Als die Formel 1 noch in ihren Kinderschuhen steckte, trat ein Fahrer in Erscheinung, der nicht nur durch seine fahrerischen, sondern auch technischen Fähigkeiten bestach und damit maßgeblich an dem Erfolg der Rennställe, für die er fuhr, beteiligt war: Die Rede ist von Jack Brabham. Der Australier führte zusammen mit Cooper das Mittelmotor-Konzept in die Formel 1 ein und veränderte die Königklasse dadurch nachhaltig. Seine drei Weltmeistertitel sind bis heute ein Zeugnis von Kampfgeist und Willenskraft. Vor allem sein letzter Triumph hatte es mehr als in sich.

Vor der Formel 1 kam das Midget-Car

John Arthur Brabham wurde am 2. April 1926 als Sohn des Gemüseverkäufers Cyril Thomas Brabham in Hurstville, einem Vorort Sydneys, geboren. Sein Vater war es schließlich, der ihm im Alter von 12 Jahren das Fahren beigebracht hat und damit den Grundstein für eine bemerkenswerte Zukunft setzten sollte. Brabhams Leidenschaft für das Automobil erreichte allerdings neue Sphären, als er drei Jahre später die Schule abbrach und fortan in einer Kfz-Werkstatt arbeitete. Seine Abende verbrachte er in dieser Phase vor allem damit, ein technisches College in seiner Heimat Hurstville zu besuchen, um seine Maschinenbau-Kenntnisse auszubauen.

Doch auch damit war nach zwei weiteren Jahren wieder Schluss, da sich Brabham 1944 kurz nach seinem 18. Geburtstag der Königlichen Australischen Luftwaffe anschloss, aber auch hier sein technisches Geschick im Dienst als Flugzeugmechaniker unter Beweis stellte. Nachdem er 1946 das Militär wieder verließ, eröffnete er mit familiärer Unterstützung seine eigene kleine Werkstatt und reparierte zunächst Motoräder und Autos seiner Nachbarschaft. Dies führte schließlich zu einer verhängnisvollen Begegnung des jungen Australiers.

Währenddessen lernte er den US-Amerikaner Johnny Schonberg kennen, der an örtlichen Midget-Car-Rennen teilnahm und ihn damit an den Rennsport heranführte. Daraus entstand die Idee, mit der Hilfe von Bill Armstrong und Ronnie Ward einen eigenen Rennwagen zu bauen. Nach vier bis fünf Monaten war das erste eigene Midget-Car fertiggestellt, in das unter anderem eine Harley-Davidson-Kupplung eingebaut war. Nachdem Schonberg 1948 jedoch von seiner Frau überredet wurde, mit dem Rennsport aufzuhören, stand die Truppe plötzlich ohne Fahrer da, weshalb Jack Brabham den Entschluss fasste, einfach selbst in das Auto zu steigen und zunächst an Mittwochabend-Rennen am heutigen Valvoline Raceway in Sydney teilzunehmen. Obwohl er als Neueinsteiger von ganz hinten starten musste, gewann er beim dritten Antritt bereits sein erstes Rennen.

Nach vielen erfolgreichen Jahren im Speedway-Racing, bei denen er unter anderem die Australian Speedcar Championship gewann, widmete sich Brabham vermehrt Straßenrennen und griff hierfür zu einer bisher mehr als ungewöhnlichen Maßnahme: Mit der Unterstützung des Unternehmens Redex legte er sich einen Cooper-Bristol zu, der bei den kommenden Rennen die Aufschrift Redex Special tragen sollte. Die australische Motorsportbehörde fand allerdings nicht so viel Gefallen daran und untersagte das Sponsoring kurzerhand. Brabham überklebte die Buchstaben, doch die Aufkleber konnten den hohen Geschwindigkeiten nicht standhalten, wodurch der Schriftzug erneut sichtbar wurde. Mit dem Cooper Bristol aka Redex Special gelang dem Australier schließlich der sportliche Durchbruch - dies führte zu seinem Engagement bei Cooper in Europa.

Brabhams Redex Special, Foto: LAT Images
Brabhams Redex Special, Foto: LAT Images

Mittelmotor-Konzept stellt Formel 1 auf den Kopf

1955 war es schließlich soweit: Jack Brabham sollte mit dem Cooper T40 beim Großen Preis von Großbritannien in Aintree sein Formel-1-Debüt geben, das gleichzeitig sein einziger Antritt in dieser Saison bleiben sollte. Das Abenteuer war aber nur von kurzer Dauer, da Brabham mit einem Motorschaden ausfiel. Das gleiche Schicksal sollte ihn auch in der Folgesaison ereilen, in der er ebenfalls nur einen Gastauftritt beim Rennen in Großbritannien absolvierte. Obwohl seine ersten Formel-1-Jahre nicht von Erfolg gekrönt waren, sollten "Black Jack", wie er aufgrund seiner dunklen Haare und seines aggressiven Fahrstils immer häufiger genannt wurde, und Cooper die Königsklasse revolutionieren und letztlich für das Ende der Frontmotoren sorgen.

