Formel 1 in Barcelona: S wie Startaufstellung

Die Startaufstellung für den Großen Preis von Spanien 2021 (heute um 15 Uhr live im TV bei RTL, Sky und im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) verspricht Action gleich zu Rennbeginn. Mit Lewis Hamilton und Max Verstappen stehen die beiden großen Titelrivalen gemeinsam in der ersten Reihe, gleich dahinter folgt, schon vor dem vierten Rennen der Formel-1-Saison 2021 unter Zugzwang, Valtteri Bottas. Mit Charles Leclerc im Ferrari ergänzt gleich der nächste hungrige Verfolger die zweite Startreihe.

Esteban Ocon und Carlos Sainz bilden die dritte Startreihe im ersten Alpine und zweite Ferrari. Daniel Ricciardo qualifizierte sich für P7, vor Sergio Perez. Der Mexikaner kam durch Schulterbeschwerden im Qualifying nicht über den achten Startplatz hinaus. Auch die Basis für eine Aufholjagd liefert uns die Startaufstellung heute also in Barcelona.

Lando Norris im zweiten McLaren und Fernando Alonso komplettieren die Top-10. Sebastian Vettel startet vom 13. Startplatz, Mick Schumacher nimmt das Rennen in Katalonien von P18 in Angriff - erstmals vor einem Williams.

Formel 1 in Barcelona: S wie Start

22 der bislang 30 Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya wurden von der Pole Position gewonnen. Das zeigt, wie wichtig das Qualifying beim Spanien GP ist. Hintergrund: Überholen lässt sich in Barcelona fast genau schwer wie sogar in Monte Carlo (s.u.) Umso wichtiger ist die Track Position, also in jedem Fall immer weiter vorne zu fahren als der Gegner. Deshalb kam es schon im Qualifying zu einem ungewohnten Bild. Selbst die Top-Teams versuchten gar nicht erst, sich mit dem Medium für Q3 zu qualifizieren.

Die Folge: Die Top-10 starten geschlossen auf dem weichen Reifen. „Track Position ist hier sehr wichtig, deshalb wollte ich am Start einfach nicht an Boden verlieren. Das ist der Hauptgrund“, erklärt Valtteri Bottas den Verzicht auf haltbarere Reifen am Start. Lieber Soft, lieber mehr Traktion, lieber mehr Sicherheit, am Start nicht kassiert zu werden.

Sechs Meter Unterschied würden die Softs gegenüber den Mediums machen, sagt Lewis Hamilton. Das erscheint im Angesicht von 579 Metern bis zum ersten Bremspunkt wenig, ist in der Formel 1 jedoch - wie so oft - eine Welt. Die viertlängste Distanz bis zur ersten Bremszone der ganzen Saison macht Verstappen allerdings auch mit gleichen Waffen Hoffnung: "Der Weg zu Kurve eins ist sehr lang ...", sagt der Niederländer.

Alles verfügt Verstappen auch über einen Nachteil. Zwar ist Red Bull in Barcelona erstmals seit zehn Jahren wieder in Reihe eins gefahren, doch gibt das nun gleich beiden Mercedes die etwas saubere Seite der Startaufstellung. Ein Vorteil, auf den etwa Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff große Stücke setzt.

In der ersten Rechts-Links wird es in Barcelona nach Start meist eng, Foto: LAT Images
In der ersten Rechts-Links wird es in Barcelona nach Start meist eng, Foto: LAT Images

Formel 1 in Barcelona: S wie Stau

Die überdurchschnittliche Bedeutung von Startaufstellung und Start fußt auf einem regelrecht überholfeindlichen Charakter des 4,675 Kilometer kurzen Circuit de Barcelona-Catalunya. Im Vorjahr gab es sechs normale Manöver sowie 25 Positionswechsel mit Hilfe von DRS. Im letzten Sektor neigen die Reifen zum Überhitzen, so lässt sich in der schnellen Zielkurve - neben Dirty Air - nur noch schwieriger folgen.

Damit nicht genug: Die umgebaute Kurve zehn könnte die Formel 1 den zweiten denkbaren Überholpunkt kosten. Die Gerade wurde etwas verlängert, die Kurve weiter gestaltet. Das erschwert Ausbremsmanöver drastisch. Dafür soll das zu weniger Überhitzen sorgen und den zuvor beschriebenen Effekt im letzten Sektor reduzieren. Sehen wir so am Ende von Start/Ziel mehr Action. Hoffen darf man immer, die Fahrer zeigten sich in ihren Prognosen allerdings wenig optimistisch. „Wir wissen, dass das Überholen und das Hinterherfahren hier sehr schwierig sind“, sagt Verstappen.

