Mit Valtteri Bottas bewies Mercedes im ersten Sprintqualifying der Formel-1-Geschichte Mut zum Risiko. Als einziger Fahrer der beiden Top-Teams startete der Finne den Sprint in Silverstone auf den weichsten Reifen. Das war im gesamten Feld nur noch bei Landsmann Kimi Räikkönen und den Alpine-Piloten zu sehen. Anders als dieses Trio konnte Bottas den Traktionsvorteil in der Startaufstellung nicht in ein besseres Ergebnis als im Qualifying ummünzen. Während Esteban Ocon drei Plätze gewann, Fernando Alonso und Räikkönen gleich vier, verharrte Bottas auf seinem dritten Platz.

"Wir haben etwas anderes probiert. Wir dachten, die meisten würden auf Medium starten, deshalb gibt dir das [der Soft] eine Chance am Start und in den ersten drei Kurven. Das Ziel war, Max schon beim Start oder auf der ersten Runde zu bekommen", berichtet Bottas. So sollte der Finne Polesetter und Teamkollege Lewis Hamilton wertvolle Schützenhilfe leisten. Diese Rolle hatte Teamchef Toto Wolff seinen Piloten kurz vor dem Start des Sprints bereits offen zugeteilt.

Bottas sollte Hamilton helfen: Taktik scheitert am Start

Doch der Plan scheiterte. Verstappen erwischte vorne den besten Start und beschleunigte Hamilton aus. Dahinter ging Bottas der Platz aus, sodass der Finne seinen Traktionsvorteil der weicheren Pirelli-Walzen nicht zu nutzen wusste. "Ich dachte, dass ich in Kurve eins den Schwung mitnehmen kann, aber nein", hadert Bottas. "Aber den Versuch war es wert."

Doch woran scheiterte es genau? "Ich war da an einer kniffligen Stelle. Ich hatte in Kurve eins ein gutes Momentum, war aber etwas eingeklemmt. In der Situation war ich schon, dann bekommst du plötzlich Untersteuern und musst lupfen", schildert Bottas. "Das sieht dann nach einem größeren Lupfer aus als es wirklich ist. Aber wenn du das Momentum verlierst, dann verlierst du das Momentum." Voll gegen Hamilton reinhalten wollte der Finne allerdings auch nicht. Bottas: "Gerade wenn du in diesem Sprintqualifying gegen deinen Teamkollegen fährst und der Hauptevent erst morgen ist, ist Crashen das Letzte, was du willst."

Bottas nach Start im Schongang: Soft am Leben gehalten

Glück im Unglück für den Mercedes-Pilot: Zumindest kassierte Bottas im weiteren Rennverlauf von 100 Kilometern nicht die Quittung für die schneller eingehenden weichen Reifen. "Nach den ersten paar Kurven habe ich noch gedacht, mithalten zu wollen. Aber die Hauptsache war für mich, die Reifen nicht zu zerstören", sagt Bottas, 7,5 Sekunden nach Sieger Verstappen und deren sechs nach Hamilton im Ziel. "Hinter mir waren Autos mit Medium-Reifen, die hatten einen Vorteil durch weniger thermischen Abbau und Reifenverschleiß. Schade, dass es nicht funktioniert hat, aber ich bin froh, dass ich den dritten Platz behalten konnte."

Dort landete Bottas am Ende noch einigermaßen komfortabel. Charles Leclerc hielt die gesamten 17 Runden über zwar gut mit, nur in die Nähe Bottas' kam der Ferrari allerdings nie. Am Ende trennten das Duo noch immer 3,7 Sekunden. Da fühlte sich der Finne sogar wieder besser. "Am meisten hatte ich von Runde drei bis Runde zehn oder elf mit den Reifen zu kämpfen. Da haben sie sehr überhitzt. Aber als der Reifen dann anfing zu verschleißen, wurde es zum Ende hin etwas besser. Das war nicht schlecht", sagt Bottas.

Bottas: Soft war kein Risiko

Bottas fuhr somit vor allem ein Rennen mit kontrolliertem Risiko. Genauso das sei allerdings auch die Entscheidung gewesen, überhaupt mit dem Soft zu starten. "Wir haben den Soft im zweiten Training probiert und da war er besser, als ich dachte", berichtet Bottas. "Es gab kein großes Risiko und ich konnte die Position ja auch behalten. Die Performance am Start war ja auch nicht schlecht, ich wurde eben nur eingequetscht und habe das Momentum verloren."

Für Bottas hat sich die Ausgangslage vor dem eigentlich Grand Prix somit kein Stück verändert. Deshalb ist der Ärger über die verpasste Chance nicht allzu groß. "Wir haben es versucht und es ist kein Desaster, denn morgen ist der Haupt-Tag. Jetzt haben wir einfach den Platz gehalten - trotz Blasenbildung.

Eine Veränderung gibt es für Bottas nun allerdings doch. Jetzt kann er besser einschätzen, womit im Rennen zu rechnen ist. Bottas: "Heute hat schon gezeigt, dass es morgen nicht leicht wird. Vielleicht wird es noch wärmer. Dann kommen da vielleicht noch mehr Probleme."