Mercedes ließ Red Bull am Freitag der Formel 1 in Spa-Francorchamps den Vortritt. Im zweiten Training enthielten sich Lewis Hamilton und Valtteri Bottas bei den Rundenzeiten auf dem Soft-Reifen und blieben dennoch gefährlich nahe an Max Verstappen dran. Die Weltmeister verfolgen stur ihr eigenes Programm. Bottas versprüht nach dem ersten Tag Optimismus. Hamilton hingegen hadert: Auto passt nicht, Eau Rouge neuerdings versaut.

"Das Auto hat mir heute nicht so ganz gepasst. Wir haben heute Nacht etwas Arbeit vor uns, um das in den Griff zu bekommen", so Hamilton nach den beiden 60-minütigen Trainings am Freitag. Während der Teamkollege im FP1 die Bestzeit fuhr, wurde er weit abgeschlagen 18. Am Nachmittag stellte er als Dritter zumindest wieder den Anschluss an Verstappen und Bottas her.

"Auf dieser Rennstrecke die Balance zu finden, ist wirklich eine riesengroße Herausforderung", sagt der siebenmalige Weltmeister, der zusammen mit Bottas unterschiedliche Konfigurationen des F1 W12 ausprobierte. Auf der Suche nach dem richtigen Setup fremdelte er plötzlich mit dem so vertrauten Circuit de Spa-Francorchamps: "In Eau Rouge ist es jetzt sehr wellig. Irgendetwas ist dort passiert."

Hamilton blufft, Verstappen crasht! Noch ein Ass im Ärmel?: (09:05 Min.)

Hamilton war seit 2007 jedes Jahr mit der Formel 1 in den Ardennen zu Gast und zeigt sich von den Bodenwellen überrascht. "Sie haben es irgendwie ein bisschen versaut - oder ich weiß nicht ob sie da etwas dran gemacht haben. Aber am Kompressionspunkt ist eine massive Bodenwelle, die wir da vorher nie hatten. Es ist wirklich heftig. Du fühlst es am Hintern", erklärt er. Von Modifikationen an der Traditionsrennstrecke ist jedoch nichts bekannt. Der Bereich um die berüchtigte Eau Rouge wurde im Juli allerdings bei starken Regenfällen überschwemmt.

Mercedes setzt in Spa auf Low-Downforce

Der Regen wird aller Voraussicht nach auch an diesem Wochenende eine entscheidende Rolle spielen, was die Setuparbeit für die Teams zusätzlich erschwert. Am Freitag wechselten sich Hamilton und Bottas mit unterschiedlichen Downforce-Spezifikationen ab. "Zum Glück konnten wir viel im Trockenen fahren", so Bottas, der mit der Balance zufrieden war: "Die Pace war sowohl auf Short- als auch auf Longruns ziemlich anständig. Im Training ist das immer schwer einzuordnen aber das Gefühl war gut."

Im zweiten Training war Mercedes in den Vollgas-Sektoren eins und drei ganz vorne mit dabei. Den kurvenreichen Mittelsektor hingegen entschied Verstappen mit dreieinhalb Zehntelsekunden Vorsprung auf Hamilton für sich. Bottas verlor dort weitere zwei Zehntelsekunden. "Wir scheinen auf den Geraden sehr schnell zu sein, dafür vielleicht weniger in den Kurven von Sektor zwei. Aber für mich ist es im Rennen wohl wichtiger, in den Sektoren eins und drei schnell zu sein", so Bottas.

Red Bull vermutet volle Leistung bei Mercedes

Der Zeitverlust im Mittelsektor kann allerdings auch im Zusammenhang mit den Reifen stehen, denn Hamilton und Bottas setzten ihre Bestzeiten im zweiten Training auf dem Medium-Reifen. "Es ist ziemlich schwierig zu sagen, wo genau wir stehen", sagt Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin, der bei Konkurrent Red Bull neben dem anderen Reifen auch ein anderes Motorprogramm vermutet.

"Auf dieser Rennstrecke kommt es sehr auf die Leistung an. Unterschiedliche Modi zu benutzen kann große Auswirkungen auf die Rundenzeit haben", erklärt er. Red-Bull-Berater Dr-Helmut Marko vermutete gegenüber Motorsport-Magazin.com, dass Mercedes im Gegensatz zu seinem Team schon alles gezeigt hat: "Ich glaube, der Bottas hat voll aufgedreht gehabt."

"Unser Auto scheint planmäßig zu funktionieren und wir sollten bei der Pace gut dabei sein", hält Shovlin sich gewohnt bedeckt. Für Hamiltons Probleme hat Mercedes außerdem schon eine Erklärung: "Wir können noch eine bessere Balance finden und Lewis hatte auf dem Longrun Vibrationen, die nicht geholfen haben."

Mercedes erwartet Setup-Lotterie

Inwiefern die Anstrengungen am Samstag auf fruchtbaren Boden fallen, wird das Wetter entscheiden. Für das Qualifying wird eine Regenwahrscheinlichkeit von über 80 Prozent vorhergesagt. "Wenn es regnet willst du natürlich mehr Anpressdruck", so Hamilton. "Aber wenn die Wettermenschen sich geirrt haben, bist du auf den Geraden geliefert. Wir müssen mit den Setupänderungen morgen sehr vorsichtig sein."

"Wir erwarten ähnliches Wetter für den Rest des Wochenendes. Es wird ziemlich schwer sein, mehr als 30 Minuten in die Zukunft zu sehen. Die Planungen für Qualifying und Rennen werden damit sehr knifflig, aber das ist hier keine ungewöhnliche Ausgangslage", so Shovlin mit Blick auf das bevorstehende Wetter-Roulette.