Eine zentrale Rolle spielte dabei vor allem das technische Knowhow Brabhams, der das Team davon überzeugte, den Motor nicht wie üblich in der Front des Fahrzeugs, sondern direkt hinter dem Fahrer im Heck zu platzieren - eine Neuheit in der Formel 1. Was sich nach einer recht simplen Idee anhörte, brachte zu Beginn jedoch einige Schwierigkeiten mit sich. So musste beim Getriebe eine Spezialanfertigung eingebaut werden, da die bisherigen "handelsüblichen" Getriebe nicht für dieses Konzept geeignet waren. Dennoch brachten die Mittelmotoren immense Vorteile mit sich: Das Fahrzeug hatte nicht nur eine bessere Straßenlage, sondern war gleichzeitig auch wesentlich leichter und vor allem wendiger als die klassischen Rennwägen mit Frontmotoren, die zumindest in Sachen Höchstgeschwindigkeit punkten konnten. Der endgültige Durchbruch des neuen Konzepts sollte dennoch einige Jahre auf sich warten lassen.

Beim Großen Preis von Monaco 1958 konnte Brabham im neuen Cooper T45 mit einem vierten Platz schließlich seine ersten WM-Punkte einfahren. Das Rennen war zudem der zweite Cooper-Sieg in Folge, wodurch das Frontmotor-Monopol vermehrt ins Schwanken geriet. Brisantes Detail am Rande: Ein gewisser Bernie Ecclestone versuchte sich an diesem Wochenende ebenfalls auf den Straßen von Monaco, scheiterte mit seinem Connaught Type B allerdings in der Qualifikation - für das Rennen waren aus Sicherheitsgründen nur 16 Fahrer zugelassen. Dasselbe Schicksal ereilte ihn einige Wochen später in Silverstone. Seine mangelnde Konkurrenzfähigkeit dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum der spätere Formel-1-Zampano in der Königsklasse nie wieder als Rennfahrer in Erscheinung trat.

800 Meter zum ersten Weltmeistertitel in der Formel 1

Brabhams Durchbruch in der Formel 1 sollte schließlich in der Saison 1959 gelingen. Im Laufe der Saison etablierte sich ein Dreikampf zwischen Jack Brabham und Stirling Moss, die jeweils mit einem Cooper antraten, sowie Ferrari-Fahrer Tony Brooks, der ein guter Freund Brabhams war. Durch die damalige Regel, dass in der Saisonwertung nur die besten fünf Rennergebnisse eines Fahrers gezählt wurden, begann bereits vor dem Saisonfinale auf dem Sebring International Raceway in den USA das große Rechnen: Für Moss war klar, dass ihm ein Sieg für den Titel reichen würde, selbst wenn der in der Gesamtwertung vorne liegende Brabham Zweiter werden würde. Brooks hatte es nicht mehr in der eigenen Hand und wäre bei einem möglichen Sieg auf Schützenhilfe angewiesen gewesen.

Der Beginn des Rennens verlief chaotisch und brachte zunächst so gut wie alle Vorentscheidungen mit sich, die Brabham für den ersten Titel benötigte. So schied der in Führung liegende Stirling Moss bereits in Runde 5 aufgrund von Getriebeproblemen aus. Außerdem musste Brooks nach einer Kollision mit Teamkollege Graf Berghe von Trips an die Box, um das Auto auf Beschädigungen untersuchen zu lassen, nur um dann festzustellen, dass mit dem roten Renner alles in Ordnung war. Da ihm der Stopp allerdings in etwa zwei Minuten kostete, schien der Titel nun ein Ding der Unmöglichkeit, zumal Brabham das Rennen souverän anführte.

Doch auch Brabham bekam im Laufe des Rennens Probleme mit seinem Gefährt und fuhr so nur noch auf Sicherheit, wodurch der Abstand zu Bruce McLaren und Maurice Trintignant hinter ihm immer kleiner wurde. Der Australier konnte sich allerdings auf seinen Teamkollegen und Landsmann McLaren verlassen, der bewusst hinter Brabham blieb, um dessen Fahrerweltmeisterschaft nicht in Gefahr zu bringen.

In der letzten Runde des Rennens kam es dann zur Beinahe-Katastrophe, als Brabham kurz vor dem Ziel der Sprit ausging und er sowohl McLaren als auch Trintignant und Brooks allesamt durchlassen musste. Der Australier zeigte aber einen unbändigen Kampfgeist und begann damit, seinen Cooper die verbliebenen 800 Meter bei schwülen Bedingungen und ausgerechnet in der Bergauf-Passage in Richtung Ziel zu schieben. Die Regeln ließen diese ungewöhnliche Aktion allerdings zu, da sie besagten, dass der Pilot das Ziel ohne fremde Hilfe erreichen musste. Nachdem er eben genau das tatsächlich geschafft hatte und den Wagen sensationell als vierter Fahrer über das Ziel schob, brach er vor lauter Anstrengung zusammen. Dabei wären diese Bemühungen eigentlich gar nicht notwendig gewesen, sein vierter Platz floss aufgrund der angesprochenen "Streichregel" nämlich nicht in die Gesamtwertung mit ein. Was am Ende wirklich zählte, waren sein erster Weltmeisterschaftstitel und der lange Weg dorthin.

