"Ach, so sieht ein Formel 1 aus", staunte Fernando Alonso, als er im Alter von 18 Jahren bei Minardi bei einem Test vorstellig wurde. Der heutige Toyota-Chefdesigner Gustav Brunner war damals der Konstrukteur bei Minardi - in einem ausführlichen Interview mit der SportWoche erinnert sich der Österreicher auch an jenen Mann, der sich in diesem Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit zum jüngsten Formel 1-Weltmeister aller Zeiten krönen wird.

Brunner: "Dann setzte er sich rein, beschäftigte sich kurz mit den Knöpfen am Lenkrad und fuhr raus. Schon in der ersten Kurve stand der Wagen quer - aber Alonso ging nicht vom Gas, sondern er zog den Drift schön durch. Als er von dieser Runde zurückkam, sagte Minardi-Teammanager Cesare Fiorio: 'Das ist ein zukünftiger Weltmeister!'"

Brunner gerät ins Schwärmen: "Für Alonso ist Rennfahren kein Stress, sondern Stressabbau. Nur Michael Schumacher hat einen ähnlichen Puls. Schnell zu fahren ist für ihn reiner Spaß - und nichts, was ihn beunruhigt." Aber auch Jarno Trulli, sein aktueller Pilot, sei "unglaublich", sagt Brunner. Er würde in den letzten Kurven seiner Qualifying-Aufwärmrunde nicht am Limit fahren - "um die Reifen nicht zu verschleißen" - und würde daher "den Zustand seiner Reifen nicht kennen", wenn er seine schnelle Runde beginnen würde - und "es braucht ein sehr, sehr großes Herz, dann so voll in die erste Kurve einzutauchen, wie das Jarno tut". Das habe "viel mit Herz zu tun, aber auch mit Technik - mit der Fähigkeit, das Auto zu fühlen", sagt der Toyota-Chefdesigner.

Lobend äußert sich Gustav Brunner auch zu seinen Testpiloten - Ex-Grand Prix-Pilot Ricardo Zonta und Oldie-But-Goldie Olivier Panis. Dass man auf solch erfahrene Piloten zugreife, habe auch einen Grund, sagt Brunner. Die Tendenz würde wieder wegdriften von den ganz jungen Piloten, denn: "Die Formel 1 ist sehr komplex, man kann sie nirgends lernen - außer eben in der Formel 1." Und da könne es vorkommen, dass junge Fahrer bei einem Technikmeeting "die Sprache nicht verstehen" würden. Brunner: "Da sind so spezielle Ausdrücke dabei, da fragen die Jungen: 'Was redet ihr da?'"

Zudem würden die Nachwuchsfahrer in ihren Rennklassen immer weniger zum Fahren kommen, denn auch in den Nachwuchsklassen werden die Tests mittlerweile streng limitiert. Dadurch würden die jungen Piloten immer weniger über die Autoabstimmung lernen. Gustav Brunner erklärt: "Der ganze Motorsport hat eine Krise - in allen Nachwuchsformeln sind die Tests limitiert. In manchen Klassen gibt es bloß zwei Testtage im Jahr. Im Training gibt es bald Qualifying - da bleibt dann keine Zeit, um mit dem Auto zu spielen: Dämpfer, Flügel, Bodenfreiheit - du bekommst null Erfahrung im Autoabstimmen und du lernst nichts über Reifen. So wenig ausgebildete Fahrer helfen uns nicht!"

Dass dieses von der FIA diktierte Sparen, der Rundengeiz, unter dem viele Fahrer und letztlich auch die Fans leiden, in Wahrheit recht wenig sinnvoll ist weil es sehr viel kostet - das kann auch Gustav Brunner nur wieder bestätigen: "Mit den neuen Regeln selbst gibt es kein Sparen. Alles, was neu ist und entwickelt werden muss, kostet Geld." Und wer, wenn nicht er, soll es besser wissen? Bei Toyota wird bekanntlich aus dem Vollen geschöpft...