Red Bull investiert im großen Stil in die Zukunft des Formel-1-Teams und wildert dafür bei Mercedes. Für die Entwicklung der eigenen Power Unit wurde eine vollständige Führungsriege aus der Motorenfabrik des Erzrivalen abgeworben. Max Verstappen wundert sich nicht, dass Hochkaräter von Mercedes angesichts der attraktiven Perspektive in Milton Keynes zum Feind überlaufen. Der Niederländer ist als langjähriger Red-Bull-Protegé vom neuen Projekt ebenso angetan.

"Wenn Leute für lange Zeit an einem Ort sind, wollen sie glaube ich neue Herausforderungen sehen und ich denke, das ist verständlich", sagt Verstappen im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com über die am Donnerstag vor dem vierten Saisonrennen in Barcelona bekanntgegebenen Königstransfers.

Mercedes entthronte Red Bull mit dem Beginn der Hybrid-Ära, nachdem die Österreicher zwischen 2010 und 2013 vier Mal in Folge sowohl Fahrer- als auch Konstrukteursweltmeisterschaft gewonnen hatten. Für Verstappen liegt es in der Natur der Sache, dass Red Bull für das eigene Motorenprojekt das Know-how der Konkurrenz anzapft.

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Verstappen verschreibt sich Red Bulls Motorenprojekt

"Es ist natürlich interessant, aber ich denke es ist ganz normal. Wenn ein Team für so eine lange Zeit derart dominant war, wirst du versuchen diese Art von Personal zu bekommen", sagt der 23-Jährige. Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko hatte sogleich klargestellt, dass finanzielle Anreize bei der Verpflichtung keine Rolle gespielt haben.

"Red Bull ist ein leidenschaftliches Rennteam. Alles in einem Haus. Mercedes bietet den Leuten, die zu uns kommen, das doppelte Gehalt, wenn sie bleiben. Wir nicht", so der 78-Jährige. Nachdem der Ausstieg von Motorenpartner Honda zum Ende der Saison 2021 schlechte Vorzeichen für Red Bulls F1-Projekte bedeutete, hat sich die Perspektive in den vergangenen Monaten ins Gegenteil verwandelt.

"Ich denke, es ist ein interessantes neues Projekt, das wir haben", so Verstappen. Der Plan lautet, die von Honda bereitgestellte Technik ab 2022 weiter einzusetzen und für das ab 2025 neue Motorenreglement mit einem vollständig im eigenen Haus entwickelten Aggregat an den Start zu gehen.

Verstappen unterzeichnete Anfang 2020 einen Vertrag bis einschließlich 2023. Immer wieder kommen Gerüchte auf, der niederländische Nationalheld könnte von Mercedes abgeworben werden. Die Offensive im Hause Red Bull scheint dieses Szenario aber noch unwahrscheinlicher zu machen: "Wir stehen vor einer sehr aufregenden Zukunft von der ich natürlich auch ein Teil sein und sehen will, wohin sie uns führt", sagt Verstappen.

Politik spielt im WM-Kampf gegen Hamilton keine Rolle

Durch die brisanten Transfers wird der WM-Kampf zwischen Mercedes und Red Bull um ein politisches Element bereichert. Mercedes-Teamchef Toto Wolff brachte zuletzt mit spekulativen Aussagen Unruhe in die Reihen des Gegners, doch Verstappen will die Spielchen der Chefetage nicht auf der Rennstrecke austragen.

"Wir sollten es auf eine nette Art sehr hart ausfechten. Natürlich werden wir hart kämpfen, genau wie sie. Aber das ist gut für den Sport und mir gefällt es auch", so der elffache Grand-Prix-Sieger. Der in den ersten Saisonrennen zuweilen intensive Kampf gegen Rekordweltmeister Lewis Hamilton findet für ihn im korrekten Rahmen statt.

"Es ist sehr entspannt, wie man uns auch ansehen kann", beteuert er. "Wir kommen sehr gut miteinander aus und respektieren einander. Ich denke, das ist so eine Sache, solange du dem anderen zugestehen kannst, wenn er einen besseren Job gemacht hat. Das ist sehr wichtig."