So jung und schon Weltmeister - Fernando Alonso schwirrt als überreifes Wunderkind durch den internationalen Medienwald. Bald schon wird es niemanden geben, der nicht weiß, dass Alonso mit 24 Jahren der jüngste Formel 1-Weltmeister aller Zeiten ist. Weniger bekannt ist jedoch, dass Alonso für Renault den ersten Fahrertitel der Teamgeschichte einfuhr. Denn den Protagonisten der Turbo-Ära der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre wollte dies nicht gelingen - und die fünf WM-Titel mit Williams respektive der eine mit Benetton, in den Neunzigerjahren errungen, wurden als Motorenlieferant quasi "nur" mitgewonnen...

Während Fernando Alonso "so nach Hockenheim oder Budapest" an den Titel geglaubt hat und er am Sonntag "keinen Stress hatte", weil er "wusste, dass mir in den drei ausstehenden Rennen drei siebte Plätze zur WM reichen würden", wie der Spanier der dpa flüsterte, war es für Renault-Präsident Patrick Faure doch das große Zittern: "Ich bin erleichtert. Das Rennen zog sich dermaßen hin. Ich glaube, das waren die längsten 90 Minuten meines Lebens..."

Dass Alonso so jung ist, findet Faure super: "Es passt einfach zum Image von Renault, das für menschliche Wärme und Jugendlichkeit steht. Ich habe 21 Jahre lang innerhalb des Renault F1-Teams Verantwortung übernommen und in diesem Zeitraum haben wir nun alles erreicht."

Und überhaupt ist der Präsident ein großer Alonso-Fan: "Der Junge ist einfach faszinierend, er ist außergewöhnlich. Als Flavio Briatore ihn mir gegenüber vor fünf Jahren zum ersten Mal erwähnte, da nannte er zwei besondere Eigenschaften: Angriffslust und Beständigkeit. Fernando bewies, dass er über diese beiden Qualitäten verfügt, als er zu Renault kam."

Und: "Dieses Jahr kam sogar noch eine weitere Tugend hinzu: Er ist ein kluger Stratege. Er weiß, wie er attackieren muss, wie er sich an die Spitze setzen und das Rennen gewinnen kann. Er besitzt zudem die Fähigkeit, seine Position zu verteidigen – das hat er beim Grand Prix in Imola eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Er kann außerdem gut mit der Situation umgehen, wenn sein Auto mal nicht genug hergibt, um ganz vorne mitzufahren: Dann kämpft er eben im Mittelfeld. Und das alles kann er bereits im Alter von 24 Jahren vorweisen. Wir sind Zeuge des Aufstiegs eines außergewöhnlichen Talents."

Fernando hat seinen Sieg noch nicht völlig realisiert., Foto: Sutton
Fernando hat seinen Sieg noch nicht völlig realisiert., Foto: Sutton

Alonso selbst hat seinen Worten zufolge den Titelgewinn noch nicht wirklich verarbeitet: "Ich werde wohl erst in den nächsten zwei, drei Tagen realisieren, was ich da erreicht habe. Ich habe für diesen Traum gelebt. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Tag für meine Familie, meine Freunde und für mich. Ich bin extrem glücklich. Der König, der Prinz und der Ministerpräsident haben mir schon telefonisch gratuliert."

Und auch Bernard Dudot, der seit den Siebzigerjahren ein Teil des Renault-Teams war und im April als Managing Director sich von diesem verabschiedete, gratuliert: "Für mich war es wichtig, in Brasilien vor Ort zu sein, auch wenn ich seit dem April nicht mehr dabei bin. Es war ein kraftvoller Moment, nach neunzig harten Minuten. Fernando ist unvergleichlich. Und ich bin stolz, ein Renault-Mann zu sein." Natürlich unterstreicht auch Dudot die große Reife des Fernando Alonso - er fügt aber auch hinzu: "Fernando mag vielleicht manchmal etwas kühl und distanziert wirken, aber er weiß auch, wie man ein ganzes Team motivieren kann. Und das ist eine äußerst nützliche Eigenschaft!"

Ein ganzes Team motivieren - das kann auch Alonsos Vorgänger, Michael Schumacher, besonders gut. Dass Alonso mit seinem Titel die Serie des Siebenfachweltmeisters beenden konnte, bedeutet ihm viel: "Das ist wie das Tüpfelchen auf dem i. Jeder will Michael auf der Strecke schlagen. Das ist so wie bei der Tour de France mit Lance Armstrong. Der Titel zählt mehr, so lange Schumacher dabei ist. Man muss allerdings berücksichtigen, dass Ferrari in diesem Jahr einige Probleme hatte."

Dass ganz Spanien aus dem Häuschen ist, ist zwar schön und gut - doch zunächst wird sich Alonso fernhalten von der Heimat: "Ich reise wahrscheinlich erst nach dem Saisonfinale in China nach Asturien. Es gibt zu Hause zu viele politische Interessen, mich dort zu vereinnahmen. Deshalb haben wir entschieden, noch nicht sofort nach Spanien zu kommen."