Formel 1 in Barcelona: S wie Strategie

Nach dem Start besteht die größte Chance auf Positionsgewinne somit über die Strategie. Da die Reifen wegen der rauen und schnellen Strecke in Barcelona überdurchschnittlich leiden, ist der Spanien-GP meist ein Zweistopprennen. Noch dazu ist der Zeitverlust in der Boxengasse verhältnismäßig gering. Das erweitert die Möglichkeiten gegenüber nur einem Stopp. Pirelli geht auch deshalb wieder von meist zwei Stopps aus, weil der harte Reifen in Barcelona ohnehin kaum brauchbar, da fast eine Sekunde pro Runde langsamer als der Medium, ist.

Die Teams werden ihre Strategien also vor allem auf die weiche und mittlere Mischung ausrichten. Außerhalb der Top-10 besteht zumindest noch die Möglichkeit eines Starts auf dem Medium. Doch das sei ohnehin nicht unbedingt ein Vorteil, so Hamilton. „Wenn man mit dem Medium vorne bleibt und das Auto dahinter auf Soft ist und sie an die Box kommen, dann kommt man selbst auch zum Stopp. Man hat also nichts vom Medium-Reifen und man gibt eine extra Möglichkeit auf“, sagt der Weltmeister.

Diese Aussage macht somit auch einen angeblichen Nachteil hinfällig: Hamilton muss auf einem Soft-Satz starten, der schon eine Runde mehr gerollt ist als jene seiner direkten Konkurrenten. Im Q1 fuhr Hamilton nach einem durchwachsenen ersten Versuch zur Absicherung mit jenem Reifen, der eigentlich erst im Q2 vorgesehen war. Nur eine Runde, aber doch eine Runde mehr. Allerdings: Ein lediglich leichtes Anfahren sollte die Lebensdauer der sensiblen Pirellis eigentlich sogar verbessern.

Noch ein Vorteil: Mit Bottas verfügt Hamilton sofort über Schützenhilfe. „Das gibt uns strategische Möglichkeiten, aus denen wir im Rennen das Beste herausholen müssen“, sagt Wolff. Verstappen muss hingegen erneut warten, bis Perez sich durch die Verfolger gekämpft. Wenn das überhaupt so schnell gelingen kann. Nochmal: Wir sind in Barcelona ...

Formel 1 in Barcelona: S wie Safety Car

Nicht einberechnen in die Strategien lässt sich ein Safety Car. Dennoch ist ein möglicher Einsatz Bernd Mayländers zu berücksichtigen. In Barcelona liegt die statistische Wahrscheinlichkeit für mindestens eine Safety-Car-Phase bei immerhin 60 Prozent. Die aggressiven Kerbs und Kiesbetten der Strecke haben eben eine Wirkung. Ein Einsatz zum falschen Zeitpunkt kann ganze Rennen ruinieren Oder sie retten. „Vielleicht können wir morgen über die Strategie einen Unterschied machen, vielleicht hilft uns auch ein Safety Car. Passieren kann immer genug“, hofft Sebastian Vettel wegen eines sonst fast aussichtslosen 13. Startplatzes.

Das Safety Car ist in Spanien kein seltener Besucher auf der Strecke, Foto: Sutton
Das Safety Car ist in Spanien kein seltener Besucher auf der Strecke, Foto: Sutton

Formel 1 in Barcelona: S wie Sommerregen?

Bislang waren die Bedingungen in Barcelona perfekt für Motorsport. Einzig im Qualifying wehte der Wind bereits etwas zu stark für den Geschmack mancher Piloten, im Rennen soll es so weitergehen - und noch auffrischen. Mit bis zu 23 km/h werden nahezu Portimao-Verhältnisse erreicht. Damit nicht genug. Selbst ein zunächst nicht vorgesehenes Spannungselement könnte uns das Wetter heute liefern. Am späten Vormittag beträgt das Risiko für einen Regen über Barcelona mehr als 40 Prozent. Das fällt zwar bis zum Rennstart, zumindest ein feuchter Start kommt aber immerhin in Frage.

Formel 1 in Barcelona: S wie Sieger?

Ausnahmsweise ein fast schon zu vernachlässigender Faktor für den Ausgang des Duells Red Bull vs. Mercedes scheint die rohe Rennpace. Aus zwei zusammenspielenden Gründen: In Barcelona lässt sich, wie gesagt, nur schwer überholen. Mick Schumacher sprach bereits von einem nötigen Delta des Verfolgers von 1,3 Sekunden, um eine reelle Chance zu haben. So groß ist der Unterschied zwischen den beiden besten Autos nicht einmal, wenn einer Soft, der andere Medium fährt.

Generell scheinen Mercedes und Red Bull erneut extrem eng zusammen. Ein ganz klarer Favorit war schon auf den Longruns am Freitag kaum auszumachen. Allerdings war von Red Bull durch Beschädigungen am Auto von Verstappen auch nicht alles zu sehen. „Die Pace ist aber da. Ich bin immer optimistisch, dass wir einen guten Job machen und ein gutes Rennen haben können“, sagt Verstappen. Der Schlüssel werde das Reifenmanagement sein, so der Niederländer. Nur so lässt sich dann in den entscheidenden Phasen um die Boxenstopps die vielleicht entscheidende Zeit gewinnen - dich durch rohe Pace.