 konnte die sogenannte "Testgate"-Affäre erst vor dem FIA International Tribunal geklärt werden. Was war passiert? Mercedes absolvierte - trotz Testverbot - einen Pirelli-Reifentest mit einem aktuellen Auto in Barcelona, der Konkurrenz wurde das nicht angeboten. Red Bull und Ferrari legten Protest ein. Mercedes verteidigte sich damit, dass Rennleiter Charlie Whiting den Test erlaubt hätte. Am Ende wurden Mercedes und Pirelli verwarnt und die Silberpfeile durften nicht am Young Driver Test nach Saisonende teilnehmen. Red Bull war damit nicht zufrieden: "Wir hatten mit einer schärferen Strafe gerechnet", sagte Dr. Helmut Marko. Worte, die er 2021 in einer anderen Situation mehrfach wiederholen sollte...

Mercedes durfte 2013 nicht am Young Driver Test teilnehmen, Foto: Sutton
Mercedes durfte 2013 nicht am Young Driver Test teilnehmen, Foto: Sutton

1. Ferrari vs. McLaren, 2007

Ferrari gegen McLaren. Dieses Duell sorgte über viele Jahre für Spannungen in der Boxengasse. In der Hochphase nahmen die Kontrahenten noch nicht einmal mehr den Namen des gegnerischen Rennstalls in den Mund und sprachen nur noch vom "anderen Team". 2007 erlebte das Duell Rot gegen Silber seinen Höhepunkt. Schauplatz war ein Copyshop nahe Woking. Die Frau von McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan nutzte diesen, um zahlreiche Dokumente zu kopieren. Der Inhalt war brisant: Schließlicht wurde das Material dem Team von Ferrari-Chefmechaniker Nigel Stepney zugespielt, der mit seiner Position in Maranello unzufrieden war. Der Rest ist Geschichte: Die FIA bekam Wind von der Sache und startete eine Untersuchung. McLaren-Pilot Fernando Alonso, der sich in teaminternen Ränkespielen versuchte, spielte - mutmaßlich - den Regelhütern als Revancheakt gegen seinen Rennstall zusätzliches Material zu. McLaren wurden alle Punkte in der Konstrukteurs-WM aberkannt und das Team erhielt Rekord-Strafe von 100 Mio. Dollar aufgebrummt. Zu allem Überfluss verloren Alonso und Lewis Hamilton den WM-Titel um nur jeweils einen Zähler an Ferrari-Mann Kimi Räikkönen.

Der WM-Kampf 2007 gipfelte im sogenannten 'Spy-Gate', Foto: Sutton
Der WM-Kampf 2007 gipfelte im sogenannten 'Spy-Gate', Foto: Sutton

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