Formel-1-Weltmeister im eigenen Auto

Im darauffolgenden Jahr sollte Brabham seinen WM-Titel auf bemerkenswerte Weise verteidigen und seine Kritiker damit ein für allemal zum Schweigen bringen. Obwohl die ersten Saison-Rennen für ihn punktelos blieben, gewann der Australier ab dem Großen Preis der Niederlande ganze fünf Rennen am Stück, was zuvor nur dem Italiener Alberto Ascari in der Saison 1952 gelungen war. Dadurch konnte er bereits im darauffolgenden Rennen den Titel für sich entscheiden.

Sein sportlicher Lauf fand ein jähes Ende, als der Motorhubraum in den folgenden Jahren auf 1.500 cm3 begrenzt wurde, was den mittlerweile auf das Mittelmotor-Konzept umgestiegenen Ferraris zugutekam. Da sich Cooper allerdings wenig bereit zeigte, die bestehenden Autos weiterzuentwickeln, haderte Brabham vermehrt mit dem Gedanken, ein eigenes Formel-1-Team auf die Beine zu stellen.

Aus diesem Gedankenspiel wurde schließlich Realität: Brabham gründete zusammen mit Ron Tauranac, den er bereits aus früheren Rennjahren in Australien kannte, das Unternehmen Motor Racing Developments (MRD) und ging ab der Saison 1962 mit dem davon rechtlich getrennten Team Brabham Racing Organisation (BRO) an den Start. Die Autos wurden von MRD bezogen, die auch andere Teams mit Rennwägen belieferten.

Nach einer langen Durststrecke sollte 1966 die Erlösung in Form einer Regeländerung folgen, die die Verdoppelung des Hubraums wieder möglich machte. Dies nutze Brabham für einen geschickten Schachzug: Er ließ vom australischen Unternehmen Repco einen V8-Motor bauen, der in der Saison vor allem aufgrund seiner Zuverlässigkeit bestach. Brabham profitierte daher häufig von Problemen anderer Fahrer und gewann beim dritten WM-Lauf in Frankreich seinen ersten Grand Prix im eigenen Auto, dem Brabham BT19. Die folgenden drei Rennen konnte er ebenfalls für sich entscheiden.

Ein völlig erschöpfter Brabham nach dem Großen Preis der USA 1959, Foto: LAT Images
Ein völlig erschöpfter Brabham nach dem Großen Preis der USA 1959, Foto: LAT Images

Beim Großen Preis von Italien in Monza hatte Brabham schließlich die Möglichkeit, den Sack in Sachen Fahrerweltmeisterschaft zuzumachen. Zwar schied er im Laufe des Rennens aufgrund eines Öllecks aus, sein Rivale und Ex-Weltmeister John Surtees musste sein Auto in der 32. Runde jedoch ebenfalls abstellen, wodurch er die WM-Entscheidung nicht mehr vertagen konnte und Brabham ein drittes Mal zum Weltmeister gekürt wurde. Damit ist er obendrein bis heute der einzige Fahrer in der Geschichte der Formel 1, der in einem selbstkonstruierten Rennwagen Weltmeister wurde. Auch den Konstrukteurstitel konnte sich das Team vor Ferrari sichern.

Brabham: Ein Name für die Ewigkeit

Nach insgesamt 126 Rennen, 14 Siegen, 31 Podiumsplatzierungen und drei Fahrerweltmeisterschaftstiteln hängte Brabham seinen Rennfahrerhelm 1970 an den Nagel und verkaufte seine Teamanteile darüber hinaus komplett an seinen australischen Geschäftspartner Ron Tauranac. Dieser verkaufte das Team ein Jahr später an niemand Geringeren als Bernie Ecclestone. Unter Ecclestones Führung sollte der Rennstall mit Nelson Piquet 1981 und 1983 seine letzten beiden WM-Titel gewinnen, bevor das Team nach der Saison 1992 und einigen dubiosen Besitzerwechseln endgültig von der Bildfläche der Formel 1 verschwinden sollte.

Was Sir John Arthur Brabham selbst betrifft, so wurde er 1979 als erster Formel-1-Rennfahrer der Geschichte von Queen Elisabeth II. zum Ritter geschlagen. Eine Ehre, der nach ihm nur noch Sir Stirling Moss, Sir Jackie Steward und zuletzt Sir Lewis Hamilton zu Teil wurden. Brabham starb am 19. Mai 2014 im stolzen Alter von 88 Jahren.

Brabham und Moss auf dem Goodwood Revival Meeting 2004, Foto: LAT Images
Brabham und Moss auf dem Goodwood Revival Meeting 2004, Foto: LAT Images

Mit seinem Rückzug aus der Königklasse fand eine unglaubliche Karriere ihren Schlusspunkt, die bis heute einzigartig ist. Ein Schulabbrecher, der sich vollends seiner Automobil-Leidenschaft widmete und zu einer der größten Motorsport-Legenden der Welt wurde - solche Geschichten schreibt nur die Formel